Natur & Umwelt

Fischaufstiegshilfen in der Isen

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Willi Hollinger baut Sohlgleiten, über die Fische in neue Lebensräume schwimmen können – so auch in der Isen, wo die Arbeiten in der Ortsmitte abgeschlossen sind

 Winhöring – Die Bauarbeiten in und an der Isen in der Ortsmitte von Winhöring sind erfolgreich beendet. Eine Sohlgleite ist entstanden. Sie ermöglicht Fischen, die von der Isen in den Inn schwimmen, den Weiterzug zu neuen Laich- und Lebensräumen. Eine solche Aufstiegshilfe muss gut geplant und an die Gegebenheiten vor Ort angepasst sein. Willi Hollinger von der Flussmeisterstelle Salzach weiß, worauf es ankommt.

23 Jahre ist es her, dass Vorarbeiter Hollinger zum ersten Mal Steine in einem Gewässer so verbaut hat, dass Fische über sie hinweg gleiten und damit einen Höhenunterschied überwinden können. 23 Jahre Erfahrung, die er unter anderem eingebracht hat beim Umbau der Isen in der Ortsmitte von Winhöring. Die Umgestaltung ist Teil eines Gesamtkonzepts zur Verbesserung der ökologischen Strukturen im Fluss. Auf den Weg gebracht hat es Projektleiterin Magdalena Maltan vom Wasserwirtschaftsamt Traustein.

Das Konzept „Sohlgleite“ erfordert Geschick

Es ist einer der ersten Frühlingstage des Jahres. Die Sonne scheint, aber es ist kalt. Willi Hollinger steigt aus dem Wasser, kommt die Böschung herauf und öffnet wenig später die Tür zu einem Bauwagen. Der kleine Innenraum ist gut geheizt. Hollinger setzt sich an einen schmalen Tisch und legt ein Blatt Papier vor sich. Ein paar Linien, ein angedeuteter Gewässerlauf, Kugeln, die Steine symbolisieren: Hollinger braucht nicht viel, um den Bau einer Sohlgleite zu schraffieren. Er deutet auf seine Skizze und erklärt: Für den Fischaufstieg in der Ortsmitte wurden zwei Prozent Steigung auf einer Länge von 160 Metern als Berechnung zugrunde gelegt. Um diese Steigung zu ermöglichen, wurde zunächst der Absturz in der Winhöringer Ortsmitte um 1,90 Meter abgefräst. Für die Niedrigwasserrinne wurde eine Breite von etwa fünf Metern bestimmt. Denn dadurch ist diese dauerhaft wasserführend. In einem weiteren Schritt entstanden die Flanken der Sohlgleite – erst auf der rechten Flussseite, dann auf der linken. Das Fundament der Flanken bilden jeweils Granitblöcke, ergänzt durch große Steine aus landschaftstypischem Nagelfluh. Kleinere Nagelfluh-Steinen füllen die Fugen. Zwischen den beiden Flanken erfolgte anschließend der Bau der Sohlgurte: In einem Abstand von jeweils fünf bis sieben Metern gelegt, formen sie den Fischaufstieg. In jedem Gurt bleibt, angepasst an die Strömung, eine Aussparung bestehen. Durch diese, etwa 50 Zentimeter breite Öffnung, können die Fische hindurchschwimmen, ehe sie den nächsten Sohlgurt und die nächste kleine Aussparung erreichen. Jeder Durchschlupf wird auf Fischdurchgängigkeit kontrolliert, sagt Hollinger.

Ideale Lebensbedingungen für Aitel, Nase, Äsche und Barbe

Dank der durchdachten Planung und Gestaltung finden Aitel, Nase, Äsche und Barbe ideale Bedingungen vor. Dazu tragen auch die neu angelegten Inseln zwischen den Sohlgurten bei. Diese Inseln sorgen für unterschiedliche Strömungsverhältnisse, die wiederum den Sauerstoffgehalt im Fluss verbessern. Zusätzlich eingebrachte und fest verankerte Wurzelstöcke bieten zudem Unterschlupfmöglichkeiten.

Das Konzept für die Isen überzeugt auch den Diplom-Biologen Dr. Manfred Holzner. Als Vorsitzender des Fischereivereins Mühldorf begleitete er die Arbeiten von Beginn an. Der Verein hatte im Vorfeld zudem das elektrische Abfischen übernommen, bei dem die Fischer rund 1200 Fische und viele Muscheln bargen und umsetzten. Bei einem Besuch vor Ort sagte Holzner, er hoffe, dass sich dank der Neugestaltung des Flusses in der Ortsmitte der „alarmierende Bestandsrückgang“ oberhalb der Sperre aufhalten lasse. Im Idealfall könnten sich sogar weitere Fischarten ansiedeln, darunter der Bitterling. Denn er legt seine Eier in Teichmuscheln ab, wie sie in der Isen zu finden ist.

Positive Entwicklung über die Sohlgleite hinaus

Die Sohlgleite in der Ortsmitte ergänzt die Fischaufstiegshilfe, die auf Höhe des Sportplatzes vor vier Jahren entstanden ist. Insgesamt beträgt die ökologische Durchgängigkeit in der Isen bei Winhöring nun fünf Kilometer. An der Planung für den nächsten Umbau arbeitet die Projektleiterin derzeit. Auf Höhe des Ortsteils Staik soll eine weitere Sohlgleite entstehen. Ein Blick auf die Sohlgleite am Sportplatz zeigt, wie sich die Neugestaltung mehr und mehr in die Natur einfügt – ganz wie es auch in der Ortsmitte sein wird. Magdalena Maltan ist zufrieden mit der Entwicklung: „Es verändert sich nicht nur der Bereich im direkten Baufeld der Sohlgleiten, wie bereits beim Umbau am Sportplatz zu sehen. Es entwickelt sich auch die Struktur flussaufwärts, und zwar positiv.“

Neben dem Lebensraum für Fische wurde auch ein Unterschlupf für Wasseramseln geschaffen, der auch schon fleißig besucht wird. Die kleinen Vögel flitzen unter dem herabplätschernden Quellwasser in die neue Nagelfluhunterkunft.

Weiterer Fischaufstieg geplant

Willi Hollinger im warmen Bauwagen erzählt noch rasch, dass er schon viele Baustellen begleiten durfte und wie sehr ihm die aufgelöste Riegelrampe in der Sur bei Surheim gefällt. Eine wirklich gelungene Präzisionsarbeit sei das, findet er. Dann muss er weiter. Er öffnet die Tür nach draußen. Die Sonne ist weg, kalter Wind zieht herein. Ihn stört das nicht. Hollinger liebt die Arbeit in der Natur. Auch, weil er weiß, dass sie sinnvoll ist, Verbesserungen bringt für das ökologische Gefüge. Und: Die nächste Sohlgleite kommt bestimmt. Auch an der Isen.

Bericht und Bilder: WWA Traunstein

Isen Winhöring Ortsmitte fertiggestellter Fischaufstieg: Die neu angelegte Sohlgleite erweitert die für Fische durchgängige Gewässerstrecke in der Isen auf insgesamt fünf Kilometer.

Isen Winhöring Ortsmitte Ortstermin: Während der Bauphase gab es immer wieder Abstimmungsgespräche, hier mit (v.l.) Vorarbeiter Willi Hollinger von der Flussmeisterstelle Salzach, Diplom-Biologe Dr. Manfred Holzner, Vorsitzender des Fischereivereins Mühldorf, und Andreas Philipp vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein.

Isen Winhöring Ortsmitte Willi Hollinger: Vorarbeiter Willi Hollinger von der Flussmeisterstelle Salzach baut seit 23 Jahren Fischaufstiegshilfen. Für die Fischaufstiegshilfe in der Ortsmitte von Winhöring wurden Nagelfluh-Steine in verschiedenen Größen verwendet.

Isen Winhöring Ortsmitte Vogelhaus für Wasseramseln: ist beim Bau der Sohlgleite auch ein geschützter und von Wasser umflossener Steinbau entstanden, in den ein Vogelhaus für Wasseramseln eingestellt wird.


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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