Vor zwei Jahren war Prof. Dr. Wolfgang Hardtwigs Buch „Der Hof in den Bergen“ ein großer Erfolg und machte einige Schlagzeilen. Dabei erzählte der Historiker vom bäuerlichen Leben auf dem Boahof in Reit im Winkl, in dem er aufgewachsen ist. Zahlreiche Rezensionen und mehrere Auflagen bezeugen das breite Interesse an seiner „intellektuellen Heimatliteratur“ über seine Kindheit und Jugend auf dem Land in Oberbayern.
Es war zugleich der erste Teil seiner Autobiografie. Nun verfasste er mit seinem neuen Buch „In der Geschichte – Historiker in West und Ost 1964 bis 2024“ den zweiten Teil, der zwar nicht mehr in Reit im Winkl spielt, aber zweifelsfrei dort gründet. Am kommenden Sonntag wird Wolfgang Hardtwig 80 Jahre alt, und da erscheint es uns angebracht, sein neues Buch einmal vorzustellen. Im nun vorliegenden zweiten Teil der Autobiografie beginnt der junge Wolfgang Hardtwig sein Studium der Geschichte in Basel, wechselt nach München, um dort zu promovieren und sich zu habilitieren, tritt seine erste Professur in Erlangen an und lehrt zeitweise in Atlanta, USA. 1992 wechselt er an die Humboldt-Universität zu Berlin – für das DDR-Regime zuvor ein Zentrum marxistisch interpretierter Kultur- und Gesellschaftswissenschaft. Seine Berufung und seine Arbeit dort sind Teil der ebenso notwendigen wie umstrittenen Reformen der Universitäten in Ostdeutschland.
Hardtwig räsoniert über das Studieren im alten Sinne, er beschreibt Varianten der traditionellen „Ordinarien-Universität“ und ihre Krise während der Studentenrevolution 1968 sowie in den Reformjahren danach. Den west-östlichen Transformationsprozess beschreibt er auf der Basis seiner persönlichen Erinnerungen und ausgewählter Quellen. So beleuchtet er erstmals die Positionen und Kontroversen an den ostdeutschen Universitäten der 1990er-Jahre aus der Innensicht eines westdeutsch geprägten unmittelbar Beteiligten. Die Profilierung als Historiker und die Mitwirkung in der akademischen Selbstverwaltung ermöglichen symptomatische Einblicke in den heutigen Wissenschaftsbetrieb und in die akademische Arbeit.
Wolfgang Hardtwig bietet über die autobiografische Betrachtung hinaus eine vorzüglich geschriebene Studie über die Kulturen des Studierens und Lehrens im fundamentalen Wandel der deutschen Universitätssysteme seit den 1960er-Jahren und leistet damit auch einen signifikanten Beitrag zum Verständnis der prekären Geschichte der deutschen Vereinigung von 1990 bis heute. Das Buch über die Kulturen des Studierens und Lehrens im fundamentalen Wandel der deutschen Universitätssysteme seit den 1960er-Jahren kann bestellt werden unter: info@vergangenheitsverlag.de.
Bericht und Foto: Sepp Hauser – Bild zeigt den Buchverfasser Wolfgang Hardtwig bei der Würdigung seines Großvaters, dem NS-Widerstandskämpfer Dr. Eduard Hamm, bei dessen Gedenkveranstaltung am 2. September 2024 in Reit im Winkl.