Wie schafft man es, einen Zyklus von Landschaftsbildern zu schaffen, die sich motivisch auffallend ähnlich sind und doch dem Betrachter einen spannenden Parcours bei seinem Spaziergang durch die Folge der 36 Bilder bereiten?
Die dies schafft, ist eine mit allen Wassern der Kunst gewaschene Malerin: Alinde. Zu ihrem 80. Geburtstag hat sie sich – und damit auch ihrem Publikum – eine ganz besondere Köstlichkeit geschenkt: das paradoxe Vergnügen, im vermeintlich fast Gleichen die raffiniertesten Verschiedenheiten zu entdecken!
Mit großer Begeisterung hatte ja Alindes Publikum immer wieder die fantasiereichsten Purzelbaum-Erfindungen von Figuren-Umrisszeichnungen auf eingefärbten Fotos von verrosteten Container-Flächen zu genießen gelernt, diese humorvoll „Alrographien“ genannten, hingefetzten kleinformatigen Kunstwerke, als einer in der gewaltigen Anzahl von jeweils neuen Einfällen rekordverdächtigen Sonderform von verspielt-drolliger „Arte Povera“ bairischen Zuschnitts in Alindes großem Welttheater der Bilder, welches funktioniert wie Kopfkino.
Man musste sich fragen: Was ist da überhaupt noch möglich? Welche Gestalten, welche Räume, welche Landschaften, welche Farbkombinationen, Abstufungen und Schattierungen ihres schöpferischen Kosmos hat diese Künstlerin bisher in ihrem reich-haltigen Oeuvre diverser Gestaltungstypen denn noch nicht erfasst?
Aber ganz unerwartet verblüfft sie die Betrachter ihrer Werke nicht etwa mit Ausschweifungen der Formen und Farben, sondern mit einer in ihrem Schaffen beispiellosen Konzentration auf die Anschauung und die Wahrnehmung der Voralpenlandschaft ihrer Heimat, geradezu einem Exerzitium, in einer Serie quasi von Etüden.
Gleich denkt man an Musik, wie so oft beim Anschauen der Bilder von Alinde, die es ja ebenso liebt, sich in musikalischen Welten aufzuhalten. Das beweist schlagkräftig ihre hinreißende Bebilderung der DVD-Interpretation von Bachs Goldberg-Variationen durch Glenn Gould (die Aufnahme-Sitzungen des großen kanadischen Pianisten von 1955 gehören mittlerweile bekanntlich zum Großartigsten der Klaviermusik-geschichte) mit eben Hunderten ihrer „Alrographie“- Werke unter dem Titel „Zwischenwelten“.
Start der Ausstellung „AUSBLICK“ von Alinde Rothenfußer ist Sonntag, 31. Mai 2020, im Hollerhaus, Neufahrner Weg 3, 82057 Icking-Irschenhausen. Besichtigung nur nach telefonischer Voranmeldung: Telefon 08178 – 4408. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Alinde_Rothenfusser; http://orplid.org/wordpress/?page_id=4; http://www.orplid.org/
Bericht und Foto: Haus der Bayerischen Geschichte