Mit einem großen Festgottesdienst im Waldpark feierte der Krieger-, Veteranen- und Kamaradschaftsverein Nußdorf beim Bezirkstreffen der Veteranenvereine im Landkreis Rosenheim sein 150-jähriges Jubiläum. Schirmherrin der Veteranen-Festtage ist Bürgermeisterin Susanne Grandauer.

Kirchenzug, hier mit der Musikkapelle Neubeuern, dahinter scheint das Festzelt hervor …

91 Fahnen der Ortsvereine und der Soldatenkameradschaften aus dem ganzen Landkreis Rosenheim umstanden den Altar, unter den vielen Ehrengästen befanden sich Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, der Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner, Landrat Otto Lederer und Bezirksrat Wast Friesinger sowie der Nußdorfer Altbürgermeister Johann Dettendorfer. Aus Ingolstadt vom Gebirgsbataillon 8 wurde Oberstabsfeldwebel Thomas Seubert mit dem Ehrenzug der Bundeswehr besonders begrüßt, aber auch das Ehrenmitglied Josef Fischer sen. als letzter lebenden Krieger im Alter von 97 Jahren. Die Messe wurde zelebriert von Pfarrer Christoph Rudolph.

Krieger-, Veteranen- und Kameradschaftsverein Nußdorf feiert 150-jähriges Jubiläum

Es war im Jahre 1873 gewesen – der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 war gerade erst überstanden – da hatten Männer, die alle gottlob wohlbehalten aus dem Krieg wieder in ihre Heimat Nußdorf zurückgekehrt waren, den Verein gegründet. Heute, nach 150 Jahren wird der Verein vom Urenkel des damaligen Gründers weitergeführt, nämlich vom ersten Vorstand Georg Mayer. Es war dessen Urgroßvater, der 1873 mit seinen Kameraden den Verein gründete.

Bereits am 30. Juli 1871 dankten sie Gott in einem feierlichen Gottesdienst und an Silvester 1871 in einer feierlichen Prozession nach Kirchwald und durch das Anbringen eines Votivbildes in der dortigen Marienkirche für ihre unversehrte Rückkehr.

Krieger-, Veteranen- und Kameradschaftsverein Nußdorf feiert 150-jähriges Jubiläum

Fahnen von 91 teilnehmenden Vereinen

Auf diesen Krieg blickte Landrat Otto Lederer in seinem Grußwort zurück, denn es war einer der ersten Kriege, die im industriellen Zeitalter stattfanden: „Neue Waffen kamen zum Einsatz, welche die Grausamkeit und Brutalität einer solchen Auseinandersetzung potenzierten. Rund 190.000 deutsche und französische Soldaten starben und weit über 200.000 wurden verwundet. Einen Sozialstaat gab es nicht. Und so blieben die Verwundeten und Verkrüppelten, einschließlich ihrer Familien ohne Unterstützung. Doch die Gemeinschaft in den Vereinen half, das Erlebte zu verarbeiten und die unsichere Gegenwart und Zukunft zu ertragen.“ Und weiter mahnte Otto Lederer, seit Gründung des Krieger- und Veteranenvereins Nußdorf am Inn gab es zwei Weltkriege und auch der Überfall Russlands auf die Ukraine zeige, dass der für die meisten von uns gewohnte und geschätzte Friede und die mindestens genauso wichtige Freiheit in Europa keine Selbstverständlichkeiten sind.

Ausstellung im Festzelt dokumentiert die Auswirkungen der Kriege auf Nußdorf

Die Bürgermeisterin von Nußdorf und Schirmherrin der Jubiläumsfeierlichkeiten, Susanne Grandauer, begrüßte an diesem Festtag besonders auch die Vertreter der französischen Partnergemeinde Camblanes et Meynac, einer kleinen Gemeinde in der Gironde, im Südwesten Frankreichs, unweit von Bordeaux. Die Bürgermeisterin hob zudem die Ausstellung hervor, die im Festzelt im Rahmen des Jubiläums gestaltet wurde.

Ausstellung im Festzelt dokumentiert die Auswirkungen der Kriege auf Nußdorf

Diese Ausstellung dokumentiere sowohl die großen weltpolitischen Auswirkungen als auch die konkreten Effekte auf Nußdorf. Sie zeige Soldatenleben und Soldatensterben sowie Flucht und Vertreibung bezogen auf bekannte Nußdorfer Familien.

Kranzniederlegung beim Festgottesdienst

So mache die Ausstellung das unfassbare Leid auch für jene greifbar, die den ersten und Zweiten Weltkrieg lediglich aus dem Geschichtsunterricht kennen und berühre die Besucher dadurch zutiefst.  Doch da dieser Festtag an Muttertag stattfindet, hat die Schirmherrin an das Schicksal der Frauen in den beiden Weltkriegen erinnert, der Frauen, die ihre Männer und der Mütter, die ihre Söhne verloren haben. Solch unermessliches Leid möge das Europa der Zukunft uns allen ersparen. Dabei spricht die Bürgermeisterin immer wieder von Europa, von der europäischen Union, denn ohne Europa, kein Frieden, betonte sie. Dabei geht es ihr um die politische Bedeutung des Festtages: Die Verantwortung vor unserer Geschichte kenne keinen Schlussstrich, habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einmal gesagt, denn erinnern heißt stets auch kämpfen für die Demokratie. Oder im Sinne von Jean-Claude Juncker, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission: „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!“

Festgottesdienst im Waldpark, in der ersten Reihe die Ehrengäste

Wie Pius Graf, Obmann der Interessengemeinschaft der Krieger- und Veteranenvereine sowie der Soldatenkameradschaften im Landkreis Rosenheim in seinem Grußwort sagte, wäre es nicht selbstverständlich, dass wir seit über 80 Jahren in Friede und Freiheit lebten. Es wäre auch das Ergebnis eines steten Gedenkens und Erinnerns an die Opfer von Krieg und Gewalt, Terror und Vertreibung, wie es die Veteranenvereine seit Ende des Krieges alljährlich in den Gemeinden abhalten.

In der Ehrenkutsche sitzt Pfarrer Christoph Rudolph (re), Landrat Otto Lederer und Bürgermeisterin Susanne Grandauer, dahinter laufen Bezirksrat Wast Friesinger sowie Pius Graf, Obmann der Interessengemeinschaft der Krieger- und Veteranenvereine.

Die Blaskapelle Nußdorf unter Leitung von Sepp Maurer umrahmte den Festgottesdienst musikalisch. Der große und eindrucksvollen Festzug vom Wald – Gottesdienst zurück durch den Ort Nußdorf ins Festzelt, wurde angeführt von weiteren Blaskapellen aus Flintsbach, Neubeuern und Samerberg sowie 91 Fahnenabordnungen der Veteranen- und Ortsvereine, die mit vielen Mitgliedern teilnahmen. Den Ausklang bildete ein Beisammensein mit den Grußworten der Ehrengäste und mit Mittagessen im voll besetzten Festzelt.

Blick ins voll besetzte und aufwendig geschmückte Festzelt

Am heutigen Montag klingen die Festtage des Verteranenvereins mit einem Kesselfleischessen aus. Die großen Feierlichkeiten in Nußdorf sind damit noch nicht vorbei. In der Zeit vom 17. bis 22. Mai 2023 steht Nußdorf am Inn ganz im Zeichen der Musik. Neben dem 57. Bezirksmusikfest Inn-Chiemgau steht das 160-jährige Jubiläum der Musikkapelle Nußdorf auf dem Programm. Das 57. Bezirksmusikfest des Musikbundes von Ober- und Niederbayern ist am Sonntag, 21. Mai. Dieses beginnt um 9 Uhr mit einem Kirchenzug zum Gottesdienst im Waldpark. Im Anschluss findet ein großer Festzug durch Nußdorf mit rund 30 Musikkapellen, vielen Vereinen und Festwagen statt (Festprogramm hier).

Einen 2. Bilderbogen des Festtages finden Sie hier.

Text & Fotos: Rainer Nitzsche









Redaktion

Rainer Nitzsche

Als Webseiten-Entwickler bin ich für die Gestaltung und den technischen Betrieb dieser Plattform verantwortlich und versuche, die Seite ständig aktuell und zeitgemäß zu halten.

Als Reportage-Fotograf möchte ich mit wenigen Bildern wiedergeben, was als geschriebener Text vielleicht Bände füllen würde. Es geht um Ereignisberichte in Bildern. Es gilt, schrittweise und in den richtigen Momenten Entwicklung und Ablauf von Ereignissen festzuhalten, die schließlich in einem Höhepunkt gipfeln. Das bedeutet, meine Fotografien sind sehr oft weniger formell und zeigen den Charakter der Menschen eher in einer pose-freien, authentischen Weise, die nicht inszeniert ist.
Mehr Fotos finden Sie auch auf meiner Webseite unter www.rainernitzsche.de

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