Allgemein Natur & Umwelt

Zum Weltwassertag: Nur die Reinheit zählt

Veröffentlicht von Christina Rechl

Wasserwirtschaftsamt Traunstein und die „Harpfinger Gruppe“ erklären, welche Schritte zur Versorgung mit sauberem Trinkwasser notwendig sind

Landkreis – Der Zugang zu sauberem Wasser ist nicht selbstverständlich. Daran erinnert der Weltwassertag am 22. März. Von den United Nations (UN) 1992 ins Leben gerufen, steht er in diesem Jahr unter dem Motto „Accelerating Change“: „Den Wandel beschleunigen“ mahnt an, bis 2030 weltweit sauberes Wasser und Sanitärversorgung für alle Menschen zu erreichen.

Wie viele Schritte notwendig sind, bis Trinkwasser frisch und rein aus der Leitung kommt, zeigen das Wasserwirtschaftsamt Traunstein und der „Zweckverband zur Wasserversorgung der Gruppe Harpfing“ am Beispiel der zwei Brunnen in Poschen (Gemeinde Schnaitsee). Wie hier funktioniert die Wasserversorgung so oder so ähnlich im gesamten Amtsgebiet, also auch in den Landkreisen Altötting und Berchtesgadener Land.

Zwei Kammern mit frischem Grundwasser
Den Weg ins „Allerheiligste“ versperrt eine Glastür.  Die Sicht hinein verschwimmt ins Ungefähre: Wie Gischt hängen abertausende Wassertropfen am Glas, ehe sie langsam zerrinnen. Dahinter schimmert es blau und grün. Die Tür ist verschlossen. Herr über den Schlüssel ist Hannes Freimooser. Als Wassermeister wacht er über das „Allerheiligste“, wie Andrea Bernauer, die Geschäftsleiterin der „Harpfinger Gruppe“, den Hochbehälter nennt – zwei Kammern mit reinstem Grundwasser. Ein sich stets erneuernder Vorrat, der sicherstellt, dass 3500 Menschen in Kienberg, Harpfing, Waldhausen und Peterskirchen täglich frisches Leitungswasser erhalten. Wasser in bester Qualität, ohne Gefahr für die Gesundheit. Freimooser arbeitet für die „Harpfinger Gruppe“, viele Jahre schon. Er weiß, wie wichtig absolute Sauberkeit im „Allerheiligsten“ ist. Der kleinste Eintrag ins Wasser kann gefährlich sein.

Der Hochbehälter sichert den Vorrat
Hinter der Glastür führt ein schmaler Gang bis zu einer grün gefliesten Wand. Links und rechts des Ganges wiegt Wasser auf und ab. 750.000 Liter auf der linken Seite, 750.000 Liter auf der rechten. Aus den Kammern fließt das Wasser ins Versorgungsnetz

Vor allem abends, wenn die Menschen daheim kochen, waschen oder auch baden. Sinkt der Wasserstand unter 2,50 Meter, springt eine Pumpe an. Sie fördert das Wasser herauf und bleibt so lange in Betrieb, bis die Speicher wieder gefüllt sind. Untergebracht ist der Hochbehälter in einem Gebäude, das ein bisschen aussieht wie eine Gondelstation. Versteckt in einem Waldstück, am höchsten Punkt des 269 Kilometer langen, unterirdischen Versorgungsnetzes.

Ein Zaun schützt die Brunnen-Häuschen
Der Weg des Wassers hierher ins „Allerheiligste“, ist weit. Er beginnt in Poschen: Die beiden Brunnen Poschen 1 und Poschen 2 sind in zwei Häuschen untergebracht. Sie stehen in einigen Metern Abstand voneinander auf einer umzäunten Wiese. Auch hier zeigt sich, wie viel Vorsicht notwendig ist: Der Zaun schützt vor Tieren und ihren Fäkalien. Wer Zutritt zum Areal möchte, muss außerhalb parken. Die Wiese darf nicht gedüngt werden. Soweit als möglich sollen keine schädlichen Stoffe ins Erdreich gelangen – und damit auch nicht ins Grundwasser, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird.

Pumpe fördert 30 Liter Wasser pro Sekunde
Der Brunnen Poschen 1 erreicht eine Tiefe von 43 Metern. Sein Schacht befindet sich in der Brunnenstube, eine Abdeckung aus Edelstahl schützt ihn. Der Schacht selbst besteht aus einem inneren und einem äußeren Rohr. Beide entsprechen der Trinkwasserzulassung. Im inneren Rohr hängt die Unterwasserpumpe. Sie fördert aus der 18 Meter hohen Grundwassersäule 30 Liter Wasser pro Sekunde nach oben. Dass die Pumpe ausfallen und damit der Wasserfluss versiegen könnte, davor müsse sich niemand fürchten, sagt Wassermeister Freimooser: Die Pumpe im Brunnen Poschen 2 kann sofort übernehmen. Bei Stromausfall sichert ein Notstromaggregat die Versorgung. Vom Brunnen aus verteilt sich das Wasser über das Leitungssystem und fließt ins „Allerheiligste“.

Regelmäßige Kontrollen sichern die Qualität
Um den hohen Qualitätsstandard zu halten, gibt es Kontrollen. Ihren rechtlichen Rahmen finden sie in den Vorgaben der Trinkwasserverordnung. Für Hannes Freimooser und seine Kollegen bedeutet das: Sie müssen regelmäßig die technischen Vorrichtungen beider Brunnen überprüfen. Alle drei Monate begleiten sie zudem die Mitarbeiter eines externen Labors zum Hochbehälter. Dort werden aus dem Zulauf zu den beiden Kammern Wasserproben genommen. Das Gesundheitsamt in Traunstein bewertet die Analyse-Ergebnisse nach mikrobiologischen und chemischen Parametern – und gibt bei Problemen genaue Handlungsanweisungen. Außerdem haben der Wassermeister und seine Kollegen im Sinne der Eigenüberwachungsverordnung die Pflicht, ihre Arbeit in einem Jahresbericht zu dokumentieren. Ihn prüft das Wasserwirtschaftsamt Traunstein. Das Amt achtet unter anderem darauf, dass die maximal erlaubte Wasserförderung eingehalten und der Wasserspiegel im Brunnen regelmäßig gemessen wurde. In der Dokumentation muss zudem die Begehung des Wasserschutzgebietes enthalten sein. An ihr nehmen neben Vertretern des Wasserwirtschaftsamtes auch Vertreter des Gesundheitsamtes teil. Denn Wasserschutzgebiete sind wichtig. Sie minimieren die Risiken für die öffentliche Wasserversorgung im empfindlichen Umfeld von Brunnen.

Wasserschutzgebiete sorgen für Sicherheit
Bis ein Wasserschutzgebiet festgesetzt ist, sind einige Verfahrensschritte notwendig: Der Wasserversorger, in diesem Fall die „Harpfinger Gruppe“, bohrt eine Vielzahl an Grundwasser-Messstellen und lässt über ein hydrogeologisches Büro alle Flächen ermitteln, aus denen das Wasser zu einem Brunnen fließen könnte. Die fachliche Beurteilung übernimmt als amtlicher Sachverständiger das Wasserwirtschaftsamt. Von den hydrogeologischen Gegebenheiten, aber auch von der Entfernung zum Brunnen hängt es ab, in welchem Umfang Beschränkungen notwendig werden. Wichtigstes Ziel: Die schützenden Schichten über dem Grundwasser sollen weitgehend erhalten bleiben, nicht mit schädlichen Stoffen belastet werden. Besonderer Umsicht bedarf es in der Landwirtschaft: Auf ihren Feldern müssen Bauern Einträge von Pflanzenschutzmitteln und Nitrat ins Grundwasser reduzieren. Eine Prämisse, aus der sich Interessenskonflikte ergeben: Einerseits sollen die Landwirte im Sinne des Trinkwasserschutzes weniger düngen – und zwar über die gesetzlichen Anforderungen der Düngeverordnung hinaus. Andererseits aber fürchten sie in der Folge Einbußen im Ertrag.

Schutzgebietsberater vermittelt bei Interessenskonflikten
In diesen Fällen ist Josef Reiter der Mann des Ausgleichs. Er setzt sich für eine grundwasserschonende Landbewirtschaftung ein. Der studierte Agraringenieur und Nebenerwerbs-Landwirt engagiert sich bei der „Harpfinger Gruppe“ und weiteren Wasserversorgern seit über 20 Jahren als Schutzgebietsberater. Er vermittelt zwischen Landwirtschaft und Wasserversorgung. In dieser Funktion besucht er landkreisübergreifend Landwirte, deren Felder in einem Wasserschutzgebiet liegen. Er spricht mit ihnen über ihre Interessen, gleicht sie mit den Beschränkungen ab. Im Idealfall kommt einen Kooperationsvertrag zustande. Wichtigster Bestandteil darin ist die Zusage des Bauern, einen Teil seines Ackerlandes in Grünland umzuwandeln. Denn Grünland kann im Gegensatz zu Ackerland nahezu ganzjährig Stickstoffe aufnehmen. Damit sinkt die Gefahr, dass zu viel Nitrat ins Grundwasser gelangt. Für die Umstellung der Bewirtschaftung gewährt der Wasserversorger einen finanziellen Ausgleich, den er über den Wasserpreis finanziert.
Nicht jeder Wasserversorger stellt einen Schutzgebietsberater. Doch Josef Reithmeier, Vorsitzender der „Harpfinger Gruppe“ und Bürgermeister der Gemeinde Pittenhart, ist überzeugt, dass Reiters Engagement sinnvoll ist: „Wir haben diese Stelle geschaffen und leisten sie uns bewusst.“ Die Entwicklung jedenfalls gibt Reithmeier Recht: Eine Nitrataufbereitung ist bisher nicht notwendig, auf dem Weg des Wassers vom Brunnen bis zum Verbraucher. Es ist ein langer Weg. Aber er lohnt sich. Jedes Mal aufs Neue, wenn die Menschen den Leitungshahn aufdrehen und sicher sein können, dass das Wasser frisch und gesund sprudelt. Ganz anders als in vielen Teilen der Welt.

 

Probenentnahme: An dieser Stelle aus dem Zulauf zum Hochbehälter werden Laborproben des Wassers genommen. Das Gesundheitsamt in Traunstein bewertet die Analyse-Ergebnisse nach mikrobiologischen und chemischen Parametern – und gibt bei Problemen genaue Handlungsanweisungen. Foto: Wasserwirtschaftsamt Traunstein

 

Hochbehälter: Der Hochbehälter liegt in einem Waldstück, am höchsten Punkt des Versorgungsnetzes.
Kammer im Hochbehälter: Über eine Pumpe läuft das Wasser in eines der Vorratsbecken. Jede der beiden Kammern fasst 750.000 Liter Wasser. Foto: Wasserwirtschaftsamt Traunstein

Hinweisschilder: Anhand solcher blauer Tafeln, können Wassermeister Hannes Freimooser und seine Kollegen ablesen, wo im Bedarfsfall ein Teil des Leitungsnetzes abgeriegelt werden kann, ohne dass die Versorgung komplett unterbrochen wird. Foto: Wasserwirtschaftsamt Traunstein

Abdeckung Brunnen Poschen 1: Andrea Bernauer, Geschäftsleiterin der „Harpfinger Gruppe“, und Wassermeister Hannes Freimooser zeigen die Abdeckung zum Schacht des Brunnen Poschen 1. Foto: Wasserwirtschaftsamt Traunstein

Vermittler: Der Schutzgebietsbeauftragte Josef Reiter vermittelt bei Interessenskonflikten. Er besucht die Landwirte direkt auf ihren Höfen und spricht persönlich mit ihnen. Foto: „Harpfinger Gruppe“

 

Text: Wasserwirtschaftsamt Traunstein

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Christina Rechl

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