Kultur

Helmut Heine in der Priener Galerie

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Ausstellung „Requiem für die Neuzeit“ in der Galerie im Alten Rathaus  – Humorvoll, tiefgründig und genial – ein Abend mit Helme Heine 

Die Galerie im Alten Rathaus zeigt bis einschließlich Sonntag, 4. August 2024 eine „Zeitenwende“, künstlerisch dargestellt mit Ausstellungsobjekten zu Gestern, Heute und Morgen des Schriftstellers und Illustrators Helme Heine.

Aus seiner Feder stammen die Charaktere Jonny Mauser, Franz von Hahn und der dicke Waldemar – die Geschichten und Illustrationen über die Freundschaft der drei sehr unterschiedlichen Tiere und ihrem Fahrrad haben den Künstler zu einem der bekanntesten Bilderbuchautoren der Gegenwart gemacht. Dabei geht es Helme Heine nicht um eine bestimmte Zielgruppe, sondern um elementare Inhalte und die Inszenierung in Bildern. Einen Einblick in sein kreatives Arbeiten gab der gebürtige Berliner Ende Mai 2024 rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer während einer Lesung in den Ausstellungsräumlichkeiten in der Alten Rathausstraße 22. Bei einer Autorenlesung sitzt der Vortragende üblicherweise hinter einem Tisch und referiert über sein neuestes Werk. Nicht so Helme Heine, der zu Beginn anhand zweier unterschiedlicher Sitzhaltungen die Charaktereigenschaften des geselligen und spontanen Malers sowie des grübelnden, in sich gekehrten Autors veranschaulichte. Dieses „schizophren anmutende“ Zusammenspiel von Autor und Maler beschreibt die Wesensart Heines und lässt an Künstlerkollegen wie Franz Kafka, Hermann Hesse und den von ihm sehr geschätzten Joachim Ringelnatz denken. Als veranschaulichendes Beispiel wählte der Vortragende den Tod: Im Nu hatte er ein Skelett – natürlich mit Sense – auf dem Whiteboard skizziert. „Das Bild erfasst der Betrachter sofort, wohingegen ein Autor mehrere Seiten braucht um etwas zu beschreiben“, erklärte Heine und begann eine humorvoll-skurrile Geschichte über den Tod zu erzählen, in dem die Fliege eine entscheidende Rolle spielt und nicht zuletzt als Wohltäterin hervorgeht. Er selbst weiß, dass seine Lebenszeit begrenzt ist. Dafür ist er dankbar, denn es lässt ihn bewusst leben. Mit der Neugier eines Kindes und der Sprachgewandtheit eines Philosophen bringt er seine Ideen zu Papier. Er schlägt einen anderen, als den naheliegenden Denkweg ein, um zu einem Ergebnis zu kommen. „Man sollte niemals das illustrieren, was der Autor schon geschrieben hat. Nehmen wir als Beispiel die Erzählung ‚Herr und Hund‘: ich würde nicht den Schriftsteller Thomas Mann mit Hund zeichnen, sondern die Illustrationen aus der Perspektive des Hundes malen. Dabei kann man Charaktere herauskitzeln und überspitzt darstellen“, beschrieb Helme Heine sein Verständnis des Zusammenspieles von Text und Bild, zückte seinen Stift und veranschaulichte den Anwesenden das Gesagte mit einer einfachen Zeichnung zweier Beine in Hosen und Schuhen, der Beine von Thomas Mann. Das Publikum bekam in diesen frühen Abendstunden noch viele unterhaltsame Anekdoten und bewegte Geschichten des weitgereisten Künstlers zu hören. Beispielsweise wie bei ihm und seiner Ehefrau Gisela von Radowitz, genannt Kiki, auf dem Gelände einer verlassenen Goldmine die Idee zu dem Roman „Im freien Fall“ entstand. Damals lebte das Künstlerehepaar über zehn Jahre in Südafrika. Während der aufrührerischen Zeit der Apartheid gründeten sie in Johannesburg das politisch-literarische Kabarett „Sauerkraut“. Gemeinsam verfassten die beiden Autoren zahlreiche weitere Bücher, darunter den spannenden Roman „Der verlorene Sohn“. Heute lebt und arbeitet das Paar überwiegend in Russell in der Bay of Islands in Neuseeland. „Du hast unsere Gedanken beflügelt und uns deine Träume zu Füßen gelegt. Wir treten ganz vorsichtig auf, damit sie keinen Schaden nehmen und bringen sie glücklich mit nach Hause“, bedankte sich die Kuratorin Inge Fricke im Anschluss an die Lesung bei Helme Heine. Das herausragende und hoffnungsvolle Lese-Kunstwerk wurde von dem jungen Pianisten Jonah Samuel Stabe begleitet. Dessen virtuoses Spiel schaffte Raum, die heiteren, tiefgründigen und sehr vielschichtigen Ansichten des weltweit geschätzten Malers und Autors zu verinnerlichen. Interessierte haben nochmals am Freitag, 28. Juni, um 18 Uhr die Möglichkeit einer thematisch anderen Lesung mit Helme Heine zu lauschen. Eine Anmeldung ist unter galerie@tourismus.prien.de erforderlich, regulärer Eintritt zzgl. Aufpreis Führung.

An den Sonntagen, 23. Juni und 14. Juli kann man jeweils um 14.30 Uhr an einer Führung teilnehmen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, regulärer Eintritt zzgl. Aufpreis Führung. Sonderführungen sind auf Anfrage unter ingridfricke@t-online.de jederzeit möglich. Nachwuchskünstler experimentieren bei dem Workshop „Kinder machen Kunst“ an den Dienstagen, 11. Juni und 2. Juli, jeweils um 14.30 Uhr. Eine Anmeldung ist unter galerie@tourismus.prien.de erforderlich, maximale Teilnehmeranzahl sind acht Personen. Der Eintrittspreis, inklusive Materialkosten, beträgt 8 Euro pro Kind. Am Samstag, 27. Juli findet um 18.30 Uhr ein „Get-together“ im Rahmen der Ausstellung statt – unter dem Titel „Helme Heine meets Priener KunstTage“ können sich Ausstellungsbesucher auf ein abendfüllendes Programm freuen. Eine Anmeldung ist unter galerie@tourismus.prien.de erforderlich. Der Ausstellungsflyer „Helme Heine ‚Requiem für die Neuzeit‘“ mit Veranstaltungsprogramm ist im Tourismusbüro Prien, Alte Rathausstraße 11, sowie online unter www.galerie-prien.de erhältlich.

Während der aktuellen Ausstellung hat die Galerie im Alten Rathaus mittwochs bis sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Erwachsene bezahlen 6 Euro Eintritt, ermäßigt 4 Euro. Freier Eintritt für Personen bis einschließlich 21 Jahre. Für Veranstaltungen und Führungen ist für alle Besucherinnen und Besucher ein Aufpreis von 5 Euro zu entrichten. Der Eingang befindet sich in der Alten Rathausstraße 22. Weitere Informationen unter www.galerie-prien.de und unter Telefon +49 8051 92928.

Text LM – Foto: Anita Berger – Helme Heine ist ein Meister im Inszenieren von Geschichten. Einen Einblick in die extreme Vielschichtigkeit seines Gesamtkunstwerkes erahnen die Zuhörerinnen und Zuhörer bei seiner Lesung im Rahmen der Ausstellung „Requiem für die Neuzeit“.

 

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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