Kirche

Predigt und Fürbitten von Rossholzen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

An einem beschaulichen Platz bei Haus am Samerberg feierte der Trachtenverein „Almenrausch“ Rossholzen seinen 120. Geburtstag mit einem festlichen Gottesdienst. Die dabei vorgetragenen Fürbitten und die Predigt von Diakon Günter Schmitzberger veröffentlichen wir gerne zum Nachlesen und Nachdenken.

Die Predigt

Es war einmal ein wunderschönes knuspriges Brot: „Ich bin das allerschönste Brot, das es je gegeben hat. Und ich soll verkauft werden und in so einer schäbigen Einkaufstasche verschwinden, um zerschnitten und aufgegessen zu werden? Das wäre doch jammerschade!“ Da brauchte die Bäckersfrau eine Schachtel und zog unter dem Regal eine Schublade auf. Als sie sich umwandte, sprang das schöne Brot – schwupp – vom Regal in die Schublade. Die Bäckersfrau hatte nichts gemerkt und stieß die Schublade mit dem Fuß zu.

„Ein Glück“, dachte das Brot, „jetzt bin ich gerettet. Hier findet mich keiner.“ Nach einem Monat zog die Bäckersfrau die Schublade wieder einmal auf. „Pfui Teufel, das ist ja widerlich! Wie kommt denn das Brot in die Schublade? Wie das stinkt! Ach, und die Tüten und Schachteln sind auch alle verschimmelt und verdorben. Weg mit dem ekligen Zeug!“ Dann schrubbte sie die Schublade, immer noch vor sich hin schimpfend, gründlich aus. Der Schimmel von dem Brot, das nicht gegessen werden wollte, sollte nicht auch noch die anderen Brote anstecken und sie verderben.

(Nach Gottfried Keller)

Liebe versammelte Festgemeinschaft,

wer nur an sich denkt, wer nur bewundert werden will, wer sich nicht in einer Freund­schaft, in der Schule, im Beruf, in den politischen Aufgaben oder in der Familie für die anderen öffnet und ein wenig von sich hergibt, – möchte es sogar so formulieren: „sich nicht verschenkt“, der wird mit der Zeit ungenießbar; dem geht es vielleicht so wie dem Brot, das nicht gegessen werden wollte.

Lieber Festverein,

ihr habt in den letzten Wochen erlebt:

ein Fest gelingt nur als Gemeinschaft – wird nur schön -, wenn man zusammenhilft. Da brauchen wir keinen Eigenbrötler, der immer quersteht oder gar nur sich selbst sieht und nur sich selber verwirklichen möchte.

Ich möchte – weil er so gelungen war – den Donnerstag, den Tag der Generationen erwähnen. Es war eine so wohltuende Atmosphäre im Zelt als die Älteren mit euch jungen Leute zusammen waren und für jeden etwas geboten war. Wie ich hörte hast du, liebe Anastasia zusammen mit deiner Mama, den Geschwistern und Freundinnen zusammen für das Kinderprogramm gesorgt! Da habt ihr etwas Wunderbares geleistet! Als einer eurer Seelsorger darf ich euch sagen: da habt ihr im Sinne Jesu gehandelt!

Genauso gestern Abend beim Heimatabend: Man hat euer Miteinander gespürt, als ihr nach der Pause beim Auftanz auf die Bühne kamt. Zuerst die Kleinen, dann die Größeren und dann die Aktiven.  Ihr habt euch beim Tanzen vermischt und man spürte unten so richtig eurer gegenseitiges „aufeinander-Achtgeben!“ Wunderbar!!

Und ich bin überzeugt, dass es vor 120 Jahren genau dieses Anliegen eurer Gründungsmitglieder war: Schaffen wir einen Verein, in dem sich die Menschen tragen, sich begleiten, unterstützen und sich die Generationen gegenseitig respektieren und gut miteinander umgehen.

In der heutigen Gesellschaft sehe ich die Gefahr, und es ist doch auch bei euch in den Vereinen schon Realität, dass sich immer weniger Leute finden, welche sich für die Gesellschaft, für eine Gemeinschaft, längerfristig engagieren wollen – nach dem Motto: „Es könnte ja noch was Besseres kommen, etwas was mir mehr bringt!“

Darum möchte ich euch als Festverein, aber auch euch Gastvereinen zurufen: Macht es immer wieder zum Thema: Die Gesellschaft, auch das Vereinsleben ist keine ICH-AG, sondern es ist Mannschaftssport!

Wenn ihr das immer wieder als eine eurer Leitlinien in die Mitte stellt, dann erfüllt ihr auch das religiöse Anliegen eurer Gründergeneration: „Der Trachtenverein pflegt und fördert das christliche Miteinander“.

Und das ist es, was euch als Verein auch für uns als Kirche so wertvoll macht.

Ich bin über deine Aussage Martin dankbar, wenn es auf eurer Homepage so formuliert ist: „Diese anfängliche Diskrepanz vor 120 Jahren zwischen dem damaligen Pfarrer und der daraus resultierenden Fahnenweihe in Wien gehört längst der Vergangenheit an!“

Und so lasst uns weiterhin miteinander in der christlichen Haltung unterwegs sein.

Denn Gott hat schon sehr früh festgestellt, dass der Mensch nicht allein sein soll.

Dem Adam hat er die Eva zur Seite gestellt. Und seitdem immer wieder einem Freund einen Freund, einer Freundin eine Freundin, dem Christen den Mitchristen, dem Verein die Vereinsmitglieder und uns allen die Pfarreien!

Es ist eben nicht gut, dass der Mensch alleine ist, als ICH-AG unterwegs ist.

„Denn, wie oft bin ich müde. Wie gut, dass dann ein anderer hellwach ist.

Wie oft habe ich ein Brett vor dem Kopf. Wie gut, dass dann gerade ein anderer klarsieht.

Wie oft bin ich verzweifelt. Wie gut, dass dann ein anderer Mut für uns beide hat.

Wie oft bin ich am Ende meiner Kraft. Wie gut, dass andere mich dann tragen.

Und wie gut, dass ich oft auch derjenige sein kann, der hellwach ist, der klar sieht, der Mut hat, der andere trägt.

Christsein ist keine Solodisziplin. Christsein ist ein Mannschaftssport. Ich finde, dass es eine besonders gute Idee unseres Gottes war.“

Also, lieber Martin, lieber Vereinsvorstand, lasst uns zusammen im Sinne eurer Gründungsmitglieder weiterhin guten Mannschaftssport hier am Samerberg betreiben.

Fürbitten

  1. Kinder:

Lieber Gott, wir Trachtenkinder g´frein uns jede Woch auf de   Plattler proben und san stolz, wenn wir bei am Fest auftreten und zoang deaf´n, wos wir scho können. Bitte segne uns und unsre Jugendleiter, dass wir weiterhin so an guad´n Zammahoit ham und de Freid uns nia ausgeht!

  1. Jugend:

Lieber Gott, manchmoi is ganz schee vui los bei uns Junga und Aktive, mit da Schui, da Ausbildung, Musistund´n oder andere Freizeitbeschäftigungen. Und trotzdem kemma gern zuaba zum Tanz´n und Plattln, weil´s a scheen´s Gfui is, wenn wir an Auftritt mitanand sauber g´schafft ham und danoch mit oana ries´n Gaudi feiern können. Bitte segne uns und erhoid uns die Zeit und die Freid dafür.

  1. Senioren:

Lieber Gott, uns gfreid´s, wenn wir seng, dass unsere Junga des Brauchtum und ois, was uns wichtig war und is, a heid no leben und in Ehren hoidn. Bitte lass de Junga ned vergessen, a wenn wir uns in unserem Alter zrucknehma, dass wir eahna de Freid an der Tracht und dem Brauchtum mitgeb´n ham, und lass eahna den Respekt vor uns ned verlieren.

  1. Für alle Trachtler:

Lieber Gott, wir ziang unsre Tracht gern o, weil wir damit leben

woin und zoang, wie wichtig uns unsere Werte san. Bitte segne uns alle und lass uns weiterhin – zammahoidn und füreinander do sei, a wenn´s grod ned so guad geht; – mitanand lustig sei und sich gegenseitig heaf´n, wenn´s not duat; – und unsre Kinder an Hoid gebn, dass sie gestärkt in eahna Zukunft geh können.

  1. Für unsere Hoamat

Lieber Gott, wir leben in oaner vielfältigen  Landschaft, mit greane Wies´n, a wunderscheene Bergkulissen und oft an klaren blauen Himmel. Bitte lass uns nia vergessen, wia schee dass wir´s ham und hilf uns, unsere Hoamat vor Verschandelung zu schützen.

  1. Für den Frieden:

Lieber Gott, seit vui Johr lebn wir ohne Kriag in Frieden mitanand.

Bitte heaf uns im Kloana, dass wir uns jeden Dog mit unsere Familien und Nachbarn vertrogn und im Großen, dass wir an Frieden für alle vorleben.

  1. Für unsere Verstorbenen

Lieber Gott, wir denken an unsere verstorbenen Trachtler und Familienangehörigen. Bitte lass sie bei dir Glück und Segen finden.

Fotos: Rainer Nitzsche

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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