Leitartikel

Hilferuf zur medizinischen Versorgung auf dem Land

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Zu einem Krisengespräch trafen sich Aschau’s Erster Bürgermeister Simon Frank und der Kreisvorsitzende des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreis (GPA), Elmar Stegmeier, im Rathaus Aschau im Chiemgau. Vorausgegangen waren starke Hinweise zur Personalsituation aus allen Bereichen des Gesundheitswesens gerade im ländlichen Raum. Das Resümee: Die Lage steht kurz vor dem Kippen.

Die Problemlage ist dabei sehr einfach beschrieben. Fällt nicht-ärztliches Personal in Kliniken, Reha-Einrichtungen, Senioren- und Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und in ambulanten Diensten weg, muss der Leistungsumfang reduziert werden. Dies hat natürlicherweise Auswirkungen auf die Patientenversorgung und auf die finanzielle Situation des jeweiligen Leistungserbringers.

Was für das gesamte Gesundheitswesen gilt, kann man sehr gut im hausärztlichen Bereich sehen. Im GPA konnten Rückmeldungen aus Stadt und Landkreis Rosenheim, sowie aus ganz Bayern gesammelt werden. Die Situation von Hausarztpraxen in einem durch Kosten- und Leistungsdruck ohnehin gekennzeichneten System muss zwangsläufig durch die Zusatzbelastung einer Pandemiesituation „zum Überlaufen kommen“. Das Personal, das sind die Medizinischen Fachangestellten (MFAs), früher als Arzthelferinnen bezeichnet, ist überbelastet. Dies zeigt sich an den Kündigungen im vergangenen Jahr. Gleichzeitig haben viele Arztpraxen zur Quartalshalbzeit derzeit deutlich mehr Patienten als die Jahre zuvor. Das reduzierte, vorhandene Personal kommt somit noch mehr unter Druck. Einige Praxen reagieren darauf mit reduzierten Sprechzeiten und geringer Neu-Aufnahme von Patienten. Dies ist natürlich nicht im Sinne der Patientenversorgung, weswegen auch viele Ärztinnen und Ärzte resignieren. Insbesondere für Patienten in komplexen, schwierigen und chronischen Versorgungslagen führt dies zu einer katastrophalen Situation.

Die Diskussion über eine Impfpflicht im Gesundheitswesen führt zu Spannungen innerhalb der Praxen und zu zusätzlichem Druck. Am Ende geht es für viele MFAs dann nicht mehr um die Impfpflicht an sich, sondern darum, ob das Personal den vielfältigen physischen und psychischen Druck noch standhalten kann.

Gesundheitspolitik ist zwar Bundessache, die Probleme bestehen aber dort, wo die Menschen leben und die Versorgung stattfindet – in den Gemeinden. Daher muss aus lokaler Sicht gedacht werden. „Wir stehen hier mit dem Rücken zur Wand“, so Bürgermeister Frank, „einerseits sind wir für eine undefinierte kommunale Daseinsvorsorge zuständig, andererseits liegen alle Entscheidungsmöglichkeiten beim Bund“. Wir müssen den Teufelskreis, dem überall das Personal ausgesetzt ist, mit finanziellen Anreizen und weniger Druck durch politische Entscheidungen in der aktuellen Corona-Lage, durchbrechen. Aber auch grundsätzlich müssen Arztpraxen dringend entlastet werden, so Stegmeier, durch Koordination, Delegation, Lotsenfunktionen, sowie unterstützender Digitalisierung. Dann bleiben auch Landarztpraxen für die Bürgerinnen und Bürger lebensfähig.

„Für viele Menschen ist die Arbeit im Gesundheitswesen ein Traumberuf und das soll so bleiben und nicht zum Albtraum werden“, ist man sich im Aschauer Rathaus einig.Erster Bürgermeister Frank und GPA-Vorsitzender Stegmeier wollen daher parteiübergreifend eine kommunal- und fachpolitische Initiative für eine nachhaltige Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in den Gemeinden während und nach der Corona-Zeit umgehend starten.

Aschaus Erster Bürgermeister Simon Frank

Weitere Infos: Gesundheits- und Pflegepolitischer Arbeitskreis (GPA), Elmar Stegmeier, elmar_stegmeier@web.de

Foto: Herbert Reiter

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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