Kultur

Interview mit Bad Aiblinger Band „Funeral Pile“

Besonders hart hat die Corona-Pandemie die Kulturbranche getroffen. Zwei Jahre lang ging kaum noch was. Die strengen Auflagen bedrohten die Existenz von vielen Kulturschaffenden. Für „Funeral Pile“ bewirkte die Zeit im Lockdown aber das Gegenteil. Durch Veröffentlichungen ihrer Musik während dieser Zeit auf YouTube und anderen Streaming-Kanälen wurde schließlich sogar ein amerikanischen Musiklabel aufmerksam und nahm die Band aus Bad Aibling unter ihre Fittiche, wie Gitarristin Annike im Interview erzählt

Frage: Wie lange gibt es Eure Band schon?
Antwort: Angefangen haben wir schon im Jahr 2008, unter dem Namen „Funeral Pile“ zusammen Musik zu machen, aber in der jetzigen Form gibt es uns erst seit 2020. Wir waren damals zu fünft und wollten einfach die Art von Musik machen, die wir selbst gerne hörten. Die Band blieb damals aber nicht besonders lange zusammen. Zuerst hat sich der Schlagzeuger einer anderen Band angeschlossen, und nachdem der Rest von uns dann auch zum Studieren in verschiedene Städte zog, ist es irgendwie komplett auseinandergelaufen. Die Freundschaft blieb aber über die vielen Jahre erhalten. Wir feierten Silvester 2019/20 zusammen und beschlossen an diesem Abend, dass die Zeit nun reif sei, „Funeral Pile“ wiederzubeleben und wir endlich wieder zusammen Musik machen wollen.

Frage: „Funeral Pile“ heißt übersetzt „Scheiterhaufen“. Hört sich düster an. Welche Musik macht Ihr?
Antwort: Ja, der Name klingt düster und passt deswegen auch zu unserer Musik. Wir spielen Heavy Metal Musik. Genauer gesagt kombinieren wir Elemente aus den Heavy Metal Sub-Genres Doom-, Death- und Black Metal. Eben aus den Genres, die uns selbst am besten gefallen.
Der Bandname ist inspiriert durch eine Bestattungszeremonie der Wikinger, bei der die Verstorbenen auf Scheiterhaufen verbrannt wurden und die so entstehende Rauchsäule sie ins Jenseits befördern sollte. Wir haben aber auch einen Song mit Namen „Funeral Pile“, der von der Hexenverfolgung zur Zeit der Inquisition handelt. Allgemein beleuchten wir in unseren Texten keine angenehmen Themen. Der Mensch, seine Entscheidungen und sein Empfinden stehen dabei meistens im Mittelpunkt. Unser am häufigsten gehörter Song „Klondike“ zum Beispiel handelt von einem Goldgräber zur Zeit des großen Goldrausches in Alaska, der, getrieben durch seine Gier nach schnellem Reichtum, schlecht vorbereitet loszieht und schließlich im rauen Winter den Tod findet. Wir sehen das als Metapher für die Kurzsichtigkeit und Selbstsucht der Menschheit im Allgemeinen.

Frage: Warum gefällt Euch gerade diese Musikrichtung?
Antwort: Wer sucht sich schon ganz bewusst eine bestimmte Musikrichtung aus und beschließt, von nun an zum Beispiel nur noch Jazz zu hören? Ich denke, es geht doch jedem so, dass man sich beim Hören von mancher Musik eben wohl fühlt und bei anderer ganz und gar nicht – egal ob das nun Mozart ist oder Lady Gaga. Sicherlich kann ich beschreiben, was mir persönlich an den düsteren Spielarten des Metals gefällt. Die Stimmung, die vermittelt wird, lässt mich oft mit allen Sinnen eintauchen, so als wären Körper und Musik eine Einheit. Ich fühle mich dann so richtig lebendig, inspiriert und voller Energie. Der Zusammenhalt in der Szene ist groß, wir sind reflektiert, offen und tolerant. Und mich fasziniert, wie viel handwerkliches und technisches Können hinter jeder einzelnen Aufnahme steckt. Das spielerische und kompositorische Niveau ist oft sehr hoch und die Musiker und Musikerinnen sind echte Idealisten. Sie investieren unendlich viel Fleiß, Herzblut und, auch das gehört dazu, Geld in ihre Werke, denn hochwertige Instrumente und gutes Aufnahmeequipment wachsen ja leider nicht am Baum. So viel Enthusiasmus macht einfach Freude! Aber ich würde nicht behaupten, dass ich mich für diese Art von Musik aufgrund ihrer äußeren Merkmale entschieden habe. Das sind positive Begleiterscheinungen. Was zählt, ist das Gefühl – und das sucht sich niemand bewusst aus.

Frage: Bei Eurem ersten Anlauf als Band war es noch mehr ein Hobby. Jetzt wollt Ihr so richtig durchstarten. Das stelle ich mir gerade in der aktuellen Situation alles andere als einfach vor?
Antwort: Wir haben uns unser eigenes Heimstudio eingerichtet und damit war die Pandemie für unsere kreative Arbeit eigentlich nicht hinderlich. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten konnten wir sogar in Zeiten striktester Kontaktbeschränkungen gemeinsam über das Internet am Album weiterarbeiten. Da wir uns hauptsächlich als Studioband sehen, war es für uns persönlich auch nicht so schlimm, dass man nicht auftreten konnte – auch wenn wir uns natürlich um Veranstalter und Betreiber sorgen und hoffen, dass sie die lange Durststrecke so unbeschadet wie möglich überstehen. Aber die Band wird auch weiterhin ein Hobby für uns bleiben. In erster Linie geht es uns darum, die Musik zu erschaffen, die wir selbst gerne hören und auf die wir stolz sind. Wenn das dann noch anderen Leuten gefällt, umso besser. Wir sind aber nicht darauf aus, jedem zu gefallen. Dafür ist unser Musikstil ohnehin zu extrem.

Frage: Wie genau ist das Musiklabel aus Amerika auf Euch aufmerksam geworden?
Antwort: Wie genau das Musiklabel Protagonist Music auf uns aufmerksam geworden ist, wissen wir eigentlich gar nicht. Wir haben unser Album letztes Jahr im Juli eigenständig auf verschiedenen Internetplattformen hochgeladen. Wir wollten eigentlich nur austesten, wie unsere Musik „da draußen“ so ankommt. Daran, dass es kommerziell erfolgreich werden könnte, hatten wir gar nicht gedacht. Der Inhaber der Plattenfirma ist bereits wenige Tage später auf uns zugekommen. Wir haben die erste Anfrage gar nicht ernst genommen, weil wir uns nicht vorstellen konnten, mit einem Album, das es frei zum Download gibt, für ein Musiklabel interessant zu sein. Aber er blieb zum Glück hartnäckig.

Frage: Ist in Amerika Eure Musikrichtung angesagter als bei uns?
Antwort: Bei dieser Art von Musik handelt es sich ganz klar um eine Subkultur, die auch in Amerika nur von einem verschwindend kleinen Prozentsatz der Bevölkerung gehört wird. Interessant ist vielmehr, dass wir uns glücklich schätzen können, Hörer aus allen möglichen Ecken dieser Welt zu verzeichnen. Von Guatemala über Nordeuropa, von Australien bis nach Indonesien oder Marokko – unabhängig von Status, Religion oder Hautfarbe gibt es auf diesem Planeten Menschen, die wir mit unserer Musik erreichen. Da fühlt man sich dann schon ein bisschen ergriffen, ein zumindest kleiner Teil einer so weltumspannenden Community zu sein.

Frage: Du bist ja auch Mutter von zwei Kindern. Musik und Familie unter einen Hut zu bekommen, stelle ich mir nicht einfach vor?
Antwort: Klar, da geht es mir nicht anders als jedem, der ein Hobby in seinen Alltag integriert. Aber unsere Kids sind ebenfalls sehr musikbegeistert und so kommt es auch schon mal vor, dass wir morgens am Frühstückstisch zwischen Brezn und Rührei gemeinsam einen Songaufbau diskutieren.

Frage: Wie geht es jetzt mit Eurer Band weiter?
Antwort: Wir stecken schon mitten in den Arbeiten an Album Nummer zwei, die Ideen sprudeln nur so aus uns heraus. Nach der hauptsächlich organisatorischen Phase der letzten Wochen, in der es galt, den Release–Termin vorzubereiten, genießen wir es sehr, endlich wieder in den kreativen Prozess einsteigen zu können.
Sollten wir in der nächsten Zeit einen Schlagzeuger finden, der stilistisch und menschlich zur Band passt, werden wir natürlich auch Auftritte spielen. Es gab bereits sehr interessante Anfragen von Konzertveranstaltern, wir mussten sie jedoch bislang leider ablehnen.

Frage: Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Antwort: In diesen Zeiten ganz klar: Frieden und Gesundheit.
Eine musikalischen Kostprobe von „Funeral Pile“ gibt es auf Innpuls.me

Interview: Karin Wunsam

Foto: Funeral Pile


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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