Gesundheit & Corona

Krisenhilfe in rund 120 Sprachen der Welt

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Farsi, Dari oder Chinesisch: Beim Krisendienst Psychiatrie Oberbayern rufen immer wieder Menschen an, die eine – aus regionaler Sicht – seltene Sprache sprechen. Dank eines Übersetzungsdienstes kann die Leitstelle künftig Anrufenden, die nicht deutsch sprechen, mit kompetenter Krisenhilfe zur Seite stehen. Je nach Bedarf ist es möglich, Dolmetscherinnen und Dolmetscher für derzeit rund 120 Sprachen zuzuschalten. Der Krisendienst ist rund um die Uhr unter 0800 / 655 3000 kostenfrei erreichbar.

Der Krisendienst kann jetzt Menschen in seelischer Not unterstützen, für die es bisher kaum Hilfsangebote gab“, sagte Bezirkstagspräsident Thomas Schwarzenberger. „Das ist gerade in Zeiten mit weltweiten Konflikten, wie wir sie aktuell erleben, von größter Bedeutung. Viele Geflüchtete sind durch Flucht- oder Kriegserlebnisse traumatisiert. Dank des Übersetzungsdienstes kann die Leitstelle nun sehr vielen Menschen in deren Muttersprache sachkundig zur Seite stehen. Es freut mich besonders, dass der Dolmetscherdienst nicht auf künstlicher Intelligenz basiert ist, sondern mit Menschen für Menschen arbeitet. Das ist ein wichtiger Schritt für den Abbau von Barrieren.“

Dolmetscherinnen und Dolmetscher in der Regel in 90 Sekunden zugeschaltet

Die Leitstelle des Krisendienstes Psychiatrie Oberbayern hatte den Übersetzungsdienst seit Sommer 2022 erprobt. Das Unternehmen verfügt über einen Pool von Übersetzerinnen und Übersetzern für aktuell rund 120 Sprachen. Das Angebot wird laufend weiter ausgebaut. Beim Anruf einer Person, die kein Deutsch spricht, kann die Leitstelle in der Regel innerhalb von 90 Sekunden muttersprachliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher zuschalten. Erreichbar ist der Krisendienst Psychiatrie Oberbayern unter 0800 / 655 3000 jeden Tag rund um die Uhr.

  „Auf Knopfdruck Übersetzungsprofi in der Leitung“

„Es ist für unsere Mitarbeitenden eine enorme Erleichterung, dass sie sich jetzt mit fast allen Anrufenden verständigen können“, erzählt Dr. Petra Brandmaier, die ärztliche Leiterin der Leitstelle. „Das neue System ist enorm flexibel, und wir haben quasi auf Knopfdruck einen Übersetzungsprofi in der Leitung. Und es gibt keinen langen Vorlauf für Planung und Organisation.“ Die schnelle Verfügbarkeit ist aus Sicht der Psychiaterin besonders wichtig, da Hilfe bei akuten Krisen meist keinen Aufschub erlaubt. Im Zeitraum von Januar bis August 2023 wurde der Dienst in Oberbayern 111-mal in Anspruch genommen. Die wichtigsten Sprachen waren dabei Ukrainisch mit 17 und Englisch mit 16 Anrufen, gefolgt von Russisch (13), Kroatisch (9) und Chinesisch (7). Insgesamt wurden Übersetzungen für 23 verschiedene Sprachen angefordert – darunter Dari, die in Afghanistan gesprochene Variante des Persischen, und Urdu, die Amtssprache Pakistans, aber auch viele verbreitete europäische Idiome (Liste der Sprachen: www.krisendienste.bayern/mental-health-support-in-over-120-languages/).

Großer Schritt Richtung Barrierefreiheit

Auch in den oberbayerischen Regionen stößt die Möglichkeit fremdsprachlicher Beratung auf Begeisterung. „Wir haben uns in der Geschäftsstelle für 2023 Barrierefreiheit zum Ziel gesetzt. Durch die Zusammenarbeit mit dem Übersetzungsdienst haben wir einen großen Schritt in diese Richtung gemacht“, sagt Anna Moosheimer, Sprecherin der Gebietskoordinationen des Krisendiensts Psychiatrie Oberbayern. „Unser Netzwerk meldet uns im persönlichen Kontakt bereits zurück, wie wertvoll diese Möglichkeit ist. Es gelingt uns dadurch, weitere Lücken im System zu schließen – wenn auch vorerst nur telefonisch.“  Den Übersetzungsdienst nutzen künftig die Krisendienste Bayern (www.krisendienste.bayern) in ihrer Gesamtheit. Die Kosten für das Zusatzangebot erstattet das Bayerischen Gesundheitsministerium. Die Krisendienste Bayern erfüllen damit eine Vorgabe des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes, das eine barrierefreie Erreichbarkeit der ersten Hilfe in seelischer Not verlangt.

Bericht und weitere Informationen: www.bezirk-oberbayern.de  –   Foto: Andrea Major    

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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