Leitartikel

Chiemgauer Musikfrühling eröffnet

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Kammermusik zum Träumen –  Von Korngold, Hindemith und Zemlinsky bis zu Mozart  – Eröffnungskonzert des „Chiemgauer Musikfrühling“ im Kulturforum Klosterkirche in Traunstein

Angesichts des gefühlten neuen Wintereinbruchs beim Eröffnungskonzert des „ 21. Chiemgauer Musikfrühling“ im Traunsteiner Kulturforum Klosterkirche hätte Razvan Popovici bei der Begrüßung beinahe „frohe Weihnachten“ gewünscht, zumal das Ensemble gerade von einer Konzertreise in der Karibik zurückgekommen war. Zusammen mit seiner Frau  Diana Ketler stellte Popovici, Initiator und Leiter des Musikfrühlings, die ausgesucht schönen, teils selten gespielten Kompositionen des Abends vor. Möglicherweise wegen des unbekannten Programms war der große Saal nicht vollständig ausverkauft, dafür aber waren viele, dem Musikfrühling seit vielen Jahren treue, konzentriert lauschende Konzertbesucher erschienen. Die absolute Ruhe des Publikums war umso wichtiger als das Konzert wieder vom Bayrischen Rundfunk aufgezeichnet wurde.

Den Anfang machte die Suite „Much ado about nothing“, opus 11, für Violine und Klavier des österreichisch-amerikanischen Komponisten Erich Wolfgang Korngold (1897 bis 1957). Der junge Komponist, der schon mit zwölf Jahren als Wunderkind galt, hatte um 1918 die sofort von großem Erfolg gekrönte Suite nach dem Titel von Shakespeares berühmter Komödie in vier kurzen, sehr unterschiedlichen Sätzen geschrieben: zuerst zart romantische Klänge zum „Mädchen im Brautgemach“, dann leidenschaftlich temperamentvoll „Holzapfel und Schlehwein“,  das romantische „Intermezzo“ einer Gartenszene und schließlich endend mit dem „Mummenschanz“, der eine Verballhornung auf den Begräbniszug  in Gustav Mahlers Liedersammlung „Der Knabe mit dem Wunderhorn“ ist. Neben den unvergleichlich weichen Klängen der Pianistin von Weltruhm, Diana Ketler, brillierte die russisch-belgische Geigerin  Tatiana Samouil, Preisträgerin der größten Violinwettbewerbe wie dem internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau in 2002, ständiges Mitglied der Yuri Bashmet Academy und gibt Meisterkurse in ganz Russland.

Ein kaum aufgeführtes Stück folgte mit dem Quartett für Klarinette, Geige, Violoncello und Klavier von Paul Hindemith, geschrieben 1938, also kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Besonders Thorsten Johanns, seit fast zehn Jahren Professor für Klarinette an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar und langjähriges Mitglied beim Musikfrühling, beeindruckte tief durch sein immens vielfältig variierendes Spiel auf der Klarinette, am Klavier virtuos begleitet von Diana Ketler, auf der Geige von Tatiana Samouil und Thomas Carroll am Cello.

Nach der Pause standen die „Vier Phantasien über Gedichte von Richard Dehmel für Klarinette und Klavier, opus 9, von Alexander von Zemlinsky (1871 bis 1942) auf dem Programm. Charakteristisch für seinen Stil ist die vorantreibende Kraft der Themen, die expressiven Steigerungen, die in ihrer Intensität zum Kühnsten gehören, was vor der Jahrhundertwende komponiert wurde. Thorsten Johanns und Diana Ketler interpretierten berückend schön die vier romantischen Liebesgedichte von „Stimme des Abends“ über „Waldseligkeit“, „Liebe“ und zum Schluss das schelmisch muntere „Käferlied“. Natürlich darf bei einem Programm, das vielfach von der romantischen Musik Wiens beflügelt ist, Wolfgang Amadeus Mozart nicht fehlen – als letztes Stück erklang das letzte Streichquintett von Wolfgang Amadeus Mozart in Es-Dur, KV 614, bei dem wieder die Bratschen, tief inspiriert gespielt von Razvan Popovici und Tomoko Akasaka, eine große Rolle spielten, vollkommen harmonierend mit den beiden Geigen von Tatiana Samouil und Nicholas Dautricourt und dem Violoncello von Thomas Carroll.

Der Cellist kann auf eine bemerkenswerte und vielseitige Karriere als Cellist zurückblicken und seit seinem Debüt als Dirigent bei den Berliner Philharmonikern in 2006 auch als Dirigent. Wundervoll, federleicht schienen die Streichinstrumente in einem fortwährenden, mal fröhlichen, mal ernster werdenden Diskurs miteinander zu stehen, oft angeführt von der ersten, den Ton angebenden Geige. Alle Musiker des Abends überzeugten restlos durch ihr virtuoses, mit voller Hingabe und Konzentration aufeinander abgestimmtes Spiel, aber auch durch Temperament und reine Spielfreude. Nach dem letzten Ton waren Glücksgefühle und Entspannung sowohl bei den Musikern als auch beim Publikum in den Mienen und natürlich beim nicht enden wollenden Beifall offensichtlich. Man darf sich auf die kommenden Konzerte in dieser Woche freuen.

Bericht und Bilder: Christiane Giesen

Beim Eröffnungskonzert des 21. Chiemgauer Musikfrühlings im Kulturforum Klosterkirche spielten bei Mozarts Streichquintett (von links) Tatiana Samouil, Nicolas Dautricourt, Razvan Popovici und Tomoko Akasaka sowie Thomas Carroll, Violoncello.

Diana Ketler am Klavier, Tatiana Samouil, Geige, Thomas Carroll, Cello, und Thorsten Johanns, Klarinette bei Erich Wolfgang Korngolds Suite „Much ado about nothing“.

Alle Mitwirkenden beim Eröffnungskonzert des 21. Musikfrühlings in der Klosterkirche (von links) Tatiana Samouil, Nicolsas Dautricourt, Razvan Popovici, Thorsten Johanns, Diana Ketler, Tomoko Akasaka und Thomas Carroll.

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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