Wie bereits auch die vergangenen Jahre, trafen auch heuer am letzten Samstag im Oktober Mitglieder der Gartenbauvereine des Landkreises und Vertreter vom Landschaftspflegeverband zu den abschließenden Pflanzarbeiten am Hilgerhof bei Pittenhart. Der kleine Spindelgartenbereich, wo noch etwa 60 Spindeln gepflanzt wurden und im Streuobstwiesenbereich mit den Hochstämmen sind ca. 30 Bäume, insbesondere Birnen und ein Apfel, die nachgepflanzt worden, weil die Pflanzen im vergangenes Jahr noch nicht lieferbar waren, oder ausgetauscht werden mussten, so Markus Breier, der zuständige Kreisfachberater für Gartenkultur und Landschaftspflege vom Landratsamt Traunstein. Bis auf einzelne Bäume sind dann beide Gartengärten vollständig bepflanzt. Etwa 50 Helfer von Gartenbauvereinen des Landkreises, bis aus Übersee und Inzell, Mitglieder des Landschaftspflegeverbandes die sich besonders für Streuobstwiesen interessieren, bis hin zu umliegenden Landwirten und Nachbarn aus Niederbrunn waren mit Schaufel, Gießkanne, Schubkarre und ihren Arbeitsgeräten zur Stelle und haben sich ehrenamtlich für dieses tolle Projekt und den Sortenerhalt eingebracht.
Bedingt durch die vielen Mäusen letztes Jahr auftraten, wie Breier sagt, sind im Spindelgarten vermehrt Ausfälle zu vermelden. Die Mäuse haben gerade die jungen Wurzeln der Spindelbäume verletzt und die Pflanzen müssen ausgetauscht werden. Jeder Baum hat seinen Pflanzplatz, seine Nummer und alle Spindelbäume sind genetisch überprüft, was ganz wichtig ist, denn der Niederbrunner Obstgarten wird ein Reverenz- Garten und wie Markus Breier stolz berichtet und ist eine Herzkammer des Projektes. Die zweite Kammer des Herzens ist der Sortenerhaltungsgarten Höhenmoos, in der Gemeinde Rohrdorf, in dem die dieselben Spindeln gepflanzt sind und beide Gärten zusammen bilden den genetischen Fundus, auf den zukünftig zurückgegriffen werden kann, wenn es künftige Vermehrung der Bäume mit den alten Obstsorten geht.
Erfreulich war, dass bereits die allerersten Einzelfrüchte dieses Jahr geerntet werden konnten, die schon mal die Farbvielfalt der Früchte erkennen lassen. Gerade diese ersten Früchte sind noch nicht zwingend typisch für Form und Größe. Erstmal ist es wichtig, dass die Bäume Wurzeln bilden und richtig anwachsen, erzählt Markus Breier der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landschaftspflege am Landratsamt Traunstein, mit großer Begeisterung. Gerade die gepflanzten Nachzuchten werden in den nächsten Jahren intensiv beobachtet und ab 2026 soll mit begonnen werden, dass Bäume, oder auch Reiser an Streuobstwiesenbesitzer abgegeben werden.
Nach getaner Arbeit gings in den Saal im Hilgerhof, wo alle Helfer zu einer Brotzeit eingeladen waren. Von den Mitgliedern des Kulturvereines des Hilgerhofes und dem Pittenharter Gartenbauverein wurde die Bewirtung in hervorragender Weise übernommen, über Kartoffelsuppe bis hin zu frischen Apfelkiacherl kamen viele kulinarische Leckereien auf den Tisch. Die griabige Helferfeier im Saal des Hilgerhofes wurde von der Klarinetten Musi der Musikinitiative Pittenhart mit Klaus Stöcklhuber musikalisch untermalt. Vom Hausherrn und Bürgermeister Reithmeier bekamen die Gäste einiges über Historie und Nutzung des Hilgerhofes zu hören, der ja dieser Zeit sein 300. Jubiläum feiert. In einer geselligen Runde wurde des Abschluß des ersten Projektes gefeiert. Großen Anklang fand die Verkostung der verschiedenen sortenreinen Apfelsäfte, der delikaten Edelbrände und Dörrobst- Pralinen. Markus Breier freute sich über die vielen Helfer und Besucher, zu denen auch der 1. Vorsitzende des Bezirksverbandes Oberbayern für Gartenkultur und Landschaftspflege Michael Luckas und dem Geschäftsführer des LPV – Jürgen Sandner zählten, denen er für ihr Engagement und ihren Einsatz beim auslaufenden Projekt dankte und auch die Zukunft der bisherigen Arbeit mit dem Nachfolgeprojekt „Apfel-Birne-Berge 2.0“ vorstellte. Der Landkreis Traunstein wird sich auch weiterhin um den Erhalt und der Weiterverbreitung der alten Obstsorten kümmern, in dem er nicht mehr darum geht, Sorten zusammenzutragen, sondern sie zu verbreiten und wieder in der Region anzupflanzen. Schwerpunkte des neuen Biodiversitätsprojektes „Apfel-Birne-Berge 2.0“ sind neben der Wiederverbreitung der gesicherten Sorten in großer Zahl in den Streuobstwiesen der Region auch die Weitergabe von Wissen in Seminaren für Einsteiger und Fortgeschrittene, sowie eine Nachfrage nach den Früchten dieser Sorten. Ihre Vermarktbarkeit wird mitentscheidend sein für den Erhalt des Lebensraumes Streuobstwiese im Allgemeinen und der alten Regionalsorten im Besonderen. Michael Luckas war voll des Lobes über das große ehrenamtliche Engagement aus den Reihen der Gartenbauvereine um so ein tolles und nachhaltiges Projekt auf die Beine zu stellen und zu unterstützen.
In sechs oberbayerischen Landkreisen im Voralpenland, von Weilheim-Schongau bis zum Berchtesgadener Land, wurden in den vergangenen Jahren 272 unbekannte sowie sehr seltene Apfel- und Birnensorten gesichert und konnten durch Nachzucht vor dem Aussterben gerettet werden. In sechs Sortenerhaltungsgärten wurden über 600 Spindelbäume und mehr als 700 Hochstämme gepflanzt. Mit der Obstsortenarche am Hilgerhof leistet der Landkreis Traunstein dazu einen sehr bedeutenden Beitrag. Der Sortenerhaltungsgarten am Hilgerhof wird teils aus Fördermitteln des Naturschutzes und teils als Ökokonto des Landkreises Traunstein finanziert.
Bericht und Fotos: Emmy Künzner-Hingerl
Die fleißigen Helfer am Eingang des Spindelgartens
Gesamte Fläche – Streuobstwiese und Spindelgarten am Hilgerhof