Kultur

Die Preisträger zum Bayerischen Kabarettpreis

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Auch 2019 verleiht der Bayerische Rundfunk gemeinsam mit dem Münchner Lustspielhaus den „Bayerischen Kabarettpreis“ in vier Kategorien. Die Preise gehen in diesem Jahr an Arnulf Rating (Ehrenpreis), Alfons (Hauptpreis), Ringlstetter & Zinner (Musikpreis) sowie Christine Eixenberger (Senkrechtstarter-Preis). Die Preisverleihung findet am Montag, den 28. Oktober 2019, im Münchner Lustspielhaus statt und wird am Donnerstag, den 31. Oktober im BR Fernsehen ausgestrahlt. Urban Priol führt als Gastgeber durch den Abend.

BR-Fernsehdirektor Dr. Reinhard Scolik:

„So unterschiedlich Christine Eixenberger, Arnulf Rating, Alfons und Ringlstetter & Zinner als Bühnenpersönlichkeiten sind – sie sind alle großartig, weil sie das Ziel eint, ihr Publikum nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Denken anzuregen. Ihre Werkzeuge beherrschen sie meisterhaft: Geist, Leidenschaft, Witz, Sprache, Mimik und Gestik. Allen Preisträgern meinen herzlichen Glückwunsch!“

Annette Siebenbürger, Leitung Programmbereich Unterhaltung und Heimat:

„Sie sind der Stachel im Fleisch, ohne den es sich viele zu gemütlich machen würden, sie legen Finger in Wunden, ohne zurückzuschrecken, und strapazieren dabei ordentlich die Lachmuskeln des Publikums: Ohne Kabarettisten wäre Bayern um einiges ärmer. Der Bayerische Kabarettpreis, der 1999 zum ersten Mal vergeben wurde, zeichnet seitdem jedes Jahr die Besten der Besten aus. Für den Bayerischen Rundfunk ist es Ehre und Freude gleichermaßen, solch herausragende Bühnenpersönlichkeiten zu feiern.“

Senkrechtstarter-Preis: Christine Eixenberger

Jung, strahlend, frech – und dabei sehr bayerisch. Von Christine Eixenbergers gutem Aussehen sollte man sich nicht täuschen lassen und meinen, bei ihr gehe es um Oberflächlichkeiten. In drei Solo-Programmen hat die studierte Grundschullehrerin schon bewiesen, dass sie ebenso hemmungs- wie schonungslos austeilen und bürgerliche Befindlichkeiten aufdecken kann.

Mit großer Bühnenpräsenz, authentischer Mimik und ganzem Körpereinsatz reißt sie ihr Publikum mit. Leidenschaftlich, eloquent und temperamentvoll fegt die Schlierseerin über die Bühne, um im entscheidenden Moment die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Art einer strengen Grundschulrektorin zum Luftanhalten zu zwingen. Wenn sie dann an Kabarettbesucher Fleißbildchen verteilt, atmen alle wieder erleichtert aus. Mit präzisen Strichen zeichnet sie in den unterschiedlichsten Rollen ein kritisches Bild unserer Gesellschaft zwischen Helikoptereltern, Achtsamkeitsgetue und Selbstoptimierungswahn, in der selbstverständliche Mitmenschlichkeit viel zu häufig auf der Strecke bleibt. Christine Eixenbergers Kabarett wirkt wie ein Energieschub: Es kommt freundlich, frisch und gutgelaunt daher – und belebt Herz und Hirn dadurch umso länger.

Musikpreis: Hannes Ringlstetter & Stephan Zinner

Multitalent Hannes Ringlstetter und Nockherberg-Instanz Stephan Zinner, die seit 2012 zusammen musizieren, haben viele Gemeinsamkeiten: Das lichte Haupthaar, die Liebe zur Musik, die Freude am Umgang mit Sprache und Dialekt, große Authentizität, eine starke Persönlichkeit, die Spontaneität, einen Abend auf der Bühne ins Improvisierte rutschen zu lassen, und natürlich den Humor. Das Publikum kann immer sicher sein, dass beide all ihr Können zum Einsatz bringen und jeder Abend im Wortsinne einmalig ist.

Da wird locker geplaudert wie am Boazntresen, geblödelt und gewitzelt, sich selbst und sich gegenseitig auf die Schippe genommen, vor allem aber: musiziert. Der Titel ihres Songs „Miteinand“ wird zum Programm – mal spielen sie einzeln, meist zusammen. Vieles klingt nach Country und Folk, zwei bayerische Cowboys, die komplizierte und sprachlich anspruchsvolle Texte so singen, als sei es ein Leichtes. Einen Songtitel wie „Auch Frauen über 50 mit Zöpfen müssen irgendwann mal sterben“ so locker über die Lippen zu bringen, das muss ihnen erst einmal jemand nachmachen. Mit ihren Akustik-Gitarren schmeicheln sich Ringlstetter & Zinner oft in die Ohren der Zuhörenden ein. Da gerinnt Alltag zu Poesie, nur, um das zu Liebliche dann gleich durch Ironie und teils schwarzen Humor zu brechen. Und weil sie vor allem Musiker sind, groovt es auch in ihren Wortbeiträgen. Das lässt ihre Auftritte so improvisiert wirken, dass mancher Besucher hinterher sagt: „Wahnsinn, dass ihr einen ganzen Abend ohne Programm gestaltet!“ Was natürlich nicht stimmt, aber für sie das größte Kompliment ist.

Hauptpreis: Alfons

Schon der Name seiner Kunstfigur ist Programm: Alfons – das lässt sich zackig deutsch aussprechen mit scharfem S am Ende, aber auch weich und poetisch, wenn man die französische Variante des Namens benutzt. In diesem Spannungsfeld bewegt sich der diesjährige Hauptpreisträger. Alfons ist nach 25 Jahren, in denen er Bürgerinnen und Bürger in seiner orangefarbenen Trainingsjacke und mit einem überdimensionierten Puschelmikrofon bewaffnet um Auskunft bittet, eine Kultfigur. Wenn er auf ahnungslose Passanten trifft, sie mit diesem leicht müden, leicht melancholischen Blick und unbeholfenem, stark französischem Akzent anspricht, erwartet niemand Böses. Doch seine Fragen – und seine Fragetechnik – führen dazu, dass die Menschen schnell sich selbst und ihre Vorurteile preisgeben. Wer nicht mitdenkt, gerät in Teufels Küche.

Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Kabarettbühnen des Landes entlarvt Alfons die Absurdität des Lebens. Bereits in seinem sechsten Programm stellte er fest, dass er „jetzt noch deutscherer“ geworden ist – kein Wunder, nahm er doch 2017 neben der französischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft an. Dass das „Deutsch sein“ ihn auch nach fast 30 Jahren im Land beschäftigt und noch oft verwundert, ist erstaunlich – schließlich liegen beide Länder als direkte Nachbarn mitten in Europa. So groß können die Unterschiede doch gar nicht sein. Doch Alfons macht diese sichtbar – sie liegen für ihn etwa in den angenommenen Gegensätzen von deutschem Pflichtbewusstsein und französischem Laissez-faire. Während kleinkarierte Deutsche auf leeren Straßen an roten Ampeln warten, hat der lebenslustige Franzose in allen Lebenslagen einen Rotwein zur Hand. Alfons bedient natürlich Klischees, aber seine Analysen des geschichtlich belasteten deutsch-französischen Verhältnisses gehen viel tiefer und zeugen von einer großen, nachsichtigen Liebe zu den Menschen, egal ob sie in Deutschland oder Frankreich leben. Vielleicht hat ihn dies seine Familiengeschichte gelehrt. Denn seine Großmutter entging nur knapp dem Nazi-Terror und wusste doch, dass Hass der falsche Weg ist. Ihr Vermächtnis lebt auch in Alfons‘ Humor weiter. Er gibt keine Schenkelklatschnummern zum Besten, sondern bewegt sich sicher auf dem schmalen Grat zwischen Komik und Tragik. Dass das Lachen am Ende gewinnt, wirkt wie eine Überlebensstrategie.

Ehrenpreis: Arnulf Rating

Schicker royalblauer Samtanzug, Clownsfrisur und einen Packen zerfledderter Tageszeitungen unter dem Arm – das sind die Erkennungszeichen von Ehrenpreisträger Arnulf Rating. Der begnadete Schnellsprecher, gebürtig in Mülheim an der Ruhr, begleitet das politische und gesellschaftliche Leben in Deutschland schon seit den späten Siebzigerjahren. Am Anfang seiner Karriere trat er als Teil des Berliner Trios „Die 3 Tornados“ auf, die auf allen relevanten Demos wie in Brokdorf oder Wackersdorf ebenso zu finden waren wie in besetzten Häusern, bei Streikaktionen, in Jugendzentren und unzähligen Kneipen. Die schönste Bestätigung für ihre Arbeit waren Prozesse und Auftrittsverbote. In dieser Zeit entfaltete Arnulf Rating die ganze Bandbreite seines kabarettistischen Könnens – von albernen Spaßigkeiten über absurde Überspitzungen bis zu scharfsinnigen Analysen der bundesrepublikanischen Alltags- und Politikkultur.

Sein Spott richtet sich nie nur gegen die da oben, sondern meint das Publikum immer mit, die Wähler, die Konsumenten, die bequemen Autofahrer und Geiz-ist-geil-Sparer. „Die Leute sollen oben mit erweitertem Bewusstsein und unten mit nasser Hose herauskommen“ – das war und ist sein Anspruch an seine Bühnenprogramme. Und derer gibt es seit 1993 mittlerweile 13 verschiedene.

Arnulf Rating seziert die Behauptungen von Politik und Medien und bricht sie auf das herunter, was sich oft hinter dem marktschreierischen Gedröhne verbirgt: Verfälschungen, Überspitzungen, Panikmache und Desinformation. Er setzt die Dinge ins Verhältnis und regt die Zuschauerinnen und Zuschauer dazu an, selbst zu denken, sich ein eigenes Bild zu machen und sich nicht als blökende, willfährige Wahlherde ausnutzen zu lassen. Er betreibt Aufklärung im besten Sinne und mit dem effektivsten Werkzeug: dem Humor, der durch seinen Hintersinn immer wieder für überraschende Erkenntnisse sorgt. Arnulf Rating ist unerlässlich, wenn es darum geht, die Welt durch Klugheit etwas besser zu machen. Wie sagte er in einem Interview so schön: „Investieren Sie in Humor. Das lohnt sich. Das sage ich als eine der ältesten Rating-Agenturen in Deutschland.“

Der Bayerische Kabarettpreis

Der Bayerische Rundfunk fördert Kabarett und bietet mit der Verleihung des Bayerischen Kabarettpreises namhaften Künstlern eine Bühne und jungen Talenten ein Sprungbrett. Der Bayerische Kabarettpreis ist eine Gemeinschaftsinitiative des Bayerischen Rundfunks und des Münchner Lustspielhauses. Seit 1999 wird der Preis jährlich in vier Kategorien an Künstler aus dem deutschsprachigen Raum verliehen. Er würdigt scharfsinniges Kabarett als unentbehrlichen Spiegel unserer Gesellschaft und des aktuellen Zeitgeschehens.

Weitere Informationen gibt es unter www.br.de/kabarettpreis.

Text und Bildrechte: Bayerischer Rundfunk


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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