Jahrzehnte lang war der Gartenschläfer verschollen, nun hat ihn eine Wildtierkamera erstmals wieder nachgewiesen. Duo gelingt mit Fotofalle erster Nachweis seit Jahrzehnten im Nationalparkgebiet
Ganz Deutschland war jüngst auf der Suche nach dem Gartenschläfer. Der kleine Verwandte des Siebenschläfers kam einst fast flächendecken in der ganzen Republik vor. Doch seit dem Ende des 20. Jahrhunderts gehen die Bestände dramatisch zurück. In vielen Regionen gilt der Nager als ausgestorben, auch im Nationalpark Bayerischer Wald fehlte von ihm seit Jahrzehnten jede Spur. Das hat sich nun geändert. Andreas Rückerl und Michael Schreder haben sich vier Jahre lang ehrenamtlich auf Spurensuche begeben – nun endlich tappte eine der nachtaktiven Schlafmäuse in eine Kamerafalle. Zeitlich könnte es aber passender kaum sein, denn der Gartenschläfer wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung zum Tier des Jahres 2023 erkoren.
Hatten sich vier Jahre lang mit der Suche nach dem Nager beschäftigt: Andreas Rückerl (links) und Michael Schreder. (Fotos: Nationalpark Bayerischer Wald)
„Wir haben tatsächlich schon 2019 angefangen mit der Suche“, blickt Rückerl, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Nationalpark, zurück. „Der Plan war, sich von Süd nach Nord vorzuarbeiten“, ergänzt Nationalpark-Ranger Michael Schreder, der sich in seiner Freizeit für die Gartenschläfer-Suche engagierte. Mit automatisch auslösenden Wildtierkameras ausgestattet hat das Duo potentielle Lebensräume des seltenen Tierchens gemonitort, vornehmlich Blockfelder und andere felsige Bereiche des Schutzgebiets.
Auf den Bildern waren dann auch viele Tiere zu sehen. Luchse zum Beispiel, Siebenschläfer, Weißrückenspechte oder Waldkäuze. Und natürlich abertausende Mäuse. Der gesuchte Gartenschläfer hingegen fehlte bis dato. „Und zwar trotz rund 150.000 ausgewerteter Fotos pro Jahr“, erzählt Rückerl. Der letztendlich wohl mitentscheidende Tipp kam von Steffen Krieger, seines Zeichens Vorsitzender des Vereins Pro Nationalpark im Zwieseler Winkel. „Er hatte in der Nähe von Bayerisch Eisenstein einmal einen vorbeihuschenden Gartenschläfer beobachtet“, sagt Schreder. „Wir haben dann genau dort nochmal intensiv gesucht, Kameras aufgebaut und gewartet.“
„Ich hatte schon kaum mehr damit gerechnet, dass wir Erfolg haben“, gibt Rückerl zu. Etwas optimistischer war sein Suchpartner. Und Schreder sollte Recht behalten. „Beim Auswerten der Daten haben wir dann zunächst viele Bilder vom Rücken eines Kleinsäugers entdeckt, wohl weil die Kamera etwas verrutscht war“, blickt Schreder zurück. „Doch dann hat ein Gartenschläfer direkt in die Kamera gesehen, das Gesicht mit der eindeutigen Zorro-Maske ist unverkennbar.“ Gemeint ist die auffällige schwarze Kopfzeichnung des Nagetiers. „Das war schon richtig cool“, blickt Rückerl auf die Bestätigung vorm heimischen Rechner zurück.
Professor Jörg Müller, Leiter des Nationalpark-Sachgebiets Naturschutz und Forschung, hofft nun auf eine Trendwende. „Die Art war in den 1980er Jahren noch gewöhnlich. In den vergangenen Jahrzehnten aber verschwunden“, beschreibt der Forscher den Rückgang des Gartenschläfers. Genau deswegen hätte man sich nun auf die Suche nach dem Kleinsäuger begeben. Die Ergebnisse dabei seien zunächst aber frustrierend gewesen. „Wir haben alle möglichen Tiere erwischt, aber eben nicht den kleinen Zorro.“ Fast hätte sein Team daraufhin schon aufgegeben. „Und dann ist uns doch noch der Nachweis geglückt“, sagt Müller. „Das bedeutet wir haben noch ein Restvorkommen. Mal sehen ob es wieder aufwärts gehen kann.“
Wie im Bayerischen Wald wurde in den vergangenen Jahren übrigens vielerorts in Deutschland gesucht. Denn der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung koordinierten das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“, welches im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördert wurde.
Pressemitteilung Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald