Viele traditionelle Handwerke sind heute aus unserem Alltag verschwunden und in Vergessenheit geraten. Am Sonntag, dem 15. September ab 13.00 Uhr zeigen mehr als 20 Handwerker ihre gelernten Techniken im Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern, wenn in allen Höfen, Stuben, historischen Werkstätten und im Freigelände ein reges Treiben herrscht.
Eine besondere Akttraktion erwartet nicht nur Technikfreunde am Handwerkertag 2019! Die 15 PS starke Heißdampfmaschine der Firma Esterer (Altötting) aus dem Jahr 1922 führt das Dampfdreschen vor. Es ist ein beeindruckendes Spektakel, wenn die sogenannte Lokomobile im Museum schnauft und den historischen Dreschkasten der Ameranger Bulldogfreunde e.V. antreibt. Dank der Unterstützung des Fördervereins Bauernhausmuseum Amerang e.V. ist die Dampfdrescherei Hofbauer aus Rotthalmünster zu Gast. Einst kam die Heißdampfmaschine von 1922 bis 1952 auf einem niederbayerischen Bauernhof bei Massing zum Einsatz. Diese Maschine konnte Martin Hofbauer 2011 quasi aus „erster Hand“ erwerben und betriebsfähig aufarbeiten. Von einigen hundert gefertigten Exemplaren sind heute nur noch ca. 5 bis 10 Stück erhalten.
Früher freuten sich im Herbst die Landbewohner besonders, wenn der große Dampfdreschzug über die schlecht befestigten Wege und Straßen auf den Hof kam. Vier Pferde oder Ochsen zogen einen tonnenschweren Eisenkoloss, eine sogenannte „Lokomobile“. Die ersten mobilen Dampfmaschinen entstanden zur Mitte des 19. Jahrhunderts in England – dem Mutterland der Industrialisierung. Sie gehörten wohlhabenden Bauern oder Investoren, die ihre Maschinen zum Lohndreschen über Land schickten. Je nach Erntemenge dauerten die Drescharbeiten ein bis drei Tage. Die wichtigste Person war der Maschinist, der den reibungslosen Betrieb ermöglichte und dafür auch eine bessere Verpflegung erhielt.
Aus dem Chiemgau und den benachbarten Regionen reisen viele Meister ihres Fachs an und führen die sorgfältige Bearbeitung ihrer Werkstücke vor. Durch die geschickte Verwendung meist einfacher Werkzeuge, entstehen nicht nur Gegenstände des Alltags. Ob filigrane Holzedelweiße, ein „Wiener Geflecht“ für den Stuhl, eine Trachtenschneiderin und ein Federkielsticker: Die Handwerker teilen am Sonntag gerne ihr Wissen und beraten die interessierten Besucher.
Auch im Hausbau waren häufig in Vergessenheit geratene Gewerke notwendig. Die Meister des traditionellen Handwerks benötigten nicht nur früher zur Ausübung ihres Berufs neben körperlicher Kraft und Geduld, eine ruhige Hand und ein scharfes Auge. Zu sehen sind historische Muster für Pflasterarbeiten oder wie ein Gewölbe gebaut wird.
Bei den Mitmach-Aktionen ist die eigene Geschicklichkeit gefragt. An der Wagnerei hat die Kinder-Schreinerwerkstatt ihre Pforten geöffnet, in der heuer eine Mini-Seilbahn gebastelt wird. In der Stoffdruck-Werkstatt am Mittermayerhof sind der Phantasie beim Verzieren von Leinenbeuteln keine Grenzen gesetzt.
Am Handwerkertag 2019 sind über 20 verschiedene Handwerke und Techniken zu bestaunen! Und natürlich kommt an diesem Tag auch das leibliche Wohl nicht zu kurz: Gegen 14:00 Uhr holen die Bäckerinnen das knusprige Museumsbrot frisch aus dem Ofen. Und die Museumswirtin heißt mit regionalen und traditionellen Gerichten zur gemütlichen Einkehr im Stüberl und Biergarten willkommen.
Alle Informationen über die genauen Uhrzeiten, Teilnahmegebühren und Anmeldungen gibt es im Internet unter www.bhm-amerang.de oder telefonisch unter 08075 / 91 50 911.
Bericht und Fotos: Bezirk Oberbayern, Bauernhausmuseum Amerang