Land- & Forstwirtschaft

Generalversammlung der Molkerei Berchtesgadener Land

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

 Das Thema, von dem alle betroffen sind, war auch das Thema auf der 90. Generalversammlung der Molkerei Berchtesgadener Land, die am Dienstag, 26. April 2022, in der Chiemgau-Arena in Ruhpolding via Autokino abgehalten wurde: die massiven Preissteigerungen in allen Lebensbereichen. Zwei Jahre Corona und der Ukrainekrieg haben auch massive Auswirkungen auf die heimische Molkereigenossenschaft, ihre rund 1.800 Landwirt:innen und deren Stammkund:innen. Nach der Beschreibung der wirtschaftlichen Lage und deren Auswirkungen auf das Unternehmen legte Geschäftsführer Bernhard Pointner ausführlich die Strategie dar, die die Molkerei zusammen mit ihren Landwirt:innen und ihrer Stammkundschaft möglichst gut durch diese Jahrhundertkrise führen soll: Alle Mehrkosten, die auf Seiten der Landwirtschaft und der Molkerei entstehen, auf die treuen Kund:innen der Molkerei umzulegen, kommt für Pointner nicht in Frage. Vielmehr nimmt er die Molkerei mit einem umfangreichen Sparprogramm in die Pflicht: Geplante Investitionen werden zurückgestellt, das Marketingbudget gekürzt, die Personaldecke eingefroren, Prozesse und das Produktsortiment stehen auf dem Prüfstand und die Gewinnprognose wird laut Pointner auf null gefahren.

Der Einladung zur Generalversammlung waren 259 Mitglieder gefolgt, die via Autoradio den Grußworten der Ehrengäste folgten. Ruhpoldings Bürgermeister Justus Pfeifer stellte die Bedeutung der Landwirtschaft für die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln in den Fokus seiner Rede. Der Vorstand des Genossenschaftsverbands Bayern Siegfried Drexl stellte heraus, wie wichtig es in der aktuellen Lage ist, die Nerven zu bewahren und die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes Georg Baumgartner bedankte sich bei den Bauern:Bäuerinnen für ihre Arbeit für die Gesellschaft und nutzte die Generalversammlung, um sich in seiner Position als Kreisobmann für das Berchtesgadener Land zu verabschieden. Aufsichtsratsvorsitzender Anton Berger, Vorstandsvorsitzender Andreas Argstatter und Geschäftsführer Bernhard Pointner stellten die aktuelle Lage der Genossenschaft sowie die Strategie für das kommende Jahr vor. Die Bilanz wurde von Revisorin Antonia Schneider vom Bayerischen Genossenschaftsverband vorgestellt.

Strategie gegen steigende Verbraucherpreise

Alle Reden fokussierten sich auf die aktuell sehr schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation, die mit der Corona-Pandemie vor zwei Jahren begonnen hatte und seit dem Frühjahr von den drastischen Auswirkungen des Ukrainekriegs überholt wird. Energie, Verpackung, Maschinen, Ersatzteile und Rohstoffpreise steigen u.a. durch unsichere Verfügbarkeiten, private wie industrielle Lagerhaltung und unterbrochene Lieferketten. Alle Redner betonten, dass die daraus resultierenden Preissteigerungen Verbraucher:innen, Landwirt:innen und die Molkerei als Wirtschaftsunternehmen gleichermaßen treffen.

Die Preise für Butter und Milch des Premiumherstellers sollen nicht in Dimensionen steigen, die der langjährigen Stammkundschaft die Möglichkeit nehmen, „ihre“ Milch und Butter einzukaufen. „Uns ist es ein Anliegen, dass Kund:innen, die seit Jahrzehnten unsere Produkte kaufen, dies auch weiterhin tun können. Viele greifen aufgrund unserer Werte wie Fairness und Nachhaltigkeit zu unseren Produkten und haben dafür auch mehr Geld in die Hand genommen. Wir möchten nicht, dass Stammkund:innen nun aus rein finanziellen Gründen darauf verzichten müssen. Fairness gilt für uns auch gegenüber unserer Kundschaft“, erklärte der Geschäftsführer am Rande der Generalversammlung.

Als Genossenschaft ist ein fairer Milchauszahlungspreis für die Landwirt:innen das Basisziel. Dass die Molkerei Berchtesgadener Land seit Jahren die Milchpreistabelle angeführt hat, liegt an dem Vertrauen der Kund:innen, betonte auch der Vorstandsvorsitzende Andreas Argstatter. So lag die Molkerei beim Milchpreis 2021 (siehe Infokasten) wieder über dem bayerischen Durchschnitt und bei konventioneller Milch in Deutschland und Österreich erneut an erster Stelle. Im laufenden Jahr wird diese Position leider nicht gehalten werden können, machte Aufsichtsratsvorsitzender Anton Berger in seinen einleitenden Worten deutlich und erklärte: „Wichtiger als ein kurzfristig hoher Milchpreis ist es, einen konstant hohen Milchpreis zu zahlen“. Nur so sei eine langfristige Kalkulation auf den Höfen möglich. Bernhard Pointner kündigte für das laufende Jahr eine weitere Anhebung des Milchpreises an, der seit 2021 bereits schrittweise um 4 Cent angehoben worden ist. Der Geschäftsführer betonte in diesem Zusammenhang auch: „Mit der Auszahlung höchster Milchpreise alleine werden wir die Molkerei nicht heil aus dieser Krise führen: Die Molkerei braucht die Landwirt:innen als wichtigste Rohstofflieferanten, aber ebenso die Kund:innen für den Kauf unserer Markenprodukte. Und eins ist klar: Nur wenn beide der Genossenschaft weiter treu bleiben, haben wir eine Chance. Jeder von uns zahlt für diesen Krieg und kein Berufsstand, kein Einzelner wird verschont werden.“

Neu- und Wiederwahlen von Vorstand und Aufsichtsrat

Eine Genossenschaft steht und fällt mit dem Ehrenamt. Auf der 90. Generalversammlung der Molkerei Berchtesgadener Land wurden alle zur Neu- und  Wiederwahl vorgeschlagenen Mitglieder in Vorstand bzw. Aufsichtsrat per Akklamation, aufgrund der Durchführung als „Autokino“ via Fähnchen stellvertretend für das Handzeichen, gewählt. Konrad Hogger und Gregor Aicher wurden im Vorstand, Anton Berger, Michael Holzmann und Georg Stöger im Ehrenamt des Aufsichtsrates bestätigt. Heinrich Schwabenbauer, seit 2010 für die Molkerei als Naturland-Landwirt aus dem Mangfalltal im Aufsichtsrat, schied aus Altersgründen aus. Für ihn wurde der 31-jährige Jakob Sichler, Naturland-Landwirt aus Grassau, gewählt. Ebenso aus Altersgründen verabschiedete sich Georg Lenz, der seit 1999 als Bergbauer mit Urlaub auf dem Bauernhof insbesondere die Interessen der Landwirt:innen im inneren Landkreis im Aufsichtsrat vertreten hatte. Für ihn wählte die Versammlung den 37-jährigen Alois Rehrl aus Teisendorf. Bei der Vorstellung versicherte dieser der Versammlung, seinen umfangreichen 20-jährigen Erfahrungsschatz seiner Tätigkeit als Melkberater in den Landkreisen Berchtesgaden, Traunstein, Rosenheim und Miesbach bei rund 760 Betrieben ins Gremium einbringen zu wollen. Bernhard Pointner bedankte sich bei den Gewählten und freute sich insbesondere über den jungen Nachwuchs im Aufsichtsrat. Der Vorstand besteht weiterhin aus 5 gewählten Vertretern, der Aufsichtsrat aus 14 aktiven Landwirten, die sich über das ganze Einzugsgebiet der Molkereigenossenschaft verteilen und so große und kleine, bio und konventionelle Landwirt:innen vom Watzmann bis zur Zugspitze vertreten.

Ehrungen und Verabschiedungen

Der Vorstandsvorsitzende Andreas Argstatter sowie Aufsichtsratsmitglied Gerhard Huber erhielten im Rahmen der Versammlung vom Genossenschaftsverband Bayern durch Revisorin Antonia Schneider die silberne Ehrennadel für 20 Jahre aktive Arbeit im Ehrenamt der Genossenschaft. Außerdem wurde die langjährige Leiterin der Abteilung Landwirtschaft – Monika Fordan – vom Geschäftsführer in den Ruhestand verabschiedet. Sie hatte maßgeblich an der Umsetzung der „ohne-Gentechnik-Fütterung“, dem Verbot von Totalherbiziden wie Glyphosat und der Einführung der Bewegungsprämien mitgewirkt und damit einen wichtigen Beitrag zum Deutschen Nachhaltigkeitspreis geleistet, den die Molkerei 2019 erhalten hatte.

Durchschnittliche Brutto-Milchpreise der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land im Geschäftsjahr 2021:

 Bergbauern-Milch:          45,76 ct/kg *

konventionelle Milch:     44,65 ct/kg *

Bio-Naturland-Milch:      55,16 ct/kg *

Bio-Demeter-Milch:         57,38 ct/kg *

* Milchpreis (dt.) Stand Jan – Dez. 2021, inkl. der Bewegungsprämien und der landwirtschaftlichen Vorsteuer von 10,7% bei 4,0% Fett, 3,4% Eiweiß.

Immer aktualisiert hier: https://bergbauernmilch.de/de/milchpreis.html

Bericht und Foto: Milchwerke Berchtesgadener Land – Geschäftsführer Bernhard Pointner und weitere Eindrücke

(1) Bernhard Pointner, Geschäftsführer der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land, verordnet dem Unternehmen einen strengen Sparkurs inkl. Nullrunde bei der Gewinnprognose, um faire Milchpreise für die Landwirt:innen und faire Produktpreise für die Kundschaft in der aktuellen Jahrhundertkrise bieten zu können.

(2) Geschäftsführer Bernhard Pointner (li) und Vorstandsvorsitzender Andreas Argstatter (re) verabschieden zwei langjährige Wegbegleiter im Ehrenamt des Aufsichtsrates: Heinrich Schwabenbauer, Naturland-Bauer aus Gmund am Tegernsee (2. v. li.) und Georg Lenz, Bergbauer aus Schönau am Königssee (2. von re.).

(3) Die 90. Generalversammlung der Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG wurde coronabedingt vorsichtshalber wieder via Autokino in der Chiemgau-Arena in Ruhpolding abgehalten. Die Abstimmungen fanden per Akklamation – mit farbigem Fähnchen aus dem Auto – statt.

(4) Monika Fordan, langjährige Leiterin der Abteilung Landwirtschaft, wurde auf der 90. Generalversammlung der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land in den Ruhestand verabschiedet. Sie zeichnete sich verantwortlich für wichtige Nachhaltigkeitsentscheidungen in der Genossenschaft: Umsetzung der ohne-Gentechnik-Fütterung, Verbot von Totalherbiziden wie Glyphosat und zuletzt die Einführung der Bewegungsprämien.

(5) Die 90. Generalversammlung der Milchwerke Berchtesgadener Land fand via Autokino in der Chiemgau-Arena in Ruhpolding statt.

(6) Die Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG mit Sitz in Piding im Berchtesgadener Land.


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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