Land- & Forstwirtschaft

Expertengespräch Zuckerrübe – regionales Naturprodukt

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Auf Einladung von Michael Hamburger von der Facebookgruppe „Landwirtschaft im Landkreis Erding“ trafen sich auf dem Hof von Rübenanbauer Alois Angermaier in Langenpreising Vertreter der Landwirtschaft, um das Thema Zuckerrübe genauer zu beleuchten. Als Experte war auch Max Ernst vom Südzucker Rohstoffservice Bayern beim Gespräch mit dabei.

Anbau

Im Frühjahr erfolgt die Aussaat der Zuckerrübe bis Anfang April maschinell in 6 – 18 Reihen. Aber bis es so weit ist, bedarf es einer genauen Planung und Analyse des Bodens, um die Bedingungen für die Rübe optimal zu gestalten. Bereits bei der Vorfrucht wird eine EUF-Bodenuntersuchung (Elektro-Ultrafiltration) durchgeführt, deren Ergebnis für den Landwirt eine genaue schlag- und kulturartspezifische Düngeempfehlung hinsichtlich der Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kali und Bor liefert. Die Stoppeldüngung einer Getreidevorfrucht, die richtige Zwischenfrucht und der optimale pH-Wert des Bodens haben einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Zuckerrübenanbaus. „Ein Rübenjahr dauert drei Jahre“, so die Aussage von Max Ernst. Zudem ist der Anbau sehr aufwändig und mit einer wöchentlichen Kontrolle der Bestände verbunden. Im Landkreis Erding werden derzeit für die Firma Südzucker von 61 Erzeugern 365 Hektar Zuckerrüben angebaut, davon 2 Bio-Rübenerzeuger. Bundesweit gibt es etwa 30.000 Landwirte mit Rübenanbau.

Rüben-Kampagne

So bezeichnet man den Zeitraum, in dem die Rüben abtransportiert und verarbeitet werden. Die Kampagne für Bio-Rüben fand dieses Jahr zwischen 7. – 12. September statt, für konventionelle erzeugte Zuckerrüben von 13. September – 18. Januar. Da bei der Bio-Ware erheblich mehr Verunkrautung im Bestand ist, muss die Zuckerfabrik die Produktionsanlage komplett reinigen, bevor die konventionelle Ware verarbeitet wird.

 Lieferrechte

Die Anbauer schließen jährliche Lieferverträge online über das Rohstoffportal mit dem Zuckerwerk ab. Voraussetzung dafür ist der Besitz von entsprechenden Aktien-Anteilen bei Südzucker. Diese verfallen, wenn zwei Jahre keine Ware produziert und angeliefert wird. Diese Rechte können auch jährlich verleast werden. Alois Angermaier baut in der Regel 10 Hektar Rüben an. Wenn er in einem Jahr nicht genau auf diese Fläche kommt, kann er sich über einen Pool an weiteren Lieferrechten bedienen oder auch abgeben.

Abfuhr

Angermaier ist einer der ersten Mitglieder der Zuckerrüben-Abfuhrgemeinschaft, die auch in den Nachbarlandkreisen Freising und Mühldorf aktiv ist. Früher musste jeder Landwirt seine Ernte selbst zum Bahnhof fahren, wo sie in Waggons verladen und zur Zuckerfabrik weitertransportiert wurde. Inzwischen organisiert den kompletten Abtransport die Abfuhrgemeinschaft. Die sogenannte „Rübenmaus“ nimmt die Rüben direkt von der Rübenmiete auf, reinigt sie von Erde und befüllt damit die LKW´s, welche die kostbare Ware direkt zum nächsten Südzucker-Werk fahren.

Ertrag

In der Region sind Erträge von 65 – 125 Tonnen je Hektar möglich. Der Zuckergehalt kann dabei von 14 – 22 Prozent schwanken. Heuer ist der Zuckergehalt bisher nicht hoch, bei weiterer sonniger Witterung kann sich dieser aber noch erhöhen.

Übrigens ergeben 7 Kilo Zuckerrüben 1 Kilo Zucker. Die Rübe enthält 73 Prozent Wasser.

Umwelt- / Klimaschutz

Die Rübe ist ein echtes Sonnenkraftwerk – in einem Hektar Zuckerrüben werden 35 to. CO2 gebunden (vgl. Wald: 12 to.), somit wird die 3fache Menge an CO2 als im Wald gebunden. 85 Prozent des in der EU produzierten Zuckers stammt aus dem heimischen Anbau. So werden lange Transportwege vermieden und der Zucker wird umweltgerecht produziert. Der Schwerpunkt in der Züchtung lag in den letzten Jahren auf der Entwicklung gesunder Rübensorten, um die Blattgesundheit bei geringen Pflanzenschutzeinsatz gewährleisten können. Dies ist im Hinblick auf den Green Deal der EU und der damit verbundenen Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln von entscheidender Bedeutung, um die Pilzkrankheiten Cercospora-Blattflecken und Mehltau im Schach zu halten. Die Hackfrucht Zuckerrübe lockert Getreide lastige Fruchtfolgen auf und ist eine Maßnahme, um die Bodengesundheit positiv zu beeinflussen. Die Pflanze ist zudem besonders stickstoffeffizient, d.h. sie kann den eingesetzten Dünger optimal verwerten und trägt zur Einsparung von Mineraldünger bei.

Ernährung

In der Ernährung ist Zucker ein essenzieller Bestandteil und Energielieferant für den Körper und das Gehirn. Er wird zum Backen, Kochen und zum Süßen von Speisen oder Getränken verwendet. Schneidet das Naturprodukt beim Nutriscore eher schlecht ab, so ist er aus Sicht der Gesundheit besser als so mancher Zuckerersatzstoff, wie z. B. Natriumcyclamat, Iso-Glucose oder Aspartam. Die Zuckerrübe ist basisch, antibiotisch, auswurffördernd und fungizid. Sie wurde als Nahrungsmittel bei Bronchitis, Erkältung, Fettleber, Neurodermitis, oder auch Rheuma empfohlen. Die Zuckerrübe enthält die wertvolle Aminosäure Betain, Mineralstoffe wie Kalium oder Magnesium, Oligosaccharide wie Maltose oder Saccharose, Eiweißprotein Allantoin, Saponine, Eisen und Folsäure. Ein absolut gesundes Lebensmittel, welches in Maßen genossen werden kann.

Produkte

In der Zuckerfabrik werden sämtliche Variationen von Zucker hergestellt: Kristall-, Puder-, Gelier-, Kandis-, Würfel-, oder brauner Zucker. Für die weiterverarbeitende Industrie steht ein breites Sortiment an Produkten zur Verfügung. Neben kristallinen, gibt es auch flüssige Sorten für die Getränkehersteller oder Molkereien, sowie Zucker-Trägerstoffe für pharmazeutische Anwendungen. Für die Bienen gibt es eine Auswahl an Produkten, die von den Imkern zur Zufütterung im Frühjahr, bei Trachtlücken im Sommer oder zur Winterfütterung ab September eingesetzt werden. In Zeitz befindet sich eine Produktionsanlage, die aus Zuckerrüben Bioethanol zur Beimischung in Kraftstoffe herstellt. Nebenprodukte wie Melasse, Melasseschnitzel, Rübenpellets oder Schlempe aus der Bioethanolerzeugung sind hervorragend in der Tierfütterung einzusetzen.

Rezept

Anja Eckmüller empfiehlt folgendes Rezept für die Zubereitung von Zuckerrüben:

Zuckerrüben Carpaccio

Zutaten (1 Portion):

  • 100g Zuckerrübe
  • 1 kleine rote Zwiebel
  • bayerischer Hartkäse – gerieben oder in Würfelchen
  • Salz, Essig (Balsamico oder Himbeeressig), Öl, Pfeffer
  • ein paar gestiftelte Radieschen
  • Gewürze nach persönlichem Geschmack

Zubereitung: Zuckerrübe reinigen, schälen und in Scheiben schneiden. Einen etwas größeren Topf mit Wasser füllen und etwas Salz dazu geben. Die Zuckerrüben Scheiben in das leicht sprudelnde Wasser geben und ca. 5 Minuten kochen. Währenddessen die kleine Rote Zwiebel schälen und in schöne dünne Ringe schneiden. Nach dem die Zuckerrübe fertiggekocht ist, abtropfen und auf einem Teller wie Carpaccio anrichten. Die Zwiebel Ringe darüber verteilen (und die gestiftelten Radieschen). Das Dressing anrühren oder schütteln und großzügig über den Zuckerrübenscheiben verteilen. Zur Abrundung für den, der gerne Käse mag, noch etwas bayerischen Hartkäse (gerieben oder gewürfelt) darüber verteilen. Und weil so eine Zuckerrübe nicht nur 100g hat – man kann die Rübe auch roh essen, als Zuckerrübenchips zu einem Braten servieren, einfach so knuspern, oder Sahnerübchen mit Kassler zubereiten.

Weitere Verwendungsmöglichkeiten

Zucker hilft beim Gras – Flecken entfernen in Verbindung mit Wasser. Als Zucker Peeling findet er Anwendung für die Haut, wenn diese rissig und schuppig ist. Für die Lippen mit Wasser, für den Körper mit Sonnenblumen oder Olivenöl gemischt, macht es die Haut samtig und weich und hinterlässt ein angenehmes Gefühl. Der Zucker hilft, dass die Haut wieder mehr Feuchtigkeit speichert und die Öle, damit unsere Haut gut geschützt ist. Zucker kann beim Händewaschen helfen, um selbst hartnäckige Rückstände wie beispielsweise Motorenöle zu entfernen. Bei einem Insektenstich kann Zucker die Wirkung des Gifts schmälern und auch bei kleinen Wunden die Wundheilung beschleunigen. Und auch Schnittblumen hält Zucker länger frisch!

Die Südzucker Produkte aus unseren heimischen Rüben sind für unsere Kunden überall in den Geschäften und im Lebensmitteleinzelhandel erhältlich.

Bei Interesse an regionalen Zuckerrüben aus dem Landkreis Erding einfach beim Landwirt / Rübenanbauer vor Ort nachfragen!

Bericht und Bilder: Michael Hamburger, Facebookgruppe Landwirtschaft im Landkreis Erding

 

 

 

 

 

 

Auf dem Bild (v.l.n.r.): Max Ernst (Rübenanbauer), Regina Mayer, Michael Hamburger (BBV Vize-Kreisobmann), Anja Eckmüller (Bauern & Land Stiftung), Alois Angermaier (Rübenanbauer)

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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