Kultur

Ruhestand beim Rosenheimer Museum

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Am heutigen Freitagabend wird die Sonderausstellung „Sammelsurium“ im Städtischen Museum Rosenheim im Mittertor offiziell eröffnet. Für Walter Leicht ist es die letzte offizielle Handlung als Museumsleiter. Danach verabschiedet sich der „Tor-Wächter“ nach 22 Jahren in den Ruhestand. Im Gespräch mit Innpuls.me erzählt er über seine ersten Anfänge im Städtischen Museum und was er sich für das Museum wünscht.

Frage: Viele Rosenheimer kennen das Städtische Museum Rosenheim schon aus ihren Kindertagen und verbinden damit viele Erinnerungen. Wie ist das bei Ihnen?
Antwort: Ich muss gestehen, dass das bei mir nicht der Fall ist. Obwohl ich gebürtiger Rosenheimer bin, sagte mir das Städtische Museum als Kind noch gar nichts. Da stand ich lieber auf dem Fußballfeld im Tor.

Frage: Wie wurden Sie denn dann vom Torwart zum Torwächter des Städtischen Museums im Mittertor?
Antwort: Ich fand Geschichte immer schon spannend und faszinierend. Aber Geschichtslehrer kam für mich nach meinem Studium nicht in Frage, weil ich keine Lust hatte, 40 Jahre und mehr nur das zu vermitteln, was das Kultusministerium dazu vorschreibt. So suchte ich nach einer anderen Aufgabe und fand diese, als mich Peter Miesbeck, der spätere Leiter des Rosenheimer Lokschuppens, ansprach, ob ich nicht Lust hätte, Beiträge für die Sonderausstellung „Rosenheim in den 1920er Jahre“ zu schreiben.

Frage: Bei dieser Sonderausstellung ist es dann nicht geblieben. Wie viele Sonderausstellungen haben Sie seitdem noch für das Städtische Museum organisiert?
Antwort: 53 Sonderausstellungen zu den unterschiedlichsten kulturgeschichtlichen Themen. Wobei mir immer wichtig war, dass der Fokus dabei auf der Stadt Rosenheim und ihren Bewohnern liegt.

Frage: Was war aus Ihrer Sicht die bisher wichtigste Sonderausstellung im Städtischen Museum?
Antwort: Die Sonderausstellung „Rosenheim im Dritte Reich“, die sich sehr intensiv mit diesem dunklen Kapitel der Rosenheimer Geschichte auseinandersetzte.

Frage: Lange Jahre haben Sie freiberuflich für das Städtische Museum gearbeitet. Dann kam 2001 die Festanstellung als Leiter des Museums. Wie sehr hat sich das Museum seitdem verändert?
Antwort: Die größte Veränderung kam dadurch, dass das Museum  zwischen 1996 und 1998 um den zweiten Stock des benachbarten Gietlhauses erweitert wurde. Ich wurde mit der Aufgabe betraut, die neuen Räumlichkeiten mit Leben zu füllen. Das war eine große Herausforderung und die Möglichkeit, selbst zu gestalten.

Frage: Wie sind Sie diese Herausforderung angegangen?
Antwort: Im alten Teil des Museums endet die Geschichte der Stadt zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Da dachte ich mir, dass die Zeit danach in den neuen Räumen einen Platz bekommen soll und so wurde es dann auch gemacht.

„Aufgabe war für mich eine Herzensangelegenheit“

Frage: Wie sehr ist Ihnen das Städtische Museum seitdem ans Herz gewachsen?
Antwort: Sehr. Ich kann sagen, diese Aufgabe war für mich eine wahre Herzensangelegenheit. Ich durfte über zwei Jahrzehnte die Arbeit und das Wirken dieses Museums prägen und ich hatte dabei großes Glück, weil mir bei dieser Tätigkeit ein toller Förderverein zur Seite stand, der die Begeisterung für die Geschichte der Stadt mit mir teilte, vieles angestoßen hat und  immer ein offenes Ohr und einen offenen Geldbeutel für meine Wünsche hatte.
Frage: Rund 5000 Exponate werden im Städtischen Museum Rosenheim präsentiert. Weitere 20.000 lagern im Depot. Haben Sie ein Lieblingsexponat?
Antwort: Nein, das habe ich nicht. Was mich aber nach wie vor besonders begeistert ist die Aschl-Küche.

Frage: Dabei wirkt diese eher unscheinbar?
Antwort: Auf den ersten Blick vielleicht, aber tatsächlich ist sie ein museales Juwel. Normalerweise wanderten Möbel- und Einrichtungsgegenstände dieser Art in den 1960er Jahren fast ausnahmslos in den Sperrmüll. Es ist also ein seltener Glücksfall, dass diese Küche, die so von der Familie des Rosenheimer Stadtarchivars Albert Aschl in den Jahren von 1926 bis 1982 verwendet wurde, noch fast komplett vorhanden ist und den Besuchern die seltene Möglichkeit gibt, in die Lebenswelt Ihrer Eltern, Groß- und Urgroßeltern einzutauchen.

Frage: Das Mittertor, in dem das Städtische Museum im Jahr 1895 eröffnet wurde, ist ja auch an sich schon ein wichtiges Exponat – aber eines, dass in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend zum Sorgenkind wurde, weil das Gebäude in Bewegung und die Fundamente brüchig sind.
Antwort: Das stimmt. Das war während meiner Amtszeit ein Dauerthema. Die ersten Risse gab es schon zu Beginn meiner Amtszeit und mit den Jahren wurde es immer schlimmer. Akuter Handlungsbedarf besteht zwar laut Experten derzeit nicht, aber dass eine Sanierung kommen muss, ist natürlich klar.

Frage:
Darum wurde auch die Umgestaltung der Römerausstellung vor einigen Jahren noch während der Arbeiten gestoppt und seitdem tut sich dort nichts mehr.
Antwort: Das ist leider so. Es macht ja keinen Sinn, für etwas viel Geld auszugeben, von dem man weiß, dass es nicht lange bleiben kann.

Frage: Hätten Sie nicht gerne die Sanierung des Museums noch während ihrer Amtszeit erlebt?
Antwort: Für die Sanierung und Neuausrichtung muss das Städtische Museum erst einmal komplett ausgeräumt und die Exponate zwischengelagert werden. Danach geht dann wieder an das Einräumen und Gestalten. Ehrlich gesagt, bin ich jetzt mit 65 Jahren in einem Alter, in dem ich nun ganz froh bin, dass ich mich dieser enormen Herausforderung nicht mehr stellen muss.

Frage: Wie stellen Sie sich denn dann ihren Ruhestand vor?
Antwort: Rennradfahren, Bergwanderungen, Skifahren und Lesen stehen auf dem Programm. Außerdem freue ich mich darauf, Zeit mit meiner Enkelin Charlotte zu verbringen. Und dann wird auch sicher meiner Frau einiges einfallen, was es für mich daheim zu tun gibt und für das bis jetzt nie Zeit war. Langweilig wird es mir also sicher nicht.

Frage: Und dem Städtischen Museum drehen Sie nach dem heutigen Tag komplett den Rücken zu?
Antwort: Nein, natürlich nicht. Dort gibt es in wenigen Tagen schon eine Führung mit mir durch die neue Sonderausstellung und wenn mein Rat gewünscht wird, stehe ich auch meinem Nachfolger gerne zur Seite. Sicherlich besuche ich ab und zu bei meinem Weg durch das Mittertor auch die Mitarbeiterinnen des Museums für einen kleinen Ratsch. Aber ständig auf der Matte stehen werde ich nicht. Es liegt nun an meinem Nachfolger, die Geschichte des Städtischen Museums fortzuschreiben.

Frage: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Städtischen Museums?
Antwort: Dass es ein Museum für Alle bleibt, vom Kindergartenkind bis zu den Senioren mit einem breitgefächerten Angebot.
(Quelle: Interview: Karin Wunsam / Beitragsbild: Karin Wunsam)

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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