Kultur

Reichenhall: Boogie Time im Cultino

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Nach sechs Jahren war das Ensemble „Boogie Connection“ wieder zu Gast in Bad Reichenhall, dieses Mal im Cultino. Vom ersten Ton an rissen sie durch ihre Musik aus Blues, Boogie, Rhythm’n’Blues und Soul das Publikum mit, das geradezu ausflippte vor Begeisterung. Jeder der drei Musiker ist ein wahrer Könner auf seinem Instrument und gemeinsam gaben sie alles:

Sänger und Gitarrist Christoph Pfaff spielt auch die Mundharmonika und gab seiner Stimme bisweilen einen rauchigen Touch, der Schlagzeuger Paul Weidlich nützte alle Klangmöglichkeiten seiner Instrumente aus – vom Metallrand bis zur Innenfläche der Trommelbespannung -, und der „Piano Man“ Thomas Scheytt legte wie immer sein übersprühendes Temperament in die Tastatur – auf seinem Hocker auf und ab wippend und mit bewegten Beinen, wobei das rechte immer mal wieder auf dem Piano landete. Fast zwei Stunden höchste Energieentladung – und danach war die Arbeit für die Musiker noch nicht zu Ende. Sie mussten ihre Instrumente in der Tiefgarage in ihrem Tourbus verstauen. Beim Verladen in den Aufzug schwärmte eine ältere Dame von ihrer Zeit als junges Mädchen in Berlin, als sie auf dem Kudamm auf diese Melodien getanzt habe. „Sie sind jetzt sicher erschöpft?“, fragte sie Thomas Scheytt, der antwortete: „Ja natürlich, wenn es nicht so wäre, würde etwas nicht stimmen“, und er fügte hinzu: „Das war ein richtig gutes Konzert, und das lag auch am Publikum“. Alles zu geben, bedeutet eben nicht nur technische Vollendung, sondern vor allem, mit den Songs oder den Jazzstandards Geschichten voller Emotionen zu erzählen und seine eigenen Gefühle hineinzulegen. Das Publikum ging mit und ließ den entfachten Funken der Musiker zu einem lodernden Feuer werden. Das dürfte wohl in jedem Konzert so sein, denn die Band hatte den Song „Thank you for the Memories“ für ihr Publikum geschrieben.

Der Boogiestil im Piano ist einzigartig – welches Geheimnis dahintersteckt und ob es die Harmonien, Verzierungen oder Synkopen sind, ist schwer zu sagen, auf jeden Fall ragt Scheytts Spiel aus der Boogie-Landschaft heraus. Ob sie eigene Kompositionen, wie den  „50 $-Boogie“ oder „Boogie-Connection“ aus der Feder von Thomas Scheytt interpretierten oder Songs coverten, wie „San Francisco Bay Blues“, „Fine Brown Frame“, „Got you on my Mind“ oder zum Beispiel „Sweet little Sixteen“, „You Never can Tell“ oder „Johnny be Good“ vom Altmeister des Rock’n Roll, Chuck Berry, ob sie „Help the Poor“ der Vergangenheit entrissen oder „All of Me“ von Billie Holiday, jeder einzelne Augenblick war spitzenmäßig und mitreißend, ebenso wie bei

„Nobody Knows you when you’re Down and Out“ mit Wahrheiten über wahre Freundschaft oder „Mess Around“ von Ray Charles und bei dem spirituellen „There musst be a Better World Somewhere“ von B.B. King.  Beim Instrumental „Boogie Woogie Stomp“ gab es immer wieder einen neuen Anlauf nach einem gefühlvollen Ritardando, so als wollten sie durch die Decke in den Boogie-Himmel fliegen und das begeisterte Publikum mitnehmen. Der Schlagzeuger steigerte sich in seinem Solo bis zur rhythmischen Extase. Mit ihrem „Rhythm and Blues“ machten die drei Musiker nicht nur Musik, sondern ließen damit Assoziationen an die politischen Entwicklungen in den USA, wie Rassentrennung und Rassismus, aufblitzen, Probleme, mit denen Musiker wie Chuck Berry zu kämpfen hatten. „Danke für die Freude, den Frieden und die Harmonie“ sangen sie in ihrem Dankes-Lied an das Publikum, das diesen Dank durch tosenden Applaus zurückgab. Dafür gab es zwei Zugaben: „You’ve got a Friend in me“ von Randy Newman und „Good Dolly Miss Molly“ von Little Richard.

Bericht und Fotos: Brigitte Janoschka

99: Öffnen die Tür zum Boogie-Himmel: Thomas Scheytt am Piano, Paul Weidlich am Schlagzeug und Sänger und Gitarrist Christoph Pfaff.

95: Überbordende Energie entlädt sich in den Boogies der drei Musiker von „Boogie Connection“.

300: Am Schluss ging es nur noch im Stehen: Die Energieentladung war auf ihrem Höhepunkt angelangt.

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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