Kultur

Deichelbohrer-Preisverleihung in Grassau

Veröffentlicht von Christina Rechl

Ausgezeichnete neue Kurzgeschichten aus dem deutschsprachigen Raum – Grassauer Deichelbohrer – Preise 2023/24 gehen an sechs Preisträger

Aus 544 eingesandten Kurzgeschichten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum musste die Jury die  besten Autor/innen ermitteln. Wahrlich eine schwierige Aufgabe, der sich heuer zum vierten Mal – im Abstand von zwei Jahren – die Jury des „Grassauer Deichelbohrer“ – Literaturpreises stellte. Ermittelt wurden die drei Besten und drei vierte Plätze. Bei der Siegerehrung war allen sechs Gewinnern bis unmittelbar vor der Preisvergabe nicht bekannt, wer an welcher Stelle sein würde. Der aus Film und Fernsehen bekannte Schauspieler Sebastian Fischer, las einfühlsam und ausdrucksstark alle sechs Kurzgeschichten vor, so dass sich das konzentriert lauschende Publikum im großen Saal der  Sawallisch Villa in Grassau selbst ein Bild machen konnte. Moderiert wurde die von der Gemeinde Grassau und Klaus Bovers bestens organisierte Veranstaltung von Christine Paxmann, die auch selbst der Jury angehörte zusammen mit Uta Grabmüller, Klaus Bovers, Janina Fellgiebel und Willi Schwenkmeier.

Wunderschön musikalisch umrahmt, beginnend mit dem Eurovisionssong, wurde die Preisverleihung von den bereits mehrfach ausgezeichneten jungen Bläsern „EasyBrass“ der Musikschule Grassau unter der Leitung von Wolfgang Diem, Leiter der Grassauer Musikschule und gleichzeitig Vorsitzender der Sawallisch- Stiftung untermalt. Es spielten Maxi Schneider und Maxi Ludwig, Trompete und Flügelhorn, Naomi Prasser, Horn, sowie der Als Hausherr begrüßte der neue Leiter und Geschäftsführer der Villa, Andreas He´rm Baumgartner die Gäste zu diesem besonderen Anlass.

Bürgermeister Stefan Kattari freute sich, dass – zum Thema „Im Fluss“ – sechs völlig unterschiedliche, spannende und stilistisch ganz verschiedene Geschichten ausgezeichnet würden. Hier sei es nicht so wie bei den Fake News, bei denen Menschen absichtlich falsch informiert würden. Der Literaturpreis namens „Deichelbohrer“ gehe auf das Werkzeug zurück, mit dem früher die Baumstämme ausgehöhlt wurden, um sie als Rohrleitungen für die Salzpipelines zusammenzufügen. Die älteste Pipeline führte durch Grassau mit Station am Klaushäusl, dem heutigen Museum Salz und Moor, und weiter nach Rosenheim. Die Idee zu dem Kurzgeschichten-Wettbewerb hatte der frühere Geschäftsführer der Gemeinde Grassau Robert Höpfner, selbst Autor und lange einer der beiden Vorsitzenden der Sawallisch-Villa. Die Idee, den Wettbewerb „Deichelbohrer“ zu nennen, hatte Klaus Bovers. Daher erhielten die drei Ersten neben Geldpreisen (der Erstplatzierte 1000 Euro) eine kleine Nachbildung eines historischen Deichelbohrers, wie er im auch im Museum zu sehen ist.

Annette Arend erhielt den ersten Preis     

Den mit Spannung erwarteten ersten Preis erhielt Annette Arend aus Erlangen, 1973 geboren, die Schreibcoach an der Universität in Erlangen ist, Dozentin für Deutsch als Fremdsprache und nach ihrer Promotion ein Jahr lang in Neu Dehli arbeitete. Derzeit macht sie eine Ausbildung zu Kinder- und Jugendpsychologin. Aus ihrer Zeit in Indien brachte sie das Ursprungsbild für ihre im Ganges badenden „Wasserbüffel“, Titel der als beste gekrönten Kurzgeschichte. Dabei werden die Mitarbeiter eines Call-Centers an einem Urwaldfluss in Indien wie moderne Sklaven ausgebeutet. Nur der Fluss mit den Tieren scheint ein gefährlicher Ausweg aus der Hölle von sinnlosem Konsum und unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Wie ein modernes Märchen lässt die Geschichte mehrere Möglicheiten der Interpretation zu.

Literatur als Reportage mit harten Details und untergründiger Spannung ist die Geschichte „Rehsumpf“ der Zweitplatzierten Juliane Breinl, Jahrgang 1971, Kinder- und Jugendbuchautorin. Sie lebt in München, aber auch in einem Farmhaus in Pensylvania lebt. „Rehsumpf“ spielt in der ehemaligen DDR im gleichnamigen Sumpfbad bei Dessau, wo die Protagonistin im berüchtigten Frauengefängnis Hoheneck saß. Ein Reporter aus dem Westen recherchiert und entdeckt Parallelen zur eigenen Geschichte. Sozialkritisch ist „Stadt ohne Fluss“ der dritten Preisträgerin Ulrike Sabine Maier aus Darmstadt, die Mitglied bei den 42er Autoren und der Literaturwerkstatt Darmstadt ist. Sie gewann schon mehrere Wettbewerbe, darunter 2018 den Pulitzer Preis.

Die drei vierten Plätze gingen an Heike Kuhn, 1981 in Straubing geboren für „Büro 304“, an Henrietta Hartl aus Franken, wohnhaft bei Rostock für „Katzentanz“ sowie an Simon Bethge, Jahrgang 1996 aus Hamburg, für „male fantasy, oder alleskann: nussmix“. Alle preisgekrönten Kurzgeschichten sind in einer sorgfältig gestalteten Broschüre zusammengefasst, die in der Sawallisch-Villa zu haben ist.

Zum Foto: Bei der Preisverleihung des „Grassauer Deichelbohrer“ 2023/2024 in der Sawallisch-Villa überreichte Grassaus Bürgermeister (links) Blumen, Urkunden und Preisgelder an (von links) Simon Bethge, Hamburg, Annette Arend, Erlangen, Ulrike Sabine Maier aus Darmstadt, Juliane Breinl, München, Heike Kuhn, Straubing und Henrietta Hartl, Rostock.

Die EasyBrass Musiker, die die Veranstaltung wunderschön musikalisch umrahmten.

Fotos & Text: Christiane Giesen


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