Eine lange und schöne Tradition hat auf der Insel Frauenwörth im Chiemsee das Fest der Seligen Irmengard, der Patronin des Chiemgaus.

Heuer war auf Einladung von Äbtissin Johanna Mayer OSB als Zelebrant Abt Martin Felhofer OPraem vom oberösterreichischen Stift Schlägl gekommen. Er zelebrierte nach der Prozession vom Klosterhof zur Kirche den Festgottesdienst mit der Pfarrern Andreas Przybylski, Konrad Kronast, Andreas Münck, John Ablewhite und Franz X. Finkenzeller sowie mit Diakon Sepp Stürzer.

In seiner Predigt zitierte er unter anderem den verstorbenen Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher mit den Worten:  „Noch heute wirkt Irmengard in den Herzen der Schwestern und vieler Menschen als ein Licht auf dem Leuchter. Oft ist nicht das Laute das Wirkungsvollste im Leben, sondern eher das Stille und Unscheinbare“. Die musikalische Gestaltung mit der Missa solemnis in C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart übernahm die Chorgemeinschaft Mariä Himmelfahrt aus Prien unter der Leitung von Kirchenmusiker Rainer Schütz. Am Festzug vom Klosterhof über die Torhalle zum Münster beteiligten sich neben der Geistlichkeit und den Mitgliedern des Konvents auch die Musikkapelle Bernau und die Gebirgsschützenkompanie Bad Endorf im Beisein von Landeshauptmann Martin Haberfellner vom Bund der Bayerischen Gebirgsschützen. Die Prozession endete mit einer zweifachen Salve der Gebirgsschützen im Klosterhof zu Ehren der seligen Irmengard, die auch als Patronin des Chiemgaus und Fürsprecherin für die Erfüllung eines Kinderwunsches verehrt wird. Die Blasmusik spielte noch die Bayern-Hymne und der Chor sang ein Ständchen.

Mit vielen Kirchenbesuchern fand die liturgische Feier des Tages ihren Abschluss mit der Irmengardvesper im Münster.

Die Predigt von Abt Martin Felhofer OPraem, Stift Schlägl

Hohes Lied 8, 6-7
Mk 6, 7-13

Liebe Mutter Johanna, liebe Schwestern der Abtei Frauenwörth, Liebe Festgäste, Schwestern und Brüder!

Ich habe mich für meine Predigt inspirieren lassen vom neuen Wandteppich von Frau Elisabeth Lammers, der seit September 2017 die neue Chorkapelle im Gästehaus schmückt.
Die zwölf Demutstufen der Benediktusregel bilden das theologische Konzept von Br. Thomas mit der Zentralaussage:

ICH bin da für DICH – hörend.
ICH liebe DICH.
Vertraue dem Leben,
denn ICH bin immer bei DIR.

Das Ziel ist die Liebe zu Christus, die Freundschaft mit Christus, besser noch: die Annahme der Liebe Christi: ich lasse mich von ihm lieben!
Das zu leben und zu verkünden durch unser Leben, gestärkt durch die Botschaft Gottes in der Hl. Schrift, getragen von Bildern – wie dieser Teppich – und ermutigt durch das Beispiel der Seligen Irmengard: das ist die schönste und erste Aufgabe der Ordensgemeinschaft der Benediktinerinnen der Abtei Frauenwörth.

Papst Franziskus lädt uns dazu in „Evangelii gaudium“ ein:
„Ich lade jeden Christen ein…. noch heute seine persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder zumindest den Entschluss zu fassen, sich von ihm finden zu lassen. Es gibt keinen Grund, weshalb jemand meinen könnte, diese Einladung gelte nicht ihm, denn niemand ist von der Freude ausgeschlossen, die der Herr uns bringt. …. Wenn jemand einen kleinen Schritt auf Jesus zu macht, entdeckt er, dass dieser bereits mit offenen Armen auf sein Kommen wartete.“ (EG3)

Da sind wir nun ganz bei der heutigen Lesung und beim Evangelium:
Wer von dieser Liebe und Freude erfüllt ist, wird das Evangelium glaubwürdig und ohne Angst und Zwang verkünden. „Nehmt nichts mit auf eurem Weg!“ Nicht Macht, nicht unnützen Vorrat, nicht Besessenheit von Geld und anderen Absicherungen, sondern nur mein Wort und die Kraft zum Heilen. Nehmt nichts mit, was zerstört und Gräben aufreißt: nur eine Kraft, die Kraft des Geistes, der dem Ungeist, den Abergeistern und den Dämonen von heute Halt gebietet. Bei der Parallelstelle von Matthäus, die wir am Donnerstag gehört haben, steht auch noch der Satz: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!“ Es ist uns so viel geschenkt worden im Leben an Gaben und Begabungen –gratis – aus Gnade: das dürfen wir weiterschenken. Das sind nicht Dinge, die man kaufen kann, sie sind umsonst, wertvolle Geschenke für das Leben.

Das will Gott: LEBEN – Volles und sinnvolles Leben will er schenken. Wir dürfen mitwirken am Kunstwerk des Lebens, dass es gelingt und gut wird. Die Künstlerin des Bildwebteppichs hat gesagt: „Willst leben, musst weben!“ Und „Leben“ heißt für uns Christen: Leben in Fülle, ewiges Leben! Deshalb zitiert Mutter Johanna im Vorwort des Rundbriefes anlässlich des Todes von 3 Mitschwestern das Gebet des Königs Hiskija in der Zuversicht auf Heilung: „Wie ein Weber hast du mein Leben zu Ende gewoben, du schneidest mich ab wie ein fertig gewobenes Tuch. Und dann betet er weiter: Herr ich vertraue auf dich; du hast mich geprüft. Mach mich gesund und lass mich wieder genesen.“ (Jes 38, 12.16)

Manchmal erleben wir im Leben nicht nur den goldenen Faden und das Geglückte, sondern auch den einen oder anderen Mangel und Fehler, auch das Bruchstückhafte.

Da bin ich auf einen interessanten Gedanken gestoßen beim Stamm der Navajos-Indianer. Sie weben bewusst in einer Ecke einen kleinen Webfehler ein. Den betrachten sie als die Stelle, an der der Geist in den Teppich hinein – und aus ihm herausgeht: dort, wo das exakte Muster unterbrochen wird, bekommt der Geist eine Chance.
„Der hat einen Webfehler“: das kann man von einem Menschen sagen, den man für verrückt hält. An Pfingsten – als der Geist Jesu, der Hl. Geist, einen Zugang zu den Aposteln fand, als sie be-geistert das Evangelium von Jesus Christus verkündeten – da sagten die anderen: „Die sind nicht mehr bei Verstand, die sind verrückt oder betrunken!“
Die Geschichte der Kirche beginnt mit Verrückten. Am Anfang steht nicht das exakte Muster, sondern ein Webfehler: das Hereinbrechen des Hl. Geistes in das Haus und in die Menschen, die im Vertrauen auf Jesus dort warten: Ängstliche bekommen Mut, Zögernde geraten in Bewegung, Unsichere werden Zeugen.

Es waren immer Menschen, begeisterte und begeisternde Christen, die der Kirche zu einem neuen Pfingsten verholfen haben.
Ich denke an Franz von Assisi, den verrückten Aussteiger, der mit voller Leidenschaft trotz Widerstand mit seinem Leben die herausfordernde Botschaft Gottes überzeugend gelebt hat.

Wir haben in dieser Woche euren Ordensvater, den Hl. Benedikt gefeiert, der uns das rechte Maß lehrt von Gebet und Arbeit. Auch er ist in seiner Gemeinschaft als Abt mit seiner Ordensregel zunächst auf ziemlichen Widerstand gestoßen, dass man ihn sogar vergiften wollte.
Ich denke auch an den Heiligen Papst Johannes XXIII., der in einem Moment plötzlicher Eingebung das II. Vatikanische Konzil einberufen hat. Auf die Frage, was er sich von diesem Konzil erhoffe, soll er das Fenster in seinem Arbeitszimmer weit geöffnet und gesagt haben: „Dass es frische Luft herein lässt!“ Viele waren dagegen, aber wie beim ersten Pfingsten wurden damals ängstliche Bischöfe mitgerissen, ein neuer Geist hielt Einzug in die Kirche. Bekannt ist sein Wort: „Wir sind nicht auf Erden, um ein Museum zu hüten, sondern um einen Garten zu pflegen, der von blühendem Leben strotzt und für eine schönere Zukunft bestimmt ist.“

Auch Papst Franziskus begeistert heute viele, aber der Widerstand in der Kurie und bei Traditionalisten ist auch gewaltig.
Sie verehren hier im Chiemgau die Selige Äbtissin Irmengard, die „Zweite Stifterin“ von Frauenchiemsee. Nicht heroische Daten sind es, aber eine „nachhaltige“ Hingabe an Gott und der Dienst an den Mitschwestern und die Fürsorge für die Menschen rund um den Chiemsee halten sie in lebendiger und dankbarer Erinnerung.
„Nachhaltig“: d.h. noch heute wirkt Irmengard in den Herzen der Schwestern und vieler Menschen als ein Licht auf dem Leuchter. Oft ist nicht das Laute das Wirkungsvollste im Leben, sondern eher das Stille und Unscheinbare. Der verstorbene Bischof Reinhold Stecher aus Innsbruck hat es so gesagt:

„Das Gute
spielt in dieser Welt
seinen Part meist
piano und pianissimo,
und es gehört zur Lebenskunst,
es nicht zu überhören.“

Ich wünsche der Klostergemeinschaft und unserer Kirche, dass sie den Menschen helfen, das Leben als Kunstwerk Gottes zu sehen. Lassen wir uns dabei auch von der Webkunst der Navajos inspirieren, dass sie kleine Webfehler zulässt, als Türen für den Hl. Geist: denn unsere Sprache wird geistlos, wenn sie zu bloßen Formen erstarrt, wenn Worte nicht mehr aufhorchen lassen und neugierig machen auf das Evangelium. Ihre Struktur wird geistlos, wenn nur an den alten Mustern weitergewoben wird, und die Offenheit für Überraschendes und Neues verloren geht.

Liebe Schwestern! Sie haben das in den letzten Jahren gezeigt: Sie haben aufbauend auf eine gute Tradition des leidenschaftlichen Gottsuchers Benedikt Räume geschaffen für Begegnung in benediktinischer Gastlichkeit. Für das Gestalten der Chorkapelle und der Möglichkeit der Teilnahme der Klostergäste am Gebet übten Sie sich sogar am biblischen „Exodus“ – 2015 das Jahr der durchschrittenen Räume“, nannten Sie es.

Und wenn wir einmal müde und mutlos werden – das ist normal – dann sollen wir, wie es Alt-Abt Martin Werlen aus Einsiedeln zu sagen pflegt, „miteinander die Glut unter der Asche entdecken und das Feuer neu brennen lassen.“

Letztlich geht es um das Herz des Menschen und auch der Kirche: deshalb spricht auch Gott im Hohen Lied: „Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Stark wie der Tod ist die Liebe.“
Ich schließe mit einem Gebet des Hl. Petrus Canisius, des ersten deutschen Jesuiten aus dem 16. Jh., der auch die Webkunst zur Sprache bringt:

„Als ich es wagte,
dein liebevolles Herz zu berühren,
und meinen Durst aus ihm zu stillen,
da versprachst du mir ein Gewand,
aus drei Teilen gewebt, geeignet,
die Nacktheit meiner Seele
zu bedecken.
Diese drei Teile des Gewandes
bezogen sich ganz und gar
auf meine Aufgabe:
Es waren der Friede,
die Liebe und die Ausdauer:
Angetan mit diesem
Gewand des Heils,
hatte ich die Zuversicht,
mir werde nichts fehlen,
sondern mir werde alles gelingen
zu deiner Ehre.“

Das lege ich uns allen heute am Irmengard- Fest ans Herz: lassen wir uns beschenken mit dem Gewand des Heils aus drei Teilen gewebt – als Gabe und Aufgabe:
Friede, Liebe und die Ausdauer!

Irmengard von Frauenchiemsee – zur Lebensgeschichte

Irmengard (auch Irmgard) war eine Tochter von Kaiser Ludwig dem Deutschen und der Welfenfürstin Königin Hemma. Sie wurde um das Jahr 833 in Regensburg geboren und hatte sechs Geschwister. Mit ihren drei Schwestern ist sie in dem schwäbischen Frauenkloster Buchau am Federsee aufgewachsen, wo die vier Mädchen von den dortigen Ordensschwestern erzogen wurden. Mit 24 Jahren kam Irmengard in die Benediktinerinnenabtei Frauenwörth im Chiemsee, wo sie Äbtissin wurde. Sie starb 33-jährig am 16. Juli 866. Der Tag wird als ihr Gedenktag gefeiert.

Weitere Informationen hier: www.frauenwoerth.de/abtei/selige-irmengard

Geschichte des Klosters Frauenwörth

Nach dem Tod von Irmengard durchlebte das Kloster Frauenwörth eine unruhige Geschichte. Mitte des 11. Jahrhunderts, während des Investiturstreits, verlor die Abtei ihre Reichsunmittelbarkeit. Erzbischof Anno von Köln schenkte die Abtei 1062 dem Erzbischof von Salzburg. 1254 erlangten die bayerischen Herzöge endgültig das Recht über Frauenwörth. Als Rest der alten Reichsunmittelbarkeit behielt die Abtei bis zur Säkularisation die Bezeichnung „Königliches Stift“ und war den Töchtern des Adels vorbehalten. Vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde das Kloster zur Zufluchtsstätte für andere Konvente Bayerns, die vom Krieg heimgesucht wurden. 1722/30 wurden die Klostergebäude von Grund auf neu und größer als zuvor errichtet. 1803 wurde die Abtei im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Die Nonnen durften wohnen bleiben. Fünf von ihnen erlebten 1838 unter König Ludwig I. von Bayern die Wiedererrichtung. 1901 wurde das Kloster erneut zur Abtei erhoben und ist damit neben dem Nonnberg in Salzburg das älteste bestehende deutschsprachige Frauenkloster nördlich der Alpen.

Heiligsprechung

Über das Wirken von Irmengard bleiben die historischen Quellen sehr spärlich. Die Tradition des Klosters berichtet von ihrer Frömmigkeit, von ihrer Gottes- und Nächstenliebe, von ihrer Fürsorge für alle Arme. Die offizielle Seligsprechung erfolgte durch Papst Pius XI. im Jahr 1928.

Die Abtei Frauenwörth heute

Die Klosterfrauen bewirtschaften Kloster, Klosterladen, Kräuter- und Blumengarten und betreiben einen schwungvollen Seminarbetrieb. Das Kloster Frauenwörth ist heute ein bekannter Seminarort für Erwachsenenbildung, viele Musikveranstaltungen finden hier statt. Einkehr und Besinnung, Kunst, Tanz, Musik, Yoga, Malkurse, Bewegung, Gesundheit sind die Seminarthemen auch für Männer und Nichtchristen. Darüber hinaus öffnet das Kloster seine Pforten auch privatwirtschaftlichen Unternehmen sowie Anstalten des öffentlichen Dienstes und bietet eine einzigartige Location für Fortbildungsseminare, Tagungen und Kongresse.

Das Kloster Frauenwörth selbst kann nicht besichtigt werden, dafür die Klosterkirche, die Torhalle, die Kapelle und der Friedhof.

Erhalt der Abtei Frauenwörth

Die Abtei Frauenwörth ist für den Fortbestand auf Ihre Unterstützung angewiesen. Sie können den Freundeskreis Frauenwörth in seinem Bemühen um den Erhalt der Abtei unterstützen, indem Sie Mitglied im Freundeskreis werden und durch einen Jahresbeitrag eine finanzielle Hilfe leisten. Besuchen Sie dazu die Interetseite des Freundeskreises: www.freundeskreis-frauenwoerth.de Dort finden Sie auch ein Mitgliedsformular und weitere Möglichkeiten für Spenden.

hö/Fotos: Rainer Nitzsche – Eindrücke vom Irmengardfest Frauenchiemsee

Weitere Fotos zum Irmengardfest finden Sie hier.

Weitere Informationen: www.frauenwoerth.de

Weitere Fotos zum Irmengardfest finden Sie hier.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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