Land- & Forstwirtschaft

70 Jahre Landfrauengruppe im Bayerischen Bauernverband

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Einen triftigen Grund zur Freude haben die 140 Kreisbäuerinnen und ihre Stellvertreterinnen des Bayerischen Bauernverbandes heute und morgen im Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching. Die Landfrauengruppe feiert ihr 70-jähriges Jubiläum – und das steht natürlich im Mittelpunkt des diesjährigen Kreisbäuerinnen-Seminars, das traditionell im Frühjahr stattfindet.

Das Jubiläum begehen die Kreisbäuerinnen und Stellvertreterinnen in kleiner Runde mit einem Zeitzeugengespräch, bei dem Ehrenlandesbäuerin Annemarie Biechl und Landesbäuerin Anneliese Göller sowie die beiden Direktorinnen in Ruhestand Heide-Marie Zeltner und Katharina Stanglmair unter der Moderation der Geschäftsführerin der Landfrauengruppe Dr. Andrea Fuß die Geschichte der Landfrauen lebendig werden lassen. Daran schließt sich ein ökumenischer Festgottesdienst und ein Festabend mit Kabarettist Chris Böttcher an.

Neben dem Blick zurück auf 70 Jahre Landfrauengeschichte geht es auch um aktuelle Themen  auf dem Land und im Ehrenamt. Die Amtsdirektorin und Medienbeauftragte des Landes Südtirol, Dr. Barbara Weis, informiert zum Thema „Was wir mit sozialen Medien machen – oder sie mit uns“. Katharina Auerswald gibt den Frauen Tipps zum Thema „Als Führungskraft im Kreisverband: Vom perfekten Chaos zur kreativen Ordnung“.  Zu den aktuellen agrarpolitischen Themen informiert BBV-Präsident Heidl aus erster Hand und der neue BBV-Generalsekretär Georg Wimmer nimmt zu verbandspolitischen Themen Stellung. Miteinander ins Gespräch kommen heißt es bei der Vorstellung der Themen der Landfrauenarbeit in Form eines Posterrundgangs und bei den Workshops zu aktuellen Themen, von denen die Kreisbäuerinnen und Stellvertreterinnen je drei aus sechs auswählen können wie beispielsweise „Veranstaltungen leicht gemacht“, „Landfrauenvereine: Was ist zu beachten?“ oder „Aktuelles zum Thema Milch“.

„Auch wenn sich die Zeiten geändert haben, der Gestaltungswille der Landfrauen ist seit 70 Jahren gleich geblieben. Seit 70 Jahren engagieren sich Landfrauen für das Wohl der bäuerlichen Familien und in ihren Dörfern“, sagt  Landesbäuerin Anneliese Göller. „Landfrauen sind modern und aktiv. Sie greifen immer wieder aktuelle Themen auf. Diese spiegeln sich dann in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und der Interessenvertretung wider.“

Hauswirtschaft als roter Faden

Ein Thema steht dabei seit 70 Jahren im Mittelpunkt der Landfrauenarbeit: die Hauswirtschaft. Ein Thema, das viele Facetten beinhaltet: Versorgung mit Lebensmitteln und Ernährung, Hausgeräte und Haushaltstechnik, Wirtschaften und Haushaltsführung. Dieses Thema hat in den sieben Jahrzehnten einen großen Wandel erlebt und war und ist doch immer eng mit den Landfrauen verbunden.

Als sich die Bäuerinnen 1948 – kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs – zu ihren Versammlungen trafen, ging es in erster Linie darum, die Versorgung der bayerischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen sowie um die Erziehung und Ausbildung der Kinder. Liesl Bauer, eine Landfrau der ersten Stunde, hat dies in ihren Erinnerungen schriftlich festgehalten „Wie man Kinder erzieht, dass man sie etwas lernen lässt und, dass man sie christlich erzieht. Das wurde alles in unseren Versammlungen besprochen.“

In den 50-er und 60-er Jahren rückte die Technisierung im Haushalt in den Mittelpunkt. Die Bäuerinnen konnten nun die auf dem Hof anfallende Wäsche erstmals selber waschen und sich den aufwändigen Weg in die Wäscherei sparen. Die Landwirtschaftlichen Wochenblätter im Jahr 1956 werben für Vollwaschautomaten und Küchenmaschinen.

Auch die hauswirtschaftliche Berufsbildung war den Landfrauen stets ein Anliegen. In den 70-er Jahren und zu Beginn der 80-er Jahre setzten sich die Landfrauen für eine Qualifizierung von Bäuerinnen ein, die ihre Ausbildung in anderen Berufen gemacht hatten und in die Landwirtschaft einheirateten. Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium brachten sie ein Angebot zur Umschulung zur Bäuerin auf den Weg.

In den 90-er Jahren zeichnete sich ab, dass Kinder immer weniger über die Land- und Hauswirtschaft wissen. Deshalb rief die damalige Landesbäuerin Hannelore Siegel zum 50-jährigen Bestehen der Landfrauengruppe die bayernweite Landfrauenaktion Kindertag auf bayerischen Bauernhöfen ins Leben, der Kinder die bäuerliche Familien und Erzeugung unserer Lebensmittel näher brachten.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends war die Zeit dann reif für landesweite und auch regionale Projekte in der Ernährungsbildung und Öffentlichkeitsarbeit, um Kindern hauswirtschaftliche Kompetenzen zu vermitteln. In diesem Jahrzehnt konnten die Landfrauen die Unterschriftenaktion für ein Unterrichtsfach Alltagskompetenz und Lebensökonomie zu einem befriedigenden Ergebnis führen: ein verpflichtender Unterrichtsgegenstand für alle Schularten durchgängig von der ersten bis zur zehnten Klasse soll heutige Schüler mit hauswirtschaftlicher Grundkompetenz vertraut machen.

Zum 70-jährigen Bestehen der Landfrauengruppe haben die Landfrauen eine Broschüre auf den Weg gebracht, die einen Einblick in die Geschichte der Landfrauen gibt und die Bezirksbäuerinnen mit ihren vielfältigen Alltagskompetenzen in den Mittelpunkt stellt. Die Broschüre „Frauenpower vom Land“ steht auf der Website www.BayerischerBauernVerband.de zur Ansicht oder zum Download zur Verfügung.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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