Natur & Umwelt

Auszeichnung: UN-Dekade-Preis für Nationalpark Berchtesgaden.

Veröffentlicht von Günther Freund

 Eine Jury von Bundesumweltministerium (BMUV) und Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat das Projekt „Wiederherstellung von naturnahen Wäldern im Nationalpark Berchtesgaden durch natürliche Störungsdynamik“ als Gewinnerprojekt des UN-Dekade-Projektwettbewerbs ausgewählt. Pro Wettbewerbsrunde erhalten nur drei herausragende Projekte zur Wiederherstellung, Erhaltung oder Pflege von Ökosystemen diese besondere Auszeichnung. Sabine Riewenherm, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz in Bonn, überreichte den Preis auf den Tag genau am 45-jährigen Nationalparkjubiläum (1. August) im Nationalparkzentrum „Haus der Berge“ an projektbeteiligte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nationalparks.

„In den vergangenen 45 Jahren hat sich der Nationalpark Berchtesgaden zu einem Paradies der Artenvielfalt und zu einem hochalpinen Sehnsuchtsort entwickelt. Der UN-Dekade-Preis, den die Nationalparkverwaltung heute erhält, ist die Konsequenz der hervorragenden Arbeit aller Beteiligter“, lobte Dr. Christian Barth, Amtschef im Bayerischen Umweltministerium, die positiven Entwicklungen seit der Nationalparkgründung. Vor 45 Jahren erhielt die Nationalparkverwaltung den Auftrag, naturferne, fichtendominierte Wälder in der Pflegezone wieder zu natürlichen Waldgesellschaften zu entwickeln. Laut Vegetationskartierung stellt der Bergmischwald, bestehend aus Buche, Tanne, Fichte und vielen weiteren Mischbaumarten, die natürliche Waldzusammensetzung der Pflegezone dar. Durch eine historisch bedingte Übernutzung der Wälder im Zuge der Salzgewinnung in Kombination mit überhöhten Schalenwildbeständen kam es über Jahrhunderte gebietsweise zu einer fast vollständigen Entmischung der ehemals laubbaum- und tannenreichen Wälder. So beträgt der Fichtenanteil in der Pflegezone heute rund 65 Prozent, in manchen Gebieten bis 95 Prozent. Ziel der seit 1987 durchgeführten Maßnahmen der Nationalparkverwaltung ist es, naturnahe, standortgerechte Bergmischwälder durch waldbauliche Maßnahmen und Wildbestandsregulierung wiederherzustellen. Seit Beginn der Wiederherstellungsmaßnahmen wurden in der Pflegezone rund 1,3 Millionen Buchen und Tannen gepflanzt, stets begleitet durch eine konsequente Wildbestandsregulierung. Heute folgen die Wiederherstellungsmaßnahmen der natürlichen Walddynamik: Durch Windwurf oder Borkenkäfer auf natürliche Weise entstandene Lücken im Kronendach liefern die Ansatzpunkte für den Waldumbau durch die Nationalpark-Revierleiter. So nutzt die Wiederherstellung naturnaher Bergmischwälder die natürlicherweise auftretenden Ökosystemprozesse. Die aktuelle Waldentwicklung der Pflegezone erfolgt damit auf rund 2.700 Hektar weitgehend im Einklang mit dem Nationalpark-Motto „Natur Natur sein lassen“ und spiegelt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Walddynamik wider.

BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm stellte in ihrer Laudatio vor rund 50 geladenen Festgästen im Nationalparkzentrum „Haus der Berge“ neben dem engagierten Einsatz des Nationalparks für die Wiederherstellung von Waldökosystemen auch die vielfältigen Kooperationen und die Zusammenarbeit in der Region heraus: „Natur umgibt uns alle und geht uns alle an. Und Naturschutz braucht Unterstützung, Engagement und aktive Partnerschaften, um erfolgreich sein zu können. All das ist hier in Berchtesgaden vorhanden. Besonders hat mich zudem das Konzept zur Wildbestandsregulierung als Grundlage der Waldentwicklung überzeugt“. In seinem Vortrag stellte Nationalparkleiter Dr. Roland Baier den großen Gewinn für die Natur heraus: „Hier können nun zusätzlich Waldstrukturen entstehen, die die natürliche Walderneuerung wie auch die Artenvielfalt gleichermaßen begünstigen“. Anlässlich des 45. Geburtstages bedankte sich Baier für die sehr guten Rahmenbedingungen und das klare Bekenntnis zur Ausrichtung des Nationalparks. Die Auszeichnung verdeutlicht laut Baier den Wert des Nationalparks und seiner Naturschutzphilosophie für Zukunftsthemen der Menschheit wie dem Artenschutz und der Wiederherstellung von Ökosystemen. Anschließend stellte Nationalpark-Forschungsleiter Prof. Rupert Seidl die Waldumbau-Strategie des Nationalparks in den Kontext von aktuellen Forschungsergebnissen zur Walddynamik: „Störungen sind der Motor der Erneuerung in unseren Wäldern. Wind und Borkenkäfer wirken als Katalysatoren der Anpassung an die sich ändernden Umweltbedingungen“, so Seidl.

Zum Ausklang der Veranstaltung besuchte die Gruppe im Rahmen einer Exkursion die Kühroint-Alm im Revier Au-Schapbach. Dort stellten Nationalparkmitarbeitende anhand aktueller Waldbilder vor, wie das Waldumbauprojekt in 35 Jahren nach den Prinzipien des adaptiven Managements mehrmals an geänderte Rahmenbedingungen und an neu gewonnene Erkenntnisse aus Forschungsarbeiten angepasst wurde.

Das ausgezeichnete Projekt „Wiederherstellung von naturnahen Wäldern im Nationalpark Berchtesgaden durch natürliche Störungsdynamik“ wurde gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Kooperationspartner war die Technische Universität München (TUM).

Pressemitteilung Nationalparkverwaltung Berchtesgaden

Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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