Kirche

Silvesterpredigt von Kardinal Marx

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Zum Jahreswechsel ruft Kardinal Reinhard Marx zu einer größeren Wertschätzung des Lebens auf. „Wäre es nicht ein großer Schritt nach vorn, wenn uns neu und intensiver bewusst würde, wie kostbar unser Leben und das Leben jedes Menschen ist?“, so der Erzbischof von München und Freising laut Manuskript in seiner Jahresschlusspredigt am Silvestertag, Freitag, 31. Dezember, im Münchner Liebfrauendom. Wenn dieses Leben „nicht nur ein Geschenk für uns, sondern auch für kommende Generationen sein soll“, müsse „unser Verantwortungsgefühl für das gemeinsame Haus unserer Erde mit Blick auf den Klimawandel größer werden“. Marx warnt zugleich: „Lassen wir uns nicht gegeneinander aufhetzen, weder in unserem Land noch zwischen den Nationen!“ Es gelte, den Blick auf die Probleme der Weltgemeinschaft zu schärfen und „uns einzusetzen für das Leben aller, besonders der Schwachen, der Kranken, derer, die auf der Flucht sind, der Sterbenden, der misshandelten Kinder, der vergewaltigten Frauen“.

Marx betont, dass die „Achtung vor dem Leben aller, vom ersten Augenblick des Daseins an bis zur Stunde des Sterbens“, eine „wesentliche Grundlage unseres Miteinanders“ sei. Zum Schutz des Lebens gehöre untrennbar „die Möglichkeit zur Teilhabe aller“. Eine weltweit wachsende soziale Ungleichheit mache ihm Sorge und sei „ein Weg in größere Spannungen hinein“, so Marx. Bei weitem nicht alle Menschen seien gut durch die Corona-Krise hindurchgekommen, die weiter andauere. Einigen gehe es materiell besser als vorher, andere hätten ihre Existenzgrundlage verloren. Laut Marx könne eine Gesellschaft jedoch nur „wirklichen Zusammenhalt finden“, wenn sie „darauf achtet, dass diese Gräben, diese Spannungen überwunden“ werden. Mit Blick auf die neu gewählte Bundesregierung sagt der Erzbischof, diese habe „hier einen großen Auftrag“.

Die Pandemie habe „nicht nur viele erkranken lassen“, sondern auch viele „herausgefordert im Dienst an den Kranken“; die Situation „in den Familien, in den Schulen, in den Betrieben ist angespannt“, so Kardinal Marx. Zunehmend sei der Wunsch spürbar, „endlich wieder in die Zeit vor der Pandemie zurückzukehren“. Im Leben gebe es jedoch „nur einen Weg nach vorne, mit den Erfahrungen der Vergangenheit, mit unseren verlorenen Hoffnungen, mit neuen Sehnsüchten, mit unserem Leiden, mit unserem Versagen, das wir uns oft nicht eingestehen“, so Marx. Im neuen Jahr 2022 werde sich vor dem Hintergrund der Pandemie-Erfahrungen zeigen, „ob diese zwei Jahre die Gesellschaft und uns alle trotz aller bitteren Erfahrungen weitergebracht“ haben. In diesem Zusammenhang könne es „ein großer Schritt nach vorn“ sein, die Kostbarkeit des Lebens zu betrachten: „Ja, es ist zerbrechlich und endlich, aber es ist auch in dieser Begrenztheit ein großartiges, wunderbares Geschenk Gottes, einmalig und unwiederholbar.“

Kardinal Marx weist darauf hin, dass die Welt zwar unvollkommen und unvollendet sei und bleibe, „aber in ihr, in uns“ die „Sehnsucht nach Heilung, nach Vollendung, nach dem Ziel, das wir so geheimnisvoll mit dem Wort Gott bezeichnen“, stecke. Jesus Christus ermuntere zu einem Aufbruch „für uns persönlich, aber besonders auch für den Weg der Kirche“. Eine Kirche, folgert Marx, „die sich einschließt, die bei sich bleibt und sich einrichtet in der Gemeinschaft mit dem Herrn, ist nicht in seinem Sinne. Er rüttelt uns auf und klopft von innen an die Tür, um sie zu öffnen und aufzubrechen. Gehen wir mit ihm“. (hs)

Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat

Foto: Hötzelsperger – Impression im Friedhof von Rosenheim

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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