Leitartikel

Altbundespräsident Horst Köhler verstorben

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Unterwössen. In tiefer Trauer gibt das Büro des Bundespräsidenten a.D. Horst Köhler bekannt, Prof. Dr. Horst Köhler ist tot. Er verstarb am frühen Morgen des Samstages, 1. Februar, im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie in Berlin. Seine Arbeit als Bundespräsident und seine entwicklungspolitischen Verdienste trugen ihm internationalen Respekt und Anerkennung ein.

Bundespräsident Walter Steinmeier kondoliert der Witwe Eva Luise Köhler: „Mit Horst Köhler verlieren wir einen sehr geschätzten und überaus beliebten Menschen, der Großes geleistet hat – für unser Land und in der Welt. Als Horst Köhler 2004 zum Bundespräsidenten gewählt wurde, war er einer größeren Öffentlichkeit nahezu unbekannt – und wie schnell hat er dann so viel Anerkennung und Sympathie erworben! Es waren vor allem seine Zugewandtheit, sein ansteckendes Lachen und sein Optimismus, es waren sein Glaube an die Stärke unseres Landes und an die Energie und die Kreativität seiner Menschen, die ihn so viele Herzen gewinnen ließen. Es waren aber auch seine oft klaren und längst nicht immer bequemen Mahnungen und Ansprachen, die ihm Anerkennung brachten.“

Der ehemalige Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland  und Wahl-Unterwössner gehört zu den prominentesten Persönlichkeiten der deutschen Politik. In seiner Amtszeit als Bundespräsident von 2004 bis 2010 setzte er sich vor allem für eine starke Zivilgesellschaft und eine nachhaltige globale Entwicklung ein.  Köhler wurde am 22. Februar 1943 in Skierbieszów, Polen, geboren. Seine Familie flüchtete 1953 nach Deutschland und wurde schließlich im schwäbischen Ludwigsburg sesshaft. Nach dem Abitur 1963 und zwei Jahren Wehrdienst studierte er – selbst finanziert – Wirtschaftswissenschaften in Tübingen. Dort promovierte er 1977. Über das Bundeswirtschaftsministerium und die Staatskanzlei Schleswig-Holstein führt sein Weg in den Leitungsstab des Finanzministeriums. Er war Leiter des Ministerbüros.

1990 ernennt ihn der Bundesfinanzminister zum Staatssekretär. Köhler verhandelt mit der DDR-Führung über die deutsch-deutsche Währungsunion. In Moskau handelt er das Abkommen über den Abzug der sowjetischen Truppen aus der DDR aus. Er ist Chefunterhändler beim Maastricht-Vertrag über die europäische Währungsunion. Köhler organisiert den Weltwirtschaftsgipfel von München als Deutschland 1992 Gastgeber der G7, der sieben führenden Industrie Industrienationen, ist. 1993 scheidet aus Köhler aus der Bundesregierung aus und wird Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Weiter führt sein ins Präsidentenamt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London. Er wird geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds in Washington.

2004 wird Horst Köhler neunter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

Während seiner Amtszeit setzte sich Horst Köhler vor allem für eine globale, gerechtere und nachhaltigere Wirtschaftsordnung ein. Er fordert eine Verantwortungsethik in der Wirtschaft und betont, dass ökonomischer Erfolg und soziale Gerechtigkeit miteinander vereinbar sein müssen. Auch Bildung und Forschung, die Integration von Migranten sowie die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung sind ihm wichtige Anliegen. Besonders am Herzen liegen ihm die Beziehungen zwischen Deutschland und Afrika. Als ehemaliger Chef des IWF bereist er den Kontinent mehrfach. Er engagiert sich für eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe. Köhler setzte sich dafür ein, dass Deutschland und Europa ihre Verantwortung für den Kontinent übernehmen. Sein Engagement für eine nachhaltige globale Entwicklung und eine starke Zivilgesellschaft findet internationale Beachtung und Anerkennung.

Im Mai 2009 wird er von der Bundesversammlung im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit für fünf weitere Jahre im Amt bestätigt. Horst Köhler war ein Bundespräsident, der sich aktiv in den öffentlichen Diskurs einbrachte. Er hielt regelmäßig Reden zu aktuellen Themen und ausführlichen Debatten zu gesellschaftspolitischen Fragen. Seine Amtszeit war jedoch auch von Kontroversen und Kritik geprägt. Insbesondere seine Äußerungen zum deutschen Militäreinsatz in Afghanistan und zum Verhältnis von Wirtschaft und Krieg führen zu heftigen Debatten. Am 31. Mai 2010 trat er vorzeitig aus seinem Amt als Bundespräsident zurück. „Ich bin zurückgetreten, um Schaden vom Amt abzuwenden. Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äußerungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt“, so zitiert ihn die Wochenzeitschrift „Die Zeit“.

2012 zogen die Eheleute Köhler – die beiden haben zwei erwachsene Kinder – auf den Unterwössner Bichlhof, „daraus ein echtes Zuhause zu machen und Teil der Gemeinschaft in Unterwössen zu werden“, so der Altbundespräsident damals gegenüber unserer Zeitung. Doch so ganz funktionierte die Idee des bayerischen Refugiums neben dem Berliner Wohnsitz nicht. Weitere ehrenvolle Aufgaben warteten. Er arbeitete für die UN und vertrat als Altbundespräsident seinen Nachfolger auf Afrikareisen. Dennoch, der Altbundespräsident ist häufig im Dorf Unterwössen zu sehen, sei es beim Bad im See, in einer Fragestunde an der Unterwössner Schule oder beim Besuch eines Festzeltes im Achental. Das Achental fühlt mit seiner Familie.

Bericht und Bild: Ludwig Flug


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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