„Wir haben auch in diesem Jahr ein Programm zusammengestellt, das uns ganz langsam wieder ins richtige Leben zurückführt. Wir Trachtler machen, was den Menschen Freude bringt: singen, tanzen, plattln, Musik und Theater spielen, ein schönes Gewand anziehen, unter netten Menschen sein, alles ein Grund dafür, dass die Menschen gerne zu uns kommen und mitmachen wollen, auch wenn sie nicht hier geboren sind“. Sebastian Graf, der Vorsitzende des Gebirgstrachtenerhaltungsvereins (GTEV) „D´ Lamstoana“ Frasdorf bringt alles, was einen Trachtenverein ausmacht, in einem Satz unter. 1912 wurde der Frasdorfer Trachtenverein gegründet, „2023 feiern wir unser 111-jähriges Jubiläum zusammen mit der Freiwillige Feuerwehr Frasdorf die ihr 150-jähriges feiern kann. Wir bereiten uns gemeinsam auf die Festwochen im kommenden Jahr vor“.
„Der Verein D´ „Lamstoana“ Frasdorf hat in seiner mehr als 110 jährigen Geschichte sicherlich schon viele Herausforderungen durchlebt und immer waren es engagierte Vereinsmitglieder und Entscheidungsträger, die das Vereinsleben auch nach schweren Zeiten – wie nach den beiden Weltkriegen – wieder zum Leben erweckten und somit uns „Lamstoana“ zu dem geprägt haben, was wir heute sind: Wir sind ein intakter, aktiver und lebendiger Verein mit weit über 400 Mitgliedern!“
Zusammen mit den Vorsitzenden der umliegenden Vereine Claus Reiter vom GTEV „D´ Griabinga“ Hohenaschau, Paul Kink vom GTEV „Edelweiß“ Niederaschau, Hans Stangl vom GTEV „D´ Geiglstoana“ Sachrang und Peter Voggenauer vom GTEV „Die lustigen Wildenwarter“ und allen anderen Vereinen im Chiemgau-Alpenverband war Sebastian Graf überrascht, wie schnell und schlagartig sich in Corona-Zeiten das Geschehen in der Welt, im Dorf und im Verein änderte. „Alles was uns selbstverständlich und vertraut war, war von heute auf morgen plötzlich ganz anders“.
Schon zwei Jahre sind die meisten gemeinsamen Veranstaltungen zum Erliegen gekommen, unter erhöhten Auflagen wurden Neuwahlen in der Lamstoahalle abgehalten. Auch bei den anderen vier Vereinen wurden keine Ausschusssitzungen abgehalten, denn es galt ja die Kontakte zu beschränken. Alle Gruppierungen der Vereine, Kinder und Jugendliche, Aktive Buam und Dirndl sowie die Theatergruppen konnten bereits zu Ostern den Probenbetrieb nicht wie geplant aufnehmen, im gesamten Jahresverlauf war kein einziger Auftritt möglich. Besonders hart traf das die Kindergruppen: ein ganzer Jahrgang konnte nicht mit den Grundlagen des Plattlns und des Tanzens anfangen. „Wir hoffen, dass diese Kinder noch den Weg zu uns finden“.
Das in Reit im Winkl geplante Gaufest des Chiemgau-Alpenverbands entfiel ebenso, wie die vielen eigenen Termine der fünf Vereine. Es gab kein Waldfest in Wildenwart, kein Lindenfest in Frasdorf, kein Dorffest in Sachrang und keine Feste am Bahnhof oder im Kurpark der beiden Aschauer Vereine.
Einen besonders hohen Stellenwert nimmt bei allen Vereinen der Vereinsjahrtag zum Gedenken an die verstorbenen Vereinsmitglieder ein. Unter Beachtung der allgemeinen Regeln wurde der Jahrtag bei allen Vereinen begangen. Die „Griabinga“ gehen seit Jahren „aufs Schloss“ in die Schlosskapelle. In diesem Corona-Jahr ging der Vorsitzende Claus Reiter alleine zur Kapelle, er läutete als Gruß an alle die Glocken und die Mitglieder entzündeten zu Hause eine Kerze und gedachten der Verstorbenen. Diese Symbolik steigerte das Zusammengehörigkeitsgefühl aller und kam vor allem bei den älteren Mitgliedern gut an. Die Resonanz war sehr gut, da alle daran teilnehmen konnten, auch die, denen der Weg zum Schloss sonst zu mühsam ist.
Auch in Wildenwart und Frasdorf trafen sich die Vereinsmitglieder mit den gebührenden Abständen zu den Gedenkfeiern und zum Libera an den Kriegerdenkmälern. Doch während man sich in normalen Jahren nach dem kirchlichen Teil noch zu geselliger Runde beim Wirt trifft, war in diesem Jahr gleich nach dem kirchlichen Segen Schluss.
Alle Vereine nutzten die langen veranstaltungsfreien Zeiten, um das gesamte Inventar wieder einmal zu überholen und in Ordnung zu bringen, überflüssiges und schadhaftes Gerät wurde ausgesondert oder repariert. „Obwohl nix los war, war dauernd irgendetwas los“, fasste der Vorsitzende der „Griabinga“ Claus Reiter das vergangene Jahr zusammen. „Neun Vereinsmitglieder sind verstorben, sechs junge Dirndl und Buam konnten wir als neue Mitglieder aufnehmen“.
Wie soll das Trachtenjahr 2022 nun weitergehen? „Nach Möglichkeit sollen in Frasdorf und Aschau in diesem Jahr die schmerzhaft vermissten Maibäume aufgestellt werden“. Alle fünf Vorsitzenden sind sich darüber einig, dass längerfristige Planungen auch in diesem Jahr noch nicht möglich sind. „.Wir könnten die traditionellen Veranstaltungen der Vereine jedoch ziemlich „aus dem Stand heraus“ durchführen, seien es Preisplattln, Vereinsfeste oder Sängertreffen; sollte das wieder möglich sein, werden wir es kurzfristig bekannt geben“. Das Gaufest 2022 des Chiemgau-Alpenverbands ist in Schleching geplant, das Gaufest des Gauverbands I soll beim GTEV Bad Endorf stattfinden. „Hoffen wir, dass sich die derzeitige Situation entsprechend entspannt und die Durchführung möglich ist, nachdem auch heuer bereits ähnlich große Feste der Trachtler, der Veteranen- und der Schützenverbände in der Region abgesagt wurden“.
Ein besonderes Schmankerl hat Claus Reiter für seine Mitglieder noch parat: „Der GTEV „D´ Griabinga“ Hohenaschau will sich anlässlich des 140jährigen Gründungsjubiläums um die Ausrichtung des Gaufestes 2024 in Hohenaschau bewerben. Obwohl bis dahin noch ein paar Jahre Zeit sind, beginnen die Vorarbeiten zu einem so großen Vorhaben bereits in absehbarer Zeit“.
Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg
