Kultur

Bruckmühl feiert 60 Jahre Markterhebung

Als Bürgermeister Johann Scheibmeier 1964, vor 60 Jahren,  – also quasi die Diamantene Hochzeit heuer – die Festversammlung anlässlich der Markterhebung begrüßte, hatte Bruckmühl 7329 Einwohner, bestand aus 14 Ortschaften, umfasste eine Fläche von rund 2650 Hektar und entrichtetet eine Kreisumlage in Höhe von 320.000 D-Mark. Heute besteht die Kommune aus 45 Orten/Ortsteilen, hat mehr als 18.000 Einwohner, eine Flächenausdehnung von 50,2195 Quadratkilometern.

Die Länge der Gemeindegrenze beträgt 48,495 Kilometern. Bruckmühl kann sich als Wirtschaftsstandort sehen lassen und leistet mittlerweile eine Kreisumlage von knapp 13 Millionen Euro (2014: 7 Millionen Euro).  „Jetzt sind wir 60 Jahre alt als Markt. In einer, an Dynamik übersteigernden Zeit, mit Nachrichten im Sekundentakt, deren Haltbarkeitswert kaum noch messbar ist, muten die 60 Jahre Bestand bereits wie eine halbe Ewigkeit an. Gleichzeitig gibt diese Beständigkeit, welche die Kommunen, Ihre Vereine und Organisationen über Jahrzehnte bieten, ein beruhigendes Gefühl von Zuverlässigkeit, Halt und Orientierung“, so Bürgermeister Richard Richter. Der Titel Markt, der vor 60 Jahren, am 29.09.1964 der Gemeinde Bruckmühl verliehen wurde, war ein Ausdruck einer gestiegenen Bedeutung von Bruckmühl in der Region westlicher Landkreis Rosenheim, damals Landkreis Bad Aibling und für die Bevölkerung darin. Wenn man so will, ein Qualitätsmerkmal, dass man sich erarbeitet und errungen hatte. „In der globalen Welt ist auch von großer Bedeutung, dass wir positiv wahrgenommen werden und im Vergleich bestehen können. Der interkommunale Vergleich oder der freundschaftliche Wettstreit mit den Nachbarkommunen sind hierbei nicht von allergrößter Bedeutung. Viel wichtiger sind die Zusammenarbeit der Nachbarkommunen und die gegenseitige Unterstützung“, betont Richter.

Der Markt Bruckmühl sei nur so erfolgreich, wie es seine Bürger, sowie seine Nachbarn sind. „Ich bin dankbar für jede Anstrengung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft die dafür sorgt, dass wir uns als Markt Bruckmühl gut, nachhaltig und stetig entwickeln dürfen“, sagt Richter. Und weiter: „Man bleibt jung, so lange man noch lernen, neue Gewohnheiten annehmen und Widerspruch ertragen kann. Das sagt zumindest Marie von Ebner-Eschenbach. Ich finde, auch aus diesem Blickwinkel sind wir jung geblieben.“

Heute ist Bruckmühl eine moderne Marktgemeinde. Sie ist ein wichtiges Zentrum im westlichen Mangfalltal mit knapp 18.000 Einwohnern und kultureller Hotspot mit dem seit 2023 eröffneten Bürger- und Kulturhaus „Kulturmühle“. Die Marktgemeinde hat an der Mangfalltal-Bahn vier Zusteigemöglichkeiten zu besitzen, zwei Bahnhöfe (Bruckmühl und Heufeld) sowie zwei Haltepunkte (Heufeldmühle und Hinrichssegen).  In Bruckmühl zeigt sich beispielhaft ein Stück deutscher Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Ein landwirtschaftlich strukturierter Kulturraum wandelte sich schon Ende des 19. Jahrhun­derts in ein Industriegebiet. Alteingesessene Bauernfamilien begegneten arbeitssuchenden Menschen aus Württemberg, Niederbayern, Österreich und dem Bayerischen Wald. Dies ging nicht immer ganz ohne Schwierigkeiten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg trafen verschiedenste Menschengruppen hier im Mangfalltal zusammen und wurden bald zu wichtigen Partnern beim Aufbau in der Nachkriegszeit. Das Jahr 1857 brachte die große Wende. Mit der Eröffnung der Maximiliansbahn München – Holzkirchen – Bruckmühl – Rosenheim – Kufstein/Salzburg hielt die Neuzeit Einzug ins Mangfalltal. Bruckmühl wurde aus seinem Dornrös­chenschlaf geweckt und dem Verkehr und der Wirtschaft erschlossen. Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung war neben der Bahn natürlich die Wasserkraft durch den Triftbach. Die erste Fabrik, die in der Gegend gebaut wurde, war die Chemische Fabrik in Heufeld im Jahr 1858, die heutige Firma Clariant (Deutschland) GmbH. Der große Chemiker Justus von Liebig hatte den Wert der künstlichen Mineraldüngung schon 1840 entdeckt.

Nicht nur in Bruckmühl gab es einen Müller, sondern auch in Heufeld. 1898 wurde die Mühle an die Loden- und Wolldeckenfabrik Pasing verkauft und baute dort. 1904 erwarb die Bayerische Wolldeckenfabrik Weiler, Bauer und Co. das Werk, ab 1913 hieß es Bayerische Wolldeckenfabrik Bruckmühl. Sie wurde zum größten Industriebetrieb in der Gemeinde; über 800 Menschen fanden nach dem 2. Weltkrieg dort Arbeit. Die gute Entwicklung der Fabrik trug entscheidend zum Wachstum Bruckmühls bei. 1983 musste das Werk geschlossen werden. Heute befindet sich auf dem ehemaligen Fabrikgelände ein moderner Gewerbepark mit attraktiven kleinen und mittelständischen Unternehmen.  Bei der Mühle zu Bruck wurde 1868 ein Sägewerk gebaut, das nach fast 100 Jahren im Jahre 1967 an die Firma Salus-Haus veräußert wurde. Diese Firma, deren Naturarzneimittel in alle Welt verschickt werden, fand auf dem Platz der ehemaligen Mühle ein ideales weiträumiges Gelände, nachdem der Firmensitz in München zu eng geworden und nicht erweiterungsfähig war.

Schon um 1900 war Bruckmühl also ein aufsteigender Industrieort. Durch großzügige Siedlungsbauten der Industrieunternehmen wurden viele Arbeiter mit ihren Familien sesshaft gemacht. Es entstanden neue Wohnsiedlungen, z. B. in Waldheim ab 1925. Man erbaute Gaststätten, Bahnhof, Postamt, Schulen und ein Krankenhaus. Am 1. Oktober 1938 wurde der Ortsteil Bruckmühls, der rechts der Mangfall lag und zur Gemeinde Götting gehörte, der Gemeinde Kirchdorf eingegliedert.

Der Zweite Weltkrieg brachte große Veränderungen in der Gemeinde. Fast 2000 Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Ausgebombte kamen in den Nachkriegsjahren. Sie mussten untergebracht und wirtschaftlich eingegliedert werden. Das waren große Probleme für die Verantwortlichen. Vor allem der Wohnraum fehlte. Durch den Fleiß der Vertriebenen und Einheimischen entstanden in kurzer Zeit neue Siedlungen in der Vagenerau, in der Madau und in Hinrichssegen. Um 1950 wurden in Hinrichssegen eine Tuchfabrik und eine Arbei­tersiedlung errichtet. Später übernahm die Firma Fritzmeier die Fabrikgebäude; sie stellt dort heute Kunststofferzeugnisse her. Wegen der ständig steigenden wirtschaftlichen Bedeutung Bruckmühls erfolgte am 31.03.1948 die Umbenennung der Gemeinde Kirchdorf a.H. in Gemeinde Bruckmühl.Die Bedeutung der wachsenden Gemeinde als wirtschaftlicher und kultureller Mittelpunkt wurde vom Bayerischen Staatsministerium des Innern dadurch gewürdigt, dass man der Gemeinde am 29.09.1964 die Bezeichnung „Markt” verlieh. Am 01.01.1975 schloss sich die Gemeinde Holzham freiwillig dem Markt Bruckmühl an. Die Gemeinde Götting wurde am 01.05.1978 im Zuge der Gebietsreform eingegliedert.

Diese erfolgreiche Entwicklungsgeschichte wollen wir in einer zeitgeschichtlichen Ausstellung in der Galerie Markt Bruckmühl mit Exponaten und Fotos aus der Gemeindegeschichte dokumentieren. Die Eröffnung der Ausstellung findet statt am 8. Dezember 2024 um 11.00 Uhr in der Galerie Markt Bruckmühl mit einer Einführungsrede von Altbürgermeister Franz X. Heinritzi. Die Ausstellung ist anschließend bis zum 19. Januar 2025 mittwochs von 14.00 bis 18.00 Uhr sowie samstags und sonntags jeweils von 11.00 bis 18.00 Uhr zu sehen. Titel: „60 JAHRE MARKTERHEBUNG – ZEITGESCHICHTLICHE AUSSTELLUNG IN DER GALERIE MARKT BRUCKMÜHL vom 08.12.24 – 19.01.25“

Eine Führungen mit Vortrag „60 Jahre Markterhebung – Bruckmühl, eine Gemeinde im Wandel“ durch Altbürgermeister Franz X. Heinritzi gibt es am  Mittwoch, 18. Dezember 2024 um 14.30 Uhr sowie am Sonntag, 5. Januar 2025 um 14.30 Uhr. Der Vortrag „Bilderbogen 1964“ von Galerieleiterin Cornelia Ahrens findet am Sonntag, 15. Dezember 2024 um 11.30 Uhr sowie am Sonntag, 29. Dezember 2024 um 11.30 Uhr und am Mittwoch, 8. Januar 2025 um 14.30 Uhr in der Galerie, Sonnenwiechser Straße 12,  in Bruckmühl statt.

Das Festprogramm

Das ganze „Triple M“-Festwochenende über, 28./29. September, begeistert der Michaelimarkt auf dem Volksfestplatz die Besucher. Bei dem Warenmarkt der Marktgemeinde Bruckmühl bieten Aussteller selbst produzierte Waren an. Das Organisations-Duo, bestehend aus Peter Kajetan Schmid und Oliver Nowotny und alle Verantwortlichen in der Gemeindeverwaltung freuen sich auf einen abwechslungsreichen Markt unter dem Motto „Flanieren und Genießen“. Auch zahlreiche Geschäfte haben im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags geöffnet. An den Marktständen bieten die Händler ihre zum Teil selbst produzierten Artikel und Waren an und so gibt es viele Kunsthandwerkstände mit verschiedenen Schmuckdesigns, Handarbeiten aus Deutschland, Südamerika und Afrika, Deko- und Geschenkartikel, Tiernahrung, Bekleidung, Lederwaren, Felle, Wärme- und Kältekissen, Edelstahlinstrumente, Körbe, Besen, Bürstenwaren und vieles mehr. Für die Kinder steht ein Karussell bereit, ein örtlicher Autohändler präsentiert seine Fahrzeuge und die AWO Bruckmühl ist mit ihrem Losestand vor Ort. Eine Attraktion ist ein Glasbläsermeister, der an seinem Stand seine Kunst live präsentiert und beispielsweise Orchideenstäbe herstellt und verkauft. Aber auch für das leibliche Wohl ist gesorgt und so werden Würste, Käse, Geräuchertes, Feinkost, Südtiroler Köstlichkeiten, Olivenöle, Gewürze, Tees, Liköre, heimischer Honig, Brot, Trockenfrüchte, Schokofrüchte, Mandeln, Kuchen, Crêpes, Waffeln, äthiopische Teigtaschen, Burger, Spanferkel-Semmeln, Leberkäs, Langos, Steckerlfisch und Fischsemmeln angeboten. Der Markt ist am Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Abends spielt dann ab 20 Uhr die Spezl-Connection in der Kulturmühle, Bahnhofstraße 10, auf. Die Band mit bekannten Gesichtern aus Bruckmühl, Vagen und Bad Aibling covert Rock-, Hardrock- und Classicrocksongs mit bisschen Pop. Die Band setzt sich  aus Klaus Kuchler (Gitarre und Gesang), Nadja Schmid (Gesang und Gitarre), Florian Altweger  (Gitarre und Gesang), Jürgen Bretz (Bass)  und Mathias Schmid (Drums) zusammen. Eintritt ist frei, Spenden erbeten. Am Sonntag, 29. September, dann ist neben dem verkaufsoffenen Sonntag  von 9 bis 16 Uhr ein „Markt der schönen Dinge“ mit selbstgefertigten Waren vor der Kulturmühle auf den Marktständen in rot-weiß. Ein vielfältiges Angebot erstreckt sich unter dem Motto „Handgmacht und Besonders“ bei den Fieranten. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Von 15 bis 16 Uhr treten die Moritatensänger auf und für Kinder gibt es Buttons, gefertigt vor Ort an der Buttonmaschine. Ab 17 Uhr findet der Festakt zur Markterhebung im Festsaal der Kulturmühle für die geladenen Gäste statt.

Marktgemeinde – was ist das?

Städte und Märkte heißen die Gemeinden, die diese Bezeichnung nach bisherigem Recht führen oder denen sie durch das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration verliehen wird. Die Bezeichnung Stadt oder Markt darf nur an Kommunen verliehen werden, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und wirtschaftlichen Verhältnissen der Bezeichnung entsprechen. Im heutigen Freistaat Bayern kann das Bayerische Innenministerium nach Artikel 3 der Gemeindeordnung eine Gemeinde zum „Markt“ erheben.

Die Bezeichnung Markt ist eine Besonderheit des bayerischen Kommunalrechts, die es zwar im benachbarten Österreich, nicht aber in anderen deutschen Bundesländern gibt. Sie hat nichts mehr mit dem Recht zu tun, regelmäßig Märkte abhalten zu können, vielmehr bescheinigt sie dem Ort eine gewisse Zentralität, eine Bedeutung für die umliegenden Gemeinden, insbesondere als Angebotsort von Dienstleistungen, aufgrund der zentralen Lage, Größe oder als Sitz von überörtlichen Einrichtungen. Damit ist ein Markt eine Zwischenstufe zwischen Gemeinde und Stadt und lässt sich folglich mit der Minderstadt vergleichen. In Bayern gibt es 386 Märkte. Im Landkreis Rosenheim mit Bruckmühl vier. Gemeinden mit Marktrecht nennt man Markt(-gemeinden), diese haben das Recht inne, welches im Mittelalter erlaubte einen ständigen Markt, einen Wochen- oder Jahrmarkt abzuhalten.

Bericht und Foto: Silvia Mischi / Markt Bruckmühl

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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