Tourismus

TOM: Tourismus und Ehrenamt

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Der Tourismusverband Oberbayern-München (TOM) informiert: Menschen im Ehrenamt leisten täglich unverzichtbare Arbeit. Ihr Einsatz ist ein Grundstein für den touristischen Erfolg Oberbayerns, doch diese Realität bleibt oft unsichtbar. Kuchenverkäufe gegen Mini-Spenden und Pöbeleien gehören zum Alltag vieler Ehrenämtler. Wie stark Außenwahrnehmung und Realität auseinanderdriften, zeigten die Berichte der Podiumsteilnehmer:innen am 09. Dezember in Bad Tölz. Gleichzeitig formulierten sie, was sie sich vom Tourismus wünschen.

Oberbayerischer Tourismus ohne Ehrenamt: nicht machbar
Ehrenamtliche leisten unverzichtbare Arbeit für die Sicherheit und Qualität des Outdoor-Tourismus. Wanderwege, Rettungseinsätze und Naturschutzmaßnahmen: Einheimische und Millionen von Tourist:innen pro Jahr profitieren davon, doch oft bleibt diese Arbeit unsichtbar. Es fehlt an Verständnis, Wertschätzung und Unterstützung – das machte die Podiumsdiskussion „Tourismus ist Ehren(amts)sache“ deutlich.

Ehrenamt als Rückgrat des Tourismus
Initiiert von Tourismus Oberbayern München e.V. (TOM e.V.), kamen Vertreter:innen der Bergwacht Bayern, des Alpenvereins München & Oberland, der Wasserwacht und der DLRG zusammen, um Einblick in den Ehrenamtsalltag zu gewähren. Gemeinsam setzten sie ein starkes Zeichen für mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung ehrenamtlicher Leistungen.
„Tourismus in Oberbayern wäre ohne Ehrenamt so nicht erlebbar“, betonte Oswald Pehel, Geschäftsführer von TOM e.V. „Tourismus ist sehr breit gefächert und der Erfolg besteht nicht nur aus reinen Übernachtungszahlen – deswegen muss man ihn vielseitig denken, so vielseitig wie die unterschiedlichen Ehrenämter selbst. Das Ehrenamt braucht eine größere Plattform und wir brauchen gesamtgesellschaftlich mehr Bewusstsein für die harte und wichtige Arbeit, die dort Tag für Tag – in der Freizeit der ehrenamtlichen Helfer:innen für unser Freizeiterlebnis – geleistet wird.“

„Mit dem Boot auf dem See rum schippern“ – Wahrnehmung und Realität driften auseinander
Ehrenamtliche Rettungskräfte kämpfen nicht nur mit ihren Einsätzen, sondern oft auch mit Vorurteilen. „Viele sehen uns als ‚Spaßbremsen‘, wenn wir bei Einsätzen einen Weg sperren müssen,“ erklärte Sophie Hoffmann von der Wasserrettung der DLRG Pöcking-Starnberg. Die DLRG ist die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. „Oder sie beschimpfen uns als Rowdys, wenn schnelle Fahrten bei Rettungseinsätzen notwendig sind“, ergänzte Oliver Jauch von der Kreiswasserwacht Starnberg. Dabei wünsche man sich etwas mehr Dankbarkeit für den Einsatz in der Freizeit.
Auch die Bergwacht berichtet von den Herausforderungen: „Unsere Arbeit ist eine Verbindung aus Fachwissen und Leidenschaft. Aber sie erfordert immense zeitliche und finanzielle Ressourcen – oft auf Kosten anderer Lebensbereiche“, hob Johannes Kuntze-Fechner von der Bergwacht Bad Tölz hervor. 15 Diensttage pro Jahr an den Wochenenden, wöchentliche Abendtrainings und 30 bis 50 Einsätze mit rund zwei Stunden Einsatzzeit: „Da braucht man keine anderen Hobbys mehr,“ scherzt er.
Dennoch gibt es auch Lichtblicke: Dankbarkeit, Respekt und die Kameradschaft untereinander motivieren viele Ehrenamtliche, sich weiterhin einzubringen.

Wertschätzungskampagne 2025 geplant
TOM e.V. kündigte eine Wertschätzungskampagne für 2025 an, die unter anderem auch Ehrenamtliche sichtbarer machen und die Gesellschaft stärker für ihre Bedeutung sensibilisieren soll. „Ehrenamt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Oswald Pehel.
„Jeder kann dazu beitragen – ob durch Spenden, Mitgliedschaften oder eigenes Engagement“, ergänzte Manfred Zink vom Alpenverein München & Oberland. Der Alpenverein sorgt für sichere Wanderwege und Naturschutz in Alpingebieten und ist nach dem FC Bayern München der zweitgrößte Sportverein der Bundesrepublik.

Die 112 ist keine Service-Hotline: Respekt und Eigenverantwortung im Tourismus
„Die Gäste müssen sich fragen: Kann ich meine Aktivitäten sicher ausüben? Wie verhalte ich mich rücksichtsvoll? Kenne ich die Wetterlage?“, betonte Sophie Hoffmann. Eigenverantwortung jedes Einzelnen sei essenziell.
Volker Eisele, Vorstand der Stiftung Bergwacht, betonte: „Den Leuten muss bewusst sein, welche Kette sie auslösen, wenn sie den Notruf wählen. Das sollte nicht leichtfertig geschehen.“
Das deckt sich mit der Einschätzung seines Kollegen Roland Ampenberger: „Der Berg ist eine andere Welt als die Kletterhalle. Die Erwartungshaltung der permanenten Verfügbarkeit wird aber mit in den Outdoor-Bereich getragen: Das durch Starkregen abgerutschte Wanderwege nicht in einem Tag wieder instandgesetzt sind, versteht bei weitem nicht jede:r.“
Oswald Pehel bestätigt: „Erlebnisqualität ist eine Aufgabe für jede:n von uns. Wir müssen die Natur einerseits zugänglich halten, aber eben auch die Tourist:innen noch stärker sensibilisieren.“

Klimawandel, Social Media und Digitalisierung: Außendruck verändert das Ehrenamt
„Weniger Schnee in den Bergen bedeutet weniger Skitourismus, aber mehr Schneeschuhwanderungen. Das hat unter anderem auch Einfluss auf unsere Kursangebote, aber auch auf das Verhalten der Bergsportler im Gebirge“, erklärte Manfred Zink vom Alpenverein München & Oberland.
Auch die Bergwacht sieht deutliche Veränderungen: „Wir haben Lawineneinsätze im September und Wanderer in kurzen Hosen im Dezember“, so Kuntze-Fechner. Hinzu kommen Gäste, die aufgrund von Social-Media-Trends entlegene Orte aufsuchen, oft ohne entsprechende Erfahrung.
„Wir verzeichnen wegen des sich ändernden Klimas ebenfalls mehr Einsätze, denn die Gäste kommen früher und bleiben länger“, sagt Sophie Hoffmann vom DLRG.
Andererseits nutzen die Organisationen selbst die neuen Medien, um ihre Zielgruppen zu erreichen: unter anderem auch den dringend benötigten Ehrenamts-Nachwuchs. Fluch und Segen zugleich also. Auch hier gälte als Maxime in Richtung Tourismus, Bewusstsein und Sensibilisierung der Reisenden zu schaffen, indem durch authentische Bilder und gut recherchierte Inhalte ein respektvoller Umgang mit den Bergen und Seen in den Vordergrund rückt.
TOM e.V. tut dies bereits an vielen Stellen: zum Beispiel mit dem eigens entwickelten Ausflugsticker, der Dank Echtzeit-Auslastungsdaten Besucherströme smart lenken und touristische Hot Spots entlasten soll. Auch Initiativen des Alpenvereins München & Oberland setzen mit dem Bergbus oder den neu ins Leben gerufenen Mitfahrbankerln im Bereich der Mobilität an.

Kuchenverkauf reicht nicht: Ehrenamt benötigt viel Unterstützung
Bei der Führung durch das weltweit einmalige Trainings- und Simulationszentrum in Bad Tölz demonstrierte Volker Eisele eindrucksvoll, wie aufwendig die Ausbildung und wie vielseitig die Einsätze von Ehrenamtlichen sind.
„Der Betrieb des Zentrums für alle bayerischen Einsatzkräfte der Blaulichtorganisationen gelingt Dank der umfangreichen Förderung durch den Freistaat Bayern. Dennoch ist auch hier die Stiftung Bergwacht auf zusätzliche Mittel, durch Partnerschaften und Zuwendungen für die Finanzierung der Gesamtkosten angewiesen“, so Eisele.
Spenden und Fördermitgliedschaften sind eine wichtige Finanzierungsquelle der Bergwacht Bereitschaften vor Ort. Die unmittelbaren Unterstützungen aus dem lokalen Tourismus durch Bahnbetriebe oder der Hotellerie helfen hier ebenfalls weiter. Denn der Kuchenverkauf allein ist nicht ausreichend, um einen sicheren und qualitativ hochwertigen Ausbildungsstandard und den laufenden Betrieb zu sichern.

Gemeinsam in die Zukunft
Tourismus Oberbayern München e.V. hat sich mit der Veranstaltung klar positioniert: Ehrenamt und Tourismus gehen Hand in Hand. Die Diskussion unterstrich die Bedeutung einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, um Ehrenämter zu fördern und die Erlebnisqualität für Tourist:innen und Einheimische gleichermaßen zu sichern.

Bericht und Foto: Tourismusverband Oberbayern-München


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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