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Brenner-Nordzulauf-Protest geht weiter

Die Kreistagsfraktion der Freien Wähler zeigt sich schockiert angesichts der Entscheidung der Bahn die violetten Trasse zu verwirklichen. Wie der Fraktionsvorsitzende, Kreis- und Gemeinderat Sepp Lausch aus Großkarolinenfeld betonte, waren die Versprechungen der verantwortlichen Planer und Politiker, so viel Tunnellösungen wie möglich zu verwirklichen, nicht viel wert!

Zwischen Ostermünchen und dem Inn bei Schechen läuft die geplante Trasse auf 10km rein oberirdisch und erzeugt dabei größte Belastungen für Mensch und Natur. Auch der stellv. Landrat Sepp Hofer fordert erst eine stichfeste Bedarfsanalyse des Bundesverkehrsministeriums, da auch eine Tunnellösung hunderttausende m³ Erdbewegungen nötig macht. Sollte der Bedarfsnachweis tatsächlich einen Bedarf ergeben, was bezweifelt wird angesichts der nur 60%igen Auslastung der Bestandsstrecke, muss die komplette Trasse nördlich von Rosenheim bis zur Innquerung untertunnelt werden. Alles andere wäre eine grobe Ungleichbehandlung. Kreisrat Sepp Lausch erinnert auch nachdrücklich an den einstimmigen Kreistagsbeschluss (siehe Anhang) vom 6. Juli 2020, bei dem alle fünf Trassen wegen schwerwiegenden raumplanerischen Defiziten abgelehnt wurden. Dies gilt natürlich auch für die jetzt vorgeschlagene Vorzugstrasse.

Fraktionssprecher Sepp Lausch: „Alle die sich für eine maximale Tunnellösung ausgesprochen haben, sind aufgefordert sich auch im Rosenheimer Norden dafür einzusetzen. Ansonsten droht im Rosenheimer Land eine Spaltung in Anlieger erster Klasse mit Tunnel und Anlieger zweiter Klasse ohne Tunnel! Aber auch eine unterirdische Verknüpfungsstelle nahe Niederaudorf bezweifeln die FW, dies sei nur ein Placebo bis zu den Bundestagswahlen.“

Die Freien Wähler im Landkreis Rosenheim unterstützen auch die Aktion der Bürgerinitiativen am Samstag, 24.4. ab 14.00 Uhr zu einer Lärmwelle entlang der Trasse. „Wir rufen auch die Bürgerinnen und Bürger entlang der weggefallenen Trassen auf, gegen eine Umweltzerstörung mit ungeheuren Ausmaßen weiterzukämpfen, so Sepp Lausch. Auch Landwirte aus dem ganzen Landkreis sind zum mit machen aufgefordert, da auch die min. 100ha Ausgleichsflächen bis zu einer Entfernung von 25km von der Großbaustelle enteignet werden können. Nähere Infos gibt es unter Brennerdialog.de.

Bericht und Foto: Sepp Lausch, Fraktionssprecher der FW im Rosenheimer Kreistag

Der Kreistagsbeschluss vom 6.7.2020 im Wortlaut:

Der Kreistag fasst folgenden Beschluss:

Der Planungsraum für die fünf Grobtrassen ist im Landkreis Rosenheim aufgrund Topografie, Siedlungsdichte, Natur, Landschaft, Landwirtschaft, Tourismus und der bereits vorhandenen Infrastruktur besonders anspruchsvoll und empfindlich.

Der Brenner ist der meistfrequentierte Alpenübergang und verbindet Österreich mit Italien. Knapp 2,5 Millionen Lkw passierten den Brenner 2018, 7,4 Prozent mehr als im Jahr davor. Im Sommerreiseverkehr kommt eine Million Pkw dazu – allerdings monatlich. Über den Brenner fahren mehr Lkw als über die anderen sechs Alpenübergänge in Frankreich und der Schweiz zusammen. Der nördliche Zulauf führt durch den Landkreis Rosenheim in das besonders eng geschnittene Inntal.

Die bereits vorhandene Infrastruktur zentriert sich somit im Raum Rosenheim und wird gebündelt ins Inntal geführt. Die Flächeninanspruchnahme durch

  • Straßen (Autobahnen A8, A93, Bundes-, Staats- und Kreisstraßen),
  • Bahnlinien (München – Rosenheim, Salzburg – Rosenheim, Kiefersfelden – Rosenheim, Mühldorf – Rosenheim, Holzkirchen – Rosenheim),
  • Strom-, Gas- und Ölleitungen (TAL),

führt dazu, dass kein Spielraum für eine verträgliche oberirdische Neubautrasse bleibt.

Zudem liegen im Planungsraum eine Vielzahl von Schutzgebieten wie FFH-Gebiete, Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie Wasserschutzgebiete. Die biologische Vielfalt mit besonderem Artenschutz der Tier- und Pflanzenwelt ist sehr groß. Daher führen die fünf Grobtrassen bei der Berücksichtigung dieses einzigartigen Naturraumes zu einer besonderen Betroffenheit der Bevölkerung, der Flora und Fauna, des Tourismus sowie der Landwirtschaft im Planungsraum. Die Landwirtschaft ist nicht nur von der reinen Flächeninanspruchnahme für den Bau, sondern auch von den in diesem Stadium noch gar nicht absehbaren Ausgleichsflächen massiv betroffen. Dies würde zu einer Existenzgefährdung zahlreicher landwirtschaftlicher Familienbetriebe führen.

Der Planungsraum entlang von Inn und Mangfall hat im Landkreis Rosenheim für den Tourismus einen hohen Stellenwert. Durch weitgehende oberirdische Trassenverläufe wird das Landschaftsbild massiv beeinträchtigt und führt zu einer Entwertung sowohl der Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung als auch der Attraktivität des Tourismus.

Der Landkreis Rosenheim ist daher von allen im Raumordnungsverfahren geplanten Grobtrassen massiv betroffen. Die negativen Auswirkungen insbesondere auf die Menschen und die Natur des Landkreises Rosenheim sind erheblich.

Vor einer Realisierung des Brenner-Nordzulaufs im Landkreis Rosenheim ist deshalb der Bedarf durch den Vorhabensträger zweifelsfrei nachzuweisen.

Alle bisherigen fünf Trassen werden vom Landkreis Rosenheim aufgrund schwerwiegender raumordnerischer Defizite abgelehnt.

Unabhängig davon fordert der Landkreis Rosenheim vom Vorhabensträger, wegen der oben dargestellten besonderen Betroffenheit, erhebliche Verbesserungsmaßnahmen bei allen fünf Grobtrassen und Verknüpfungsstellen, um den Belangen der Menschen, der Natur und der Betriebe (insbesondere auch landwirtschaftlicher und touristischer Betriebe) Rechnung zu tragen.

Die Kernpunkte unserer Forderungen sind:

  • Überall wo es möglich ist, einen unterirdischen Streckenverlauf zu planen;
  • Überprüfung der Möglichkeit einer unterirdischen Lage der Verknüpfungsstellen;
  • Bei eventuell noch verbleibenden oberirdischen Trassenabschnitten einen optimalen Lärmschutz (u.a. Tieflagen in Trogbauwerken, Lärmschutzanlagen) der über das gesetzliche Maß hinausgeht;
  • Minimierung des Flächenbedarfs für den Bau, aber auch insbesondere für die notwendigen Ausgleichsflächen durch Flächeninanspruchnahme auch außerhalb des Eingriffs und damit des Landkreises Rosenheim sowie Ausschöpfung der Möglichkeit eines finanziellen Abgeltens des Ausgleichsbedarfs;
  • Die Auswirkungen während der Bauzeit – insbesondere die Materialbelieferungen der Baustelle sowie die Beseitigung des Aushubs und Abraums – auf die o.g. Schutzgüter sind besonders zu berücksichtigen. Von Seiten der Deutschen Bahn ist ein flächen- und ressourcenschonendes Konzept zum Abraummanagement des anfallenden Abraumes aus Erdbewegungen und Tunnelbohrungen vorzulegen, welches insbesondere landwirtschaftliche Flächen vermeidet und möglichst umweltschonend unter Vermeidung von Langstreckenverkehren ist.

Wir begründen unsere Forderungen mit den oben dargestellten Besonderheiten unserer Region und verweisen in diesem Zusammenhang auf die Aussagen der Bayerischen Staatsregierung, im Falle eines Ausbaus des Brenner-Nordzulaufs eine maximale Anwohnerfreundlichkeit, d h. Lärm- und Landschaftsschutz, vorrangig durch möglichst weitgehend unterirdische Streckenführung vorzusehen.

Deshalb schließen wir uns den Ausführungen des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder an, wonach der Landkreis Rosenheim nicht nur irgendeine, sondern die bestmögliche Lösung für die Region bekommen soll.

Des Weiteren verweisen wir auf den Regionalplan der Region Südostoberbayern, der den Grundsatz enthält, dass beim Bau einer Entlastungsstrecke für den Brennerzulauf -soweit technisch machbar- eine Tunnellösung angestrebt werden soll.

Darüber hinaus muss die durch den Brenner-Nordzulauf angestrebte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene in ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Weiterführung der Züge über den für die Region bedeutsamen und bereits bestehenden Knotenpunkt Rosenheim (inklusive Nah- und Fernverkehr, eingebunden in den „Deutschlandtakt“) hinaus eingebettet sein.

In diesem Sinne hält der Landkreis Rosenheim auch die Prüfung eines bedarfsgerechten Ausbaus der Bestandsstrecke für zwingend erforderlich, auch wenn dies derzeit nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens ist.

Im Übrigen weisen wir die Regierung von Oberbayern darauf hin, dass die Unterlagen zum vorliegenden Raumordnungsverfahren derzeit zahlreiche fachliche Mängel und Defizite aufweisen – auf den Antrag der Kreistagsfraktion der FW Rosenheim darf insoweit verwiesen werden – und bitten um Prüfung, ob das Raumordnungsverfahren nicht deshalb zu stoppen ist, bis diese Defizite ausgeräumt worden sind.

Abschließend bitten wir um Prüfung, ob der Abschluss des Raumordnungsverfahrens nicht so lange aufzuschieben ist, bis auch der weitere Streckenverlauf von Ostermünchen über Grafing bis München so weit planerisch abgeklärt ist, dass der Trassenverlauf zum Gegenstand eines weiteren Raumordnungsverfahrens werden kann.


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

1 Kommentar

  • Das sind Maximalforderungen, sehr teuer. Warum bitteschön soll der Norden das bezahlen? Anderswo gibt es auch Belastungen durch Verkehr. Gleichberechtigung hieße, dass auch an vielen anderen Stellen ein teurer Deckel auf einen Verkehrsweg kommt.
    Alternativ prüfe man eine Güterverkehrsstrecke mit V max 80km/h im Westen von Rosenheim. Ist billiger, auch wenn ein paar Häuser aufgekauft werden müssen.
    Wer so viele Tunnel haben will, sollte auch ein Angebot machen, was er dazu zulegen bereit ist!

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