Natur & Umwelt

AGDW: EU-Kommission setzt auf ideologisch und einseitige Vorschriften

Die Waldeigentümer sind enttäuscht von der „EU forest strategy for 2030“ der EU-Kommission, die am 16. Juli 2021 veröffentlicht wurde. So könnten keine Wälder der Zukunft geschaffen und die ambitionierten Klimaziele erreicht werden, so die Verbandsspitze der AGDW – Die Waldeigentümer. Statt die Waldeigentümer für die Umsetzung des so wichtigen Green Deal zu motivieren, setze die EU-Kommission in ihrer neuen Waldstrategie auf detailverliebte, ideologisch und einseitig geprägte Vorschriften zur Waldbewirtschaftung und Kontrolle.

„Die neue EU-Waldstrategie ist eine verpasste Chance und eine echte Enttäuschung für den gesamten Forstsektor und vor allem für uns Waldbesitzer“, sagte Dr. Ivo von Trotha, AGDW-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Europäischen Waldbesitzerverbandes CEPF. „Diese Strategie basiert mehr auf Ideologie und Emotionen als auf forstwissenschaftlichen Grundlagen und den Gegebenheiten vor Ort. Ohne die Motivation und Mitwirkung der Waldbesitzer wird es keine Umsetzung der angedachten Ideen und Maßnahmen geben – der nun vorliegende Text lässt eine solche Unterstützung nicht zu. Die zwei Millionen Waldbesitzer in Deutschland wissen um ihre zentrale Rolle bei der Erreichung der Green Deal-Ziele. Sie sind grundsätzlich zur Kooperation bereit, brauchen aber einen ganzheitlichen strategischen Rahmen, der ihre Arbeit unterstützt.“

In der neuen Waldstrategie würden die Multifunktionalität der Wälder missachtet und die bestehende erfolgreiche nachhaltige Waldbewirtschaftung in Frage stellt, so die Kritik der AGDW.  Sie sei nicht ausgewogen hinsichtlich der verschiedenen Funktionen des Waldes und lasse umfassende konkrete Maßnahmen zur Unterstützung des Forstsektors vermissen. Dadurch entstünden massive Zielkonflikte, deren Lösung auf die Waldbesitzer abgewälzt werde. Statt einen gemeinsamen Weg zu gehen, gehe es um eine ideologisch geprägte und bürokratische Einflussnahme auf den Wald nach dem „Käseglockenprinzip“. „Das ist kein ‚Green Deal‘“, so von Trotha.

Die ADGW erkennt die positiven Worte in der Strategie zur Rolle der Waldeigentümer an, vermisst aber Taten: dazu zähle eine Beteiligung der Waldbesitzer bei der Erarbeitung dieser neuen EU-Waldstrategie.

Von Trotha: „Die Waldbesitzer haben von der neuen EU-Waldstrategie erwartet, dass diese ein Koordinationsinstrument für die vielen bisher unkoordinierten waldbezogenen EU-Politiken ist. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt.“ Bereits in den letzten Wochen gab es intensive Diskussionen um die Strategie. Dabei wurden die zahlreichen Forderungen der Waldbesitzer, des Forstsektors, der Europaabgeordneten und der Mitgliedsstaaten von der EU-Kommission übergangen. Die Kommission setzte sich vielmehr über die im EU-Vertrag verankerte Kompetenzverteilung zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten hinweg. Der CEPF-Vizepräsident machte dies auch daran deutlich, dass es weder ein spezielles Kapitel zur Anpassung an den Klimawandel noch zu einer angemessenen Finanzierung gibt.

Immerhin zwei Drittel der Wälder in Deutschland befinden sich im Besitz von Familien und Kommunen. Daher könne diese Strategie nur mit Anerkennung und Respekt gegenüber denjenigen umgesetzt werden, die ihre Wälder seit Generationen pflegen, erhalten und nachhaltig bewirtschaften, so die AGDW-Spitze. „Keiner erlebt die Herausforderungen des Klimawandels seit einigen Jahren direkter als die Millionen von Menschen, die von und für den Wald leben“, sagte von Trotha. Um die Jahrhundertaufgabe der Anpassung der Wälder an den Klimawandel zu meistern, bräuchten die Waldbesitzer eine politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Unterstützung für ihre Arbeit, nicht aber eine Strategie, die noch mehr Unsicherheit schafft.

Die Detailversessenheit und die zunehmende Bürokratie der neuen EU-Waldstrategie zeige sich auch an Forderungen wie z.B. nach einem zusätzlichen Zertifizierungssystem, an der Werbung für das Natura 2000-Logo für Nichtholzprodukte, an Vorschriften zum Maschineneinsatz im Wald. Nichts davon werde der Vielfalt der Wälder zwischen portugiesischen Korkeichen und finnischen Fichten gerecht. Vielmehr würden die vielfältigen Ökosystemleistungen und der Beitrag der Wälder zum Klimaschutz untergraben. Der in der EU-Waldstrategie angekündigte neue Gesetzesvorschlag für Waldüberwachung, Berichterstattung und Datensammlung greife nicht nur massiv in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten ein, er wirft auch Fragen hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation von Daten auf.

Der gesamteuropäische FOREST EUROPE-Prozess, an dem die EU beteiligt ist, werde in Frage gestellt, da die EU-Kommission beabsichtigt, eigene vornehmlich ökologische Kriterien und Schwellenwerte für nachhaltige Waldbewirtschaftung zu erarbeiten. Ein aus Sicht der Waldbesitzer fatales Signal.

Dr. Ivo von Trotha: „Die privaten und kommunalen Waldbesitzer in Deutschland sind bereit, ihre Rolle bei der Erreichung der Ziele des Green Deal zu spielen, erwarten aber, dass sie als diejenigen, die die EU- Initiativen umsetzen sollen, bei der Entwicklung eines ausgewogenen politischen Rahmens angemessen beteiligt werden. Unser Prüfstand für die Strategie hat sieben Kriterien: Kohärenz, Partizipation, Kompetenz, Ganzheitlichkeit, Faktenbasis, Folgenabschätzung und Finanzierungskonzepte.“

Die AGDW erwartet nun viel von den Reaktionen des EU-Rates und des EU-Parlaments auf die neue Strategie, deren Positionen bisher auch nicht berücksichtigt wurden, und die bereits im Vorfeld massive Kritik am Vorgehen der EU-Kommission geübt hatten.

Die neue EU-Waldstrategie 2030 finden Sie hier: https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/communication-new-eu-forest-strategy-2030_with-annex_en.pdf.

Bericht und Foto: AGDW – Die Waldeigentümer

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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