Land- & Forstwirtschaft

Regionale Lebensmittelreise zu einem Milchviehbetrieb

Ausreichend Lebensmittel im Regal des Kaufhauses sind für uns selbstverständlich. Dabei vergessen wir zumeist, wie sie dort hinkommen und welche Arbeit eigentlich dahintersteckt. Um das Bewusstsein dafür zu stärken, ließen sich Sosa Balderanou und Michael Hamburger etwas ganz Besonderes einfallen. Sie haben eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Dabei möchten sie den Bürgern die Landwirte unserer Region mit all ihren Facetten vorstellen und die Verbraucher für regionale Lebensmittel sensibilisieren. Der Start war auf dem Milchviehbetrieb von Marliese und Bartholomäus Bachmaier in der Gemeinde Hohenpolding. Bayern ist Rinderland – mit 3,2 Millionen Rindern halten bayerische Landwirte rund ein Viertel des deutschen Rinderbestands. Im Landkreis Erding ist die Betriebsform der Milchviehhaltung am meisten verbreitet, insgesamt gibt es hier noch ca. 600 Milchviehbetriebe.

Unter dem Hofnamen „Roumer“ ist der Hof der Familie Bachmaier schon seit vielen Generationen im Ort Diemating bekannt, den es etwa seit 1.000 Jahren gibt. Dem BBV Ortsobmann Bartl Bachmaier ist die Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig. Er berichtete über Gespräche mit Imkern, die sich mehr „Durchwachsen Silphie“ wünschen. Mit dieser mehrjährigen Blühpflanze, die hervorragend für Biogasbetriebe geeignet ist, kann man etwas für die Bienen tun, genauso wie mit seinen Blührahmen um die Maisfelder, die er sehr gerne anlegt. Auch die hofeigenen Rapsflächen bieten den Bienen ihm Frühjahr reiche Nahrung. Auf dem Hof sind Schulklassen herzlich willkommen. Es waren beispielsweise immer schon wieder Klassen der Grundschule in Hohenpolding auf dem Betrieb. Dabei haben auch die Lehrer ein großes Interesse an der Landwirtschaft gezeigt.

Der Tag beginnt für die Familie um 6.00 Uhr früh mit Stallarbeit und Melken. Im Doppel 6er Melkstand dauert der Melkvorgang pro Kuh etwa acht Minuten. Dieselbe Prozedur findet abends nochmal statt. Bachmaier betonte die Wichtigkeit der gleichmäßigen zeitlichen Verteilung der Melkung für die Tiere. Für seine Milchkühe hat er schon vor Jahren extra einen Laufstall gebaut. Er verdoppelte die Tiere und die bewirtschaftete Fläche, die er von seinem Vater übernommen hatte, um den Betrieb zukunftsfähig aufzustellen.

Die Milch der Tiere wird alle zwei Tage durch die Molkerei Meggle vom Milchtank abgesaugt, in dem sie kontinuierlich gekühlt wird. Die daraus gewonnen Produkte können dann im Lebensmitteleinzelhandel oder bei anderen Geschäften in der Region gekauft werden. So ist der regionale Kreislauf gesichert.

Ein besonderes Augenmerk wird auf dem Betrieb Bachmaier auf die Kälber gelegt. Kürzlich ist ein Mädchen auf die Welt gekommen, das zweite Kalb der vierjährigen Kuh Regine. Es erfreut sich bester Gesundheit und ist sehr durstig, wovon sich Kreisrätin Sosa Balderanou persönlich überzeugen konnte. Die Tierbeobachtung ist sehr wichtig, auch anhand von Kot oder Körpertemperatur kann ermittelt werden, ob es den jungen Rindern gut geht. Eine Kuh kalbt i.d.R. einmal jährlich. Ohne Kalb würde eine Kuh auch keine Milch geben. Es kommt auch mal zu Zwillings- oder Mehrlingsgeburten, am liebsten ist es dem Tierhalter jedoch, wenn ein gesundes Kalb zur Welt kommt. Im Wellnessbereich, wie ihn Bachmaier nennt, dem speziellen Abkalbebereich, werden die zur Abkalbung anstehenden Tiere gehalten. In dieser Kleingruppe kann der Bauer genau erkennen, welche Tiere unruhig sind und bald ihr Kalb bekommen, um ihnen seine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In der Gruppe der Jungkühe läuft immer ein Jungbulle mit, die Tiere nach der ersten Kalbung werden durch den Besamungstechniker mit Sperma von der Besamungsstation befruchtet.

Die größeren Kälber kommen nach einigen Wochen in die Gruppenhaltung. Besonders ins Auge sticht hier ein Kalb mit seiner besonderen Musterung. Weil die Mutter nicht gleich trächtig geworden ist, empfahl der Besamer das Sperma einer anderen Rinderrasse zu verwenden. Mit dieser hat die Befruchtung dann geklappt und so kam ein Mischling aus Fleckvieh und British Welsh zustande. Das hübsche Kalb ist der Familie richtig ans Herz gewachsen. Im Kälberstall wurde zum Wohle der Tiere schon vor vielen Jahren eine Schlauchbelüftung installiert, um die Jungtiere in der „Kinderstube“ optimal mit Frischluft zu versorgen. Der Landwirt hat das höchste Interesse daran, dass es seinen Tieren gut geht, denn nur ein gesundes Tier kann eine gute Leistung bringen.

Zwischen den Stallgängen wird das Futter für die Tiere bereitet. Eine Kuh frisst täglich etwa 20 Kilo Maissilage, 15 Kilo Grassilage, 1 Pfund Heu, ½ Pfund Stroh, dazu noch hofeigenen Getreideschrot aus Weizen, Gerste und Mais, ergänzt mit gentechnikfreien Eiweißfutter und etwas Mineralstoffmischung und Viehsalz. Im Futtermischwagen werden diese Komponenten zu einer gleichmäßigen Mischration für die Tiere zubereitet. Der Wasserbedarf einer ausgewachsenen Kuh beträgt täglich 50 – 60 Liter. Mit dieser Fütterung ist eine Milchleistung von durchschnittlich 25 Liter am Tag zu erreichen.

Der Wunsch Bachmaiers an die Politik wäre „die Bürokratie in einem vernünftigen Maß und praxistauglich zu gestalten“. Da pflichtete ihm auch Vize-Kreisobmann Michael Hamburger bei. „Der ´guten fachlichen Praxis´, die in der Berufsausbildung den Landwirten vermittelt wird, sollte wieder der nötige Raum gegeben werden. Mehr Vertrauen in die Landwirte – weniger Gesetze und Verordnungen wären angebracht.“ Die Zeit, die ein Landwirt im Büro verbringt, um die wachsenden bürokratischen Anforderungen zu erledigen nimmt stetig zu. So muss für jedes Feldstück eine genaue Dokumentation über die Düngung erfolgen. Der Zeitaufwand für die Erstellung der Düngebedarfsermittlung beträgt auf dem Betrieb inzwischen einen ganzen Tag. Auch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird genau dokumentiert. Erfreulich dabei ist: die aktuell zugelassenen Wirkstoffe sind viel schonender für die Gesundheit als noch vor Jahren. Sorge bereitet Bachmaier dass alle seine Flächen im „Gelben Gebiet“ liegen, d. h. dass auf diesen Feldern eine Gefahr der Eutrophierung von Oberflächengewässern mit Phosphat besteht. Es gibt auch „Rote Gebiete“ mit einer erhöhten Stickstoffbelastung des Grundwassers. Die Düngeverordnung legt besondere

Bewirtschaftungsauflagen auf diesen Flächen fest, z. B. dass ein Zwischenfruchtanbau verpflichtend ist oder weniger gedüngt werden darf.

Nach Ansicht von Bartl Bachmaier gehört zu einem Dorf auch eine Dorfkapelle. Früher gab es in Diemating eine Kapelle, nun hat die Familie auf ihrem Grund eine neue Dorfkapelle erbaut, die im Jahr 2016 eingeweiht wurde.

Sosa und Michael freuen sich schon darauf, beim nächsten Mal über einen anderen Landwirt aus der Region mit ganz anderen Betriebsschwerpunkten berichten zu dürfen.

Bericht: Michael Hamburger,  BBV Vize-Kreisobmann Erding

Bilder: Michael Hamburger / Sosa Balderanou


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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