Kultur

Nachruf auf Salzburger Volkskulturpreisträgerin

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Nachruf auf Christl Hochwimmer (03.10.1945 – 03.08.2024)  – Von Susanna Vötter-Dankl und Christian Vötter vom Verein TAURISKA

Christl Hochwimmer war nicht nur eine überaus umtriebige Gastgeberin. Sie erzählte mit ihrem Samplhaus auch Geschichten – nämlich über den sensiblen Umgang mit Werten und die Verbindung von Tradition und dem heutigen Leben. Ein „Wohlfühlhaus“ sollte es sein, ihr Anwesen in der Hadergasse in Bramberg.

Und das war es auch – der Charme und die Herzlichkeit der Hausherrin trugen viel dazu bei. Mit Schwung begleitete sie Seminare, Strickrunden, Lesungen, Weihnachts- und Osterschauen. „Jeder Winkel atmet Vergangenheit“, betonte sie, wenn sie Jung und Alt durch die niederen Türen und die schmalen Treppen hinauf zu Ausstellungen führte. Die konnten modern ebenso sein wie traditionell. „HandART einst und jetzt“ hieß zum Beispiel eine Schau. Da wurde man auch in die Zeit zurückversetzt, als alles noch bis aufs Äußerste ausgereizt und immer neu verwertet wurde. Christl Hochwimmer hatte vieles bewahrt und – gleichsam als Mahnung an unsere Wergwerfgesellschaft – ausgebreitet: ein Leinentuch etwa, bei dem immer und immer wieder gestückelt worden war; mehrfach gestopfte Fäustlinge und Socken; mit Stoffflecken bestückte „Hosenboden“. Ja, das Sammeln alter Artefakte war eine Leidenschaft von ihr, ob es nun ein 100 Jahre alter Kinderwagen war oder ein Spinnrad, an dem fleißige Hände über Generationen hinweg unermüdlich gearbeitet hatten.

Ab 2007 hatte Christl Hochwimmer begonnen, ihr über 500 Jahre altes Haus den Bewohnerinnen und Bewohnern zu öffnen. Mit ihrem Projekt „Über den Zaun schaun“ hatte sie eine glänzende, weltoffene Idee, von der wir als Geschäftsführer von TAURISKA sofort Feuer und Flamme waren. Wir kannten Christl schon lange und waren sofort von ihrer Begeisterung angesteckt. Ohne zu zögern, sagten wir ihr unsere Unterstützung bei der Organisation zu. Das erste gemeinsame Projekt war der „Bramberger Wochenmarkt“, den Christl zusammen mit Kathi Seifriedsberger durchführte. Jeden Freitag im Sommer wurden beim Samplhaus nun also regionale Lebensmitteln, aber auch Handwerkskunst, angeboten. Durch Vorträge, Kunst- und Handwerksausstellungen, Schulprojekte und Workshops  wurde das Samplhaus mehr und mehr zum kulturellen „Hot Spot“ Brambergs. Die Christl lud auch zu Apfelfesten und zeigte gerne in ihren wunderschönen Garten mit den Blumen und Pflanzen sowie zu ihrem Flachs- und Getreidefeld. Natürlich hätte sie es allein nicht geschafft, alles in dieser Pracht erblühen zu lassen, und sie war stets dankbar für jedwede Unterstützung.

Die Zusammenarbeit mit Christl war immer eine Freude. Sie sprühte nur so vor Energie und war bei allen Unternehmungen auch diejenige, die von früh bis spät am meisten anpackte. Ihre Arbeit beim Samplhaus wurde oft gelobt und ausgezeichnet, was sie in ihrem Tun bestärkte.

2007 hatte Christl das Samplhaus von ihrer Tante Moidl geerbt und es mit viel Sorgfalt und Hingabe renoviert. Diesen Besitz aus dem 16. Jahrhundert wieder mit Leben zu füllen, diesen ihren Traum erfüllte sie sich in einzigartiger Weise. Sie wurde zur geschickten Netzwerkerin mit Menschen aus den Bereichen Handwerk, Kunst, Kultur und Pädagogik. Mit deren Wissen und Unterstützung griff sie Ausstellungs-Themen auf, die von Bräuchen im Jahreskreis über Ernährung bis hin zur bäuerlichen Architektur reichten. Bei ihrer gegründeten „ARGE zur Benützung und Erhaltung des Samplhauses“ war der Verein TAURISKA von Anfang an gerne Kooperationspartner.

Als gute und unermüdliche Seele hatte Christl Hochwimmer schon als Bezirksobfrau der Lebenshilfe im Pinzgau gegolten. Dieses Kompliment verdiente sie auch als regionale Kulturschaffende. Für ihr Samplhaus-Projekt erhielt sie 2017 deshalb auch den Salzburger Volkskulturpreis.

Noch am Freitag, den 2. August 2024, hatte sie zum „Kohr-Café“ zum Thema „Pinzgauer Esskultur“ in ihren Garten geladen und sich über die vielen Besucher:innen und die schöne Veranstaltung gefreut. Bürgermeister Hannes Enzinger hatte ihr für ihre großartige Arbeit einmal mehr gedankt und ihr Haus als besonderen Kraftplatz beschrieben. Niemand ahnte, dass sie noch in dieser Nacht ihr Buch des Lebens schließen würde.

Mit ihrem Tod verlieren wir eine engagierte, kreative und warmherzige Persönlichkeit. Ihre Lebensoffenheit, ihre Hilfe und Tatkraft, ihre Liebe zur Familie werden uns stets in liebevoller Erinnerung bleiben.

Foto: Die Hauptpreisträgerin Christine Hochwimmer kam mit ihrem „Samplhaus-Produktekorb“ zur Preisverleihung. Robert Ratzer

Foto: Pinzgauer Esskultur_02.08.2024: Vl. Anni Hirschbichler, Margit Brauneder und Christl Hochwimmer. TAURISKA

Bericht und Fotos: Verein Tauriska, Leopold Kohr-Akademie  – www.tauriska.at

 

 

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Toni Hötzelsperger

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