Geht es uns nicht oft so: Da lebt man jahrelang an einem Ort, kennt mit der Zeit viele Leute, weiß auch wo der nächste Supermarkt, Bäcker und Metzger ist oder wo man gut essen kann. Doch über die Stadt oder Gemeinde weiß man doch nur wenig. Oder wussten Sie etwa, dass Kolbermoor seinen Namen einem kleinen Weiler zwischen Ellmosen und Großkaro verdankt?
Wir sind über eine kleine Reise in die Vergangenheit gestolpert, die etwas Licht in die Namensfindung der Stadt an der Mangfall bringt. Nachzulesen übrigens auch auf der Homepage der Stadt Kolbermoor.
Im Jahre 1858 kam ein Belgier namens Jean Cormeau in diese Mangfallwildnis und kaufte da, wo heute das Tonwerk steht, Torfgründe für billiges Geld zusammen. Er hatte im Sinn, Torf für Heizzwecke stechen zu lassen und durch dessen Verkauf Geld zu verdienen. An der Stelle, wo sich heute im Tonwerk das Litzelfelderhaus befindet, baute er ein kleines Häuschen für seine Handvoll Torfstecher. Die Torfstecherei schien ihm aber nicht gewinnbringend genug zu sein, denn bereits im darauf folgenden Jahr 1859 verkaufte er seine Torfgründe wieder und zwar an eine anonyme Aktiengesellschaft Merkel & Co. aus Nürnberg, die noch im gleichen Jahre ein Dampf-Presstorfwerk erbaute und in Betrieb nahm.
Diese Fabrik bestand aus einem Maschinenhaus, dem Pressenhaus, einem Häuschen für den Verwalter und drei Trockenscheunen, dazu kam noch 1862 ein Wirtschafts- und Ökonomiegebäude sowie ein Haus für den Betriebsleiter, das noch heute steht: Das Litzelfelder Haus im Tonwerk. Ihm hat das von Cormeau für seine Torfstecher erbaute Häuschen weichen müssen. Sonst ist vom Torfwerk Merkel heute nichts mehr vorhanden.
Die Erzeugung des Presstorfes war, an der heutigen Torffabrikationsmethode gemessen, äußerst primitiv. Mit einigen Pflügen wurde der Torfboden nach seiner Rodung aufgeackert, die Ackerkrumme zusammengerecht und in die drei Trockengerüste gefahren, von wo aus dann nach genügender Abtrocknung der Torf in die Pressen wanderte. Es waren über hundert Menschen, die damals hier ihr Brot fanden. Der größte Teil von ihnen war in der Filze beschäftigt.
Hauptabnehmer der Produktion war die Bahn. Erzeugt wurden täglich ein bis zwei Waggon Presstorf in Gestalt von faustgroßen Klumpen. Man versuchte sich um 1862 herum auch in Torfkohle, einem Gemisch aus Torf, Sägemehl und Kohlenstaub. Die Torfknödel fanden aber bei den Abnehmern wenig Anklang und so man gab deren Produktion wieder auf.
Die Eisenbahn als Hauptabnehmer sah sich, um schneller und in größerer Menge als es Fuhrwerke schaffen konnten, zu dem Torf zu kommen, veranlasst, ein Verladegleis zu bauen, das auch einen Weichensteller notwendig machte. Für diesen baute die Bahn das kleine Häuschen, das bis vor ein paar Jahren noch zwischen Bahnhof und Tonwerk steht und in dem auch der erste „wirkliche“ Kolbermoorer geboren wurde.
Merkels Arbeiter hatten, da sie aus der weiteren Umgebung stammten, einen weiten Anmarschweg zur Arbeit, der sich bei der damaligen 12- bis 14-stündigen Arbeitszeit schädigend auf die Gesundheit auswirkte. Die Bahnverwaltung sich entschloss daher, gegenüber der Merkelschen Fabrik eine Haltestelle einzurichten, aus dem Gedanken heraus, dass der ersparte Anmarschweg der Produktion von Torf zugute kommen musste. Mit Wirkung vom 15. September 1859 wurde dies Tatsache. Es hielten aber nur die Güterzüge mit Personenverkehr. Man nannte diese Haltestelle „Kolbermoor“, weil sie dem von der Firma ausgebeuteten „Kolbermoor“ gegenüber lag. Dieses „Kolbermoor“ hat seinen Namen von dem zwischen Harthausen beziehungsweise Ellmosen und Großkarolinenfeld liegenden Weiler Kolber, genannt „Schmied am Kolber“. Damit war damals der ganze Moorkomplex zwischen Fürstätt und Aibling und zwischen Kolbermoor und Großkarolinenfeld gemeint. Die Namensaufteilung dieser großen Moorfläche in Karolinenfelder-, Heufelder-, Harthauser-, Salinenfilze und Moorkultur erfolgte erst viel später nach und nach.
1863 wurde aus der Haltestelle der Bahnhof Kolbermoor mit Bahn- und Postexpedition und Lagerhalle und in den Jahren der Hochkonjunktur der Torferzeugung kam noch der Ladehof dazu, der heute vereinsamt ist.
Text: af – Bilder: Stadt Kolbermoor
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de