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Bad Aibling: Mut und Courage – „Wegschauen heißt zulassen“

Es war ein Vorfall an Pfingsten im Jahr 2007, der bei Irene Durukan vieles veränderte. Damals wachte die Aiblingerin in der Nacht durch Geschrei auf der Straße auf. Eine Gruppe Jugendlicher jagte einen Mann durch die Stadt und verprügelte, trat ihn heftig. Die heutige Stadträtin der Grünen konnte nicht anders und mischte sich ein. Sie schaffte es durch ihr Auftreten tatsächlich, die Schlägergruppe zu vertreiben und Nachbarn auf die Straße zu bringen, die dann halfen.

Monate später erkannte sie den Haupttäter auf der Straße wieder, identifizierte ihn, zeigte ihn an und sagte zudem noch vor Gericht gegen ihn aus.

Was blieb, war einerseits der Aktenzeichen-XY-Preis „Gemeinsam gegen das Verbrechen“ für Irene Durukan und darüber hinaus die Frage, warum manche Menschen in solchen Situationen helfen und andere nicht. Die Idee, einen Verein zu gründen, der Zivilcourage fördert, war geboren. 2010 war es dann so weit: „Mut & Courage Bad Aibling e.V.“ wurde ins Leben gerufen.

Mit ihrer Arbeit will Irene Durukan mit dem Vorstand und den 60 Vereinsmitgliedern andere Menschen dazu animieren, nicht wegzusehen, wenn andere in Gefahr sind. Sie wollen aber auch das Bewusstsein dafür stärken, Mut in alltäglichen Dingen zu zeigen. Ihr Credo, mit Blick auf Opferhilfe: „Nein sagen, nicht mit dem Strom schwimmen. Informieren. Hinterfragen. Meinung vertreten. Hinschauen und nicht wegschauen. Denn wegschauen heißt auch zulassen.“

Die Wurzel für Zivilcourage sind für die Vereinsgründerin Dinge wie Selbstbestimmung, Solidarität und demokratische Wertevorstellungen. „All das basiert auf der inneren Werteskala“, sagt sie. Um die Menschen zum Nachdenken zu bringen, sprechen sie und der Verein auch unbequeme Themen an. „Wir möchten da kreativ rangehen und widmen uns beispielsweise auch Fragen wie „Wieviel Angst räume ich dem Tod ein?“ Der Tod, der Teil unser aller Leben ist, ruft uns doch zu: LEBE?“

Passend dazu präsentiert Mut & Courage am 5. Mai im Hotel „Das Lindner“ einen Vortrag des Journalisten Mario Dieringer unter der Überschrift „Zehn Lektionen, die der Tod mich über das Leben lehrte.“ Für Irene Durukan hat auch das mit Mut zu tun: „Wenn man mit Gewalt zu tun hat, begegnet man auch dem Thema Sterben. In Krisensituationen schwingt die Angst vor dem Tod oft mit und macht uns irrational.“

Eine Aktion, die ihr besonders wichtig ist, geht dann am 7. Mai über die Bühne: In Feldolling bei Feldkirchen-Westerham weiht sie mit Mario Dieringer, der Sängerin Christina Ullmann, der Selbsthilfegruppe „Trauer nach Suizid“ und weiteren geladenen Gästen den dann öffentlich zugänglichen „Baum der Erinnerung – Tree of Memory“ ein. „Die Unterstützung durch die Gemeinde Feldkirchen-Westerham und das Wasserwirtschaftsamt war unglaublich.“ Der Baum der Erinnerung ist all jenen Personen gewidmet, die einen Menschen durch Suizid verloren haben. Dieser Ort soll zum „Ja – für das Leben“ motivieren. Aber auch einen ruhigen Moment für Hinterbliebene ermöglichen. Sie selbst ist auch Betroffene – vor knapp sechs Jahren nahm sich ihr Mann das Leben. Sie sagt: „Hinterbliebene von Suizid stehen oft alleine da, und bräuchten viel länger Unterstützung und Begleitung durch die Gesellschaft. Suizid ist immer noch ein Tabuthema.“

Nachdem der Verein in der zurückliegenden Corona-Zeit sehr wenig machen konnte, soll es nun 2022 wieder viele Veranstaltungen geben, die Menschen Mut und Stärke geben. Dazu gehört auch die „RESPEKT!Tour“, die übrigens auf einer Idee von Irene Durukan basiert und nun durch das Bundesnetzwerk Zivilcourage so wunderbar organisiert und umgesetzt wird.

Die Events beschränken sich jedoch nicht auf die Orte in der Region. Am 14. Mai startet die bundesweite RESPEKT!Tour 2022 – Zivilcourage in Bewegung – im Gymnasium Bad Aibling. Neben Konzerten von lokalen Bands sind auch Diskussionen, Vorträge und die Vorstellung von Projektarbeiten der Schüler rund um Themen wie Mut, Mobbing oder Extremismus, geplant. „Diese Tour soll dann bundesweit durch verschiedene Städte gehen und am 9. September in Berlin enden“ sagt  Irene Durukan, die auch im Sprecherrat des Bundesnetzwerks Zivilcourage sitzt: Dort wollen die Beteiligten den Bundespolitiker dann Forderungen des Bundesnetzwerk Zivilcourage für mehr Opfer- und Helferschutz bzw. Unterstützung übergeben.

Initiativen der Zivilgesellschaft brauchen eine kontinuierliche Unterstützung auf allen Ebenen.

Der Verein Mut & Courage Bad Aibling e.V. finanziert sich durch Mitgliedschaften und Spenden.

Text: af – Foto: re

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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