Mit einer faustdicken Überraschung endete die Jagdversammlung in der Schlosswirtschaft: der Vorsitzende der Jagdgenossenschaft Wildenwart Josef Held erklärte, dass er sich bei den im nächsten Jahr anstehenden turnusmäßigen Neuwahlen nicht mehr zur Wahl stellen werde. Die weiteren Vorstandsmitglieder zweiter Vorsitzender Sepp Riepertinger, Kassenfrau Irmi Aicher und Schriftführer Klaus Bauer schlossen sich dieser Erklärung an und erklärten ebenfalls für keine weitere Wahlperiode mehr zur Verfügung zu stehen. Das Verhältnis zwischen den Waldbauern und den Jägern sei derzeit so getrübt, um nicht zu sagen vergiftet, dass eine komplett neue Vorstandschaft einen Neuanfang machen müsse. Er wolle sich das nicht mehr antun. Die gegenseitigen Vorwürfe und das Misstrauen gegenüber den Jägern wegen der zu geringen Abschusszahlen habe zu einem nicht mehr erträglichen Zustand im Innenverhältnis geführt. Folgerichtig kündigte auch Jagdpächter Fritz Fuihl nach über 50 Jahren seinen Pachtvertrag und wird im Wildenwarter Revier nicht mehr auf die Jagd gehen und die Hegemaßnahmen nicht mehr durchführen. Nach diesem Rücktritt der gesamten Vorstandschaft müssen sich die Waldbauern etwas einfallen, um bis zum nächsten Jahr wieder eine funktionierende Führungsriege zu bekommen.
Dabei hatte in der Schlosswirtschaft alles wie immer begonnen: die Wildenwarter Jagdpächterin Herzogin Elizabeth in Bayern trug bei der Jagdversammlung in der Schlosswirtschaft die Zahlen und Fakten des abgelaufenen Jahres vor. „Im letzten Jahr fielen fünf Rehe auf der Staatsstraße 2093 zwischen Hendenham und Wildenwart dem Straßenverkehr zum Opfer. Drei weitere Wildunfälle wurden gemeldet, ohne dass die toten Tiere irgendwo gefunden wurden. Die Wildenwarter Jäger schossen 41 Rehe, der Abschlussplan wurde damit zu 126 Prozent erfüllt. Der Absatz des Wildbrets sei kein Problem gewesen, Qualitätsware erziele überall gute Preise. Nach der Erfüllung des Abschussplanes herrschte im Wildenwarter Revier Ruhe, während in den angrenzenden Revieren noch geschossen wurde, um die dortigen Planungen zu erfüllen. Das Wild wechselte aus diesen bedrohten Gebieten in die ruhigeren Gefilde und war damit vor den Jägern sicher. Künftig werden auch die Wildenwarter nach dem Erreichen der Abschusszahlen weiter schießen, um diesen Revierwechsel zu verhüten.
Das Wildbret der überfahrenen Tiere war nicht mehr zu verwerten, dazu kommt das Leid der angefahrenen Tiere: keiner redet von den Schmerzen der Wildtiere, die nach einer Kollision mit einem Auto elendig im Straßengraben und entlang der Straße verludern müssen“. Zusätzlich zum Rehwild müssten die Jäger immer häufiger Kleinwild und Igel, sowie freilaufende Haustiere wie Katzen, Hühner und Enten von der Straße kratzen.
Trotz der Übererfüllung des Abschussplanes, mehrerer gemeinsamer Waldbegehungen und der Prüfung der Abschusszahlen durch den körperlichen Nachweis des toten Wildes waren die Waldbauern nicht zufrieden mit ihren Jägern. Sie griffen die Jagdberechtigten massiv an: Der Verbiss sei nach wie vor viel zu hoch, es gebe viel zu viele Rehe im Bereich der Jagdgenossenschaft, entsprechend hoch seien die Schäden. Sie forderten deutlich höhere Abschusszahlen, damit gleiche Verhältnisse, wie in benachbarten Revieren hergestellt würden. Das gemeinsame Ziel von Jägern und Waldbauern sei es bisher gewesen den Wildbestand und den Waldbestand im Wildenwarter Revier in einem ausgeglichenen Verhältnis zu erhalten, nach einer gewünschten Erhöhung der Abschusszahlen auf 150 Prozent sei das nicht mehr sichergestellt, so die Befürchtung der Jäger.
Der Vorsitzende der Jagdgenossenschaft Vorstand Josef Held berichtete in seinem letzten Jahresbericht von der Verwendung des Jagdschillings. Aus dem Jagdschilling wird in Wildenwart wieder ein Zuschuss von 150 Euro zum Ausflug der Bäuerinnen und ein Zuschuss zum Motorsägenkurs gewährt. Ein weiterer Teil soll für Schutzmaßnahmen der jungen Baumkulturen und als Beitrag zur Tierkörperbeseitigung verwendet werden.
Schriftführer Klaus Bauer und Kassenfrau Irmgard Aicher zeigten in ihren ausführlichen Rechenschaftsberichten auf, dass die Tätigkeiten des Vereins musterhaft geführt werden. Die beiden Kassenprüfer Thomas Stangl und Ulrich Fischer empfahlen der Versammlung die Entlastung der gesamten Vorstandschaft.
Vorstand Josef Held wies darauf hin, dass die gemeinsamen Maschinen der Jagdgenossenschaft an den bekannten Verleihstationen durch alle Mitglieder gegen Entgelt in Anspruch genommen werden können. Er bat die Versammlung die ausgeliehenen Maschinen und Geräte unmittelbar nach der Benutzung gereinigt und funktionsfähig zurückzustellen.
Bericht und Foto: Heinrich Rehberg