Leitartikel

Gespräch mit „Anderlbauer“ in Frasdorf

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“ – der griechische Philosoph Aristoteles brachte es bereits vor über 2000 Jahren auf den Punkt. Um persönlich und beruflich erfolgreich seinen Weg zu gehen, braucht es Mut, die Bereitschaft für Veränderungen und die Leidenschaft, mit der sich auch Hindernisse und Herausforderungen bewältigen lassen. Das ist auch die Geschichte des Johann Huber, Inhaber und Geschäftsführer vom „Anderlbauer“, der vor über 20 Jahren innerhalb kürzester Zeit seinen eigenen Käsereibetrieb in Frasdorf aufgebaut hat, und zwar auf dem elterlichen Bauernhof, der bereits über 350 Jahre im Familienbesitz ist.

Geboren 1966 war Johann Huber von frühester Jugend an in den Ablauf des Nebenerwerbsbetriebs seiner Eltern Magdalena und Johann Huber senior eingebunden: „Natürlich halfen wir als Kinder vor und nach der Schule oder in den Ferien bei der Stallarbeit oder bei anderen Tätigkeiten, die auf dem Hof mit zehn Kühen, Bienen, Jägerei und dem Angebot Urlaub auf dem Bauernhof so anfielen. Selbstverständlich wurde ich dann auch als Jugendlicher, als die Zeit der sozialen Kontakte, der abendlichen Partys und Treffen Gleichaltriger begann, mit den verschiedensten Klischees, die so über bäuerliche Familien kursierten, schmerzlich konfrontiert.“ Doch das hielt den jungen Johann Huber nicht davon ab, sich ausführlich mit dem Thema Landwirtschaft zu beschäftigen und sich viele Gedanken darüber zu machen, wie man den Kleinbetrieb wirtschaftlich erfolgreich weiterführen könne. Und so absolvierte der begeisterungsfähige junge Mann nach seiner Lehre zum Zimmerer noch eine Zweitausbildung zum Landwirt, die ihm das fachliche Wissen und damit die gute Basis für die Weiterführung des Hofes geben sollte. „Wie kann man unseren traditionsreichen Betrieb zeitgemäß und erfolgreich in die nächsten Jahrzehnte führen. Und zwar so, dass es für uns alle stimmig ist und unseren Ansprüchen und Wertvorstellungen entspricht?“, so schildert Johann Huber die Überlegungen, die er damals anstellte. Er entschied sich, in Prien auf einem vier Hektar großen Hof mit 42 Milchschafen sein heutiges Molkereigewerbe aufzubauen. Und sehr bald erkannte er, dass qualitativ hochwertige, biologische und regionale Lebensmittel die Produkte der Zukunft sind. „Ich bin 1989 dem Bioland-Verband beigetreten. Auf dem regelmäßigen Stammtisch der dort organisierten Landwirte in der Region haben wir uns immer wieder gegenseitig gestärkt, ermutigt und ausgetauscht, was sehr wertvoll und wichtig für mich war. Heutzutage sind Regionalität, Tierwohl und Nachhaltigkeit Qualitätskriterien für Produkte, seinerzeit galten wir Bioland-Bauern als Spinner“, erinnert sich Johann Huber. Doch er verfolgte mit ungeheuer großer Leidenschaft, Zähigkeit und Durchhaltewillen seine Pläne weiter: 1992 stellte er auch den elterlichen Betrieb in Frasdorf auf Milchschafe um. Sein Vater übernahm gemeinsam mit dem Sohn Pflege, Füttern und Weidegang der Tiere; die Mutter, zweifache Spinnmeisterin und Kräuterpädagogin, widmete sich im Besonderen der Wollverarbeitung. Bereits damals wurden alle Produkte vom Bauernhof vor Ort, zunächst noch im Hausgang, verkauft, seit 2002 gibt es für die Direktvermarktung der hochwertigen Produkte und Lebensmittel den Hofladen. Im gleichen Jahr konnte die neue Käserei mit EU-Zulassung bezogen werden.

Johann Huber: „Es war wirklich harte Aufbauarbeit, es gab ja für ökologisch hergestellte Lebensmittel noch keine Vertriebsstrukturen. So fuhr ich mit einem kleinen Wagen Wirte, Einzel- und Großhändler an, um diese zu beliefern, oder bot meine Waren auf Märkten an.“ Auch die Auseinandersetzung mit dem Vorschriften-Dschungel der EU-Normen kostete Zeit und Kraft. Doch bei der Bewältigung aller kleiner und großer Widerstände in den letzten Jahrzehnten, auf die Kraft und den Rückhalt aus der Familie könnte und kann sich Johann Huber immer verlassen: „Ohne meine tatkräftige Ehefrau und Partnerin Margarita, übrigens Landwirtschaftsmeisterin, und meine Eltern hätte ich meine Vision von einer nachhaltigen, ökologischen Produktion von hochwertigen Lebensmitteln und Produkten nie verwirklichen können!“

Inzwischen werden in der Käserei die ganze Woche über im Zweischichtbetrieb 5000 Liter Schaf-, Ziegen- und Kuh-Milch aus eigener Produktion und von 16 anderen Bauern aus der Umgebung verkäst; die bunte Angebotspalette an Käse aller Art, Fleisch und Wurst, aber auch Honig und Obstprodukte wie Säfte, Schnäpse und Konfitüren in ganz Deutschland und im deutschsprachigen Europa verkauft. „Diese Vielfalt, wie sie unser Hof mit Obstbau, Bienen und Schafzucht bietet, zu nutzen, und daraus immer wieder neue hervorragende Produkte zu entwickeln und direkt zu vermarkten, das macht die Philosophie unseres Unternehmens aus. Dazu gehören auch Veranstaltungen wie unsere Markttage, ein Erlebnistag im Streuobstgarten oder auch die Betriebsbesichtigungen. Mit dieser nachhaltigen Bewirtschaftungsweise möchten wir sicherstellen, dass der Familienbetrieb auch für unsere Kinder noch eine gesicherte Zukunft hat!“, so Johann Huber.

Apropos Kinder, bei diesem Thema leuchten die Augen von Johann Huber, wenn er von ihnen erzählt: Alle drei, Hans als Industriemechaniker und Fachagrarwirt-Käserei, Emmeran als Industriefachwirt und Rosalie als Hauswirtschaftsmeisterin, haben ihren Platz im Unternehmen „Anderlbauer“ gefunden. „Ich bin unglaublich stolz darauf, dass sie mitarbeiten wollen. Damit sind zumindest die Weichen für eine spätere Übergabe gestellt“, freut er sich. Doch bis dahin gibt es noch viele weitere Ideen zu verwirklichen, etwa das Projekt „HUMANE LandWIRTSCHAFT“, einem Themenpark der seit einiger Zeit auf insgesamt einem Tagwerk des Hofes mit bepflanzten Beeten unterschiedlichster Art bestückt ist. Oder die Umsetzung des Meisterprojekts seiner 20-jährigen Tochter Rosalie, dem „Bio-Grillkistl“ in drei Variationen, deren Produkte allesamt im Hofladen erhältlich sind.

Bericht: Franziska Finsterwalder – Bilder: Anderlbauer


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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