Nachhaltige und umweltfreundliche Energie. Was heute ein geflügeltes Wort ist und die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen im ganzen Land beherrscht, war auf dem Samerberg schon vor über 100 Jahren völlig normal. So lange schon – genauer gesagt seit 1920 – erzeugt die 1919 gegründete Elektrizitätsgenossenschaft Samerberg u.U.e.G.Strom aus Wasserkraft. Damals entstand am Zusammenfluss des Floderers mit der Ache ein kleines Kraftwerk, das das Gefälle des Gebirgsbaches optimal nutzte.Was in Gernmühle mit zwei Turbinen begann, ist im Laufe der Jahrzehnte gewachsen. 1930 konnte die Genossenschaft das Kraftwerk Sägmühl erwerben, 1946/47 wurde die Anlage Mühltal errichtet.   So konnte der steigende Strombedarf der Samerberger weiterhin aus heimischer Produktion gedeckt werden. Mittlerweile laufen in den drei Anlagen sechs Turbinen, die eine Gesamtleistung von 662 kW haben.

„Bis in die 60er Jahre betrieb die Genossenschaft eigenverantwortlich ihr Leitungsnetz und versorgte den Samerberg mit Strom“ sagt Johann Piezinger, seit 2018 erster Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft. 1962 vereinbarte sie mit den Isar-Amperwerken den Verbund mit deren überregionalem Versorgungsnetz. Bei ungünstigen Bedingungen mit wenig Wasser konnte die EG von da an aus dem Überlandnetz auch Strom beziehen. Seit Ende der 60er Jahre speisen die drei E-Werke der Genossenschaft jährlich zwischen zwei und zweieinhalb Millionen Kilowattstunden klimaneutral erzeugten Strom in das öffentliche Netz ein. Damit kann man rund 500 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit elektrischer Energie versorgen.

Den Genossenschaftsmitgliedern ist dabei eines klar: Reich werden kann man mit der jährlichen Dividende nicht, Idealismus und Tradition spielen eine große Rolle. Die Stromerzeugung mit Wasserkraft ist stark von der Witterung abhängig: Trockene Sommer mit kurzzeitigem Starkregen und schneearme Winter ohne Schmelzwasser im Frühjahr machen auch der Samerberger Elektrizitätsgenossenschaft zu schaffen. „Wenn der Bach wenig Wasser führt, dann geht auch die Leistung zurück“, erklärt Piezinger. Die Aufzeichnungen der vergangenen Jahre lassen deutlich erkennen, dass sich der Klimawandel auch in den Alpen bemerkbar macht.

Die jährlichen Einnahmen aus dem Stromverkauf werden reinvestiert, um die Anlagen zu erhalten und zu modernisieren. So musste die älteste Turbine im E-Werk Gernmühle, die über 100 Jahre im Einsatz war, vor kurzem ersetzt werden. Piezinger: „Unsere Anlagen und Maschinen sind gut in Schuss. Mitmoderner elektronischer Technik können wir die Anlagen rund um die Uhr überwachen und in kritischen Situationen, beispielsweise bei drohenden Unwettern sehr schnell eingreifen.

Trotz ständig steigender Nachfrage nach umweltfreundlich gewonnener Energie: Die Samerberger E-Werke sind heute nicht anders als vor hundert Jahren vom Wetter abhängig und können ihre Kapazitäten nicht beliebig erhöhen. Überlegungen, weitere Gewässer einzubinden, wurden Mitte des 20. Jahrhunderts mehrfach angestellt und als undurchführbar wieder verworfen. Wir sind und bleiben vom Bach und von der Regenmenge abhängig“, betont Piezinger. Deshalb ist es ihm auch ein großes Anliegen, bei der Bevölkerung die Wertschätzung von Energie zu fördern. Sein Appell: „Das ist ein kostbares Gut und man sollte sich stets vor Augen führen, dass Energie nicht selbstverständlich ist. Darum sollte man sparsam und sorgsam damit umgehen.“

Text: af

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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