Aus schwierigen Zeiten stammt der Weihnachts- und Neujahrswunsch zum Jahreswechsel 1945/ 1946 des bekannten Chiemgauer Künstlers Rudolf Sieck (1877-1957), der heuer auf der offiziellen Weihnachtskarte der Marktgemeinde Prien zu finden ist. Gerade in diesem Jahr Anlass daran zu erinnern wie die Weihnacht in Deutschland vor 75 Jahren war.
Der 24. Dezember 1945 ist ein nasskalter, grauer Montag. Die deutschen Städte liegen noch in Trümmern, in den Notunterkünften drängen sich abertausende Flüchtlinge aus den Ostgebieten. Es fehlt an allem: an Essen, Heizmaterial – und an Zukunftseuphorie. Hunger und Kälte überschatten das Weihnachtsfest 1945. Die großen Städte liegen in Trümmern. Ein nasskalter, grauer Montag. Keine weiße Weihnacht. Zwar ist der Winter relativ mild, aber die Menschen frieren erbärmlich: „Wir hatten nichts zu heizen oder was wir verheizt haben, waren dann Tische oder Stühle oder so was“. „Die Mahlzeiten waren ja viel schlechter als noch Weihnachten 1944, als wir noch auf dem Dorf waren. Ja, wir haben ja nur von den Karten gelebt, und die waren ja, weiß Gott, nicht sehr üppig.“
Um es doch irgendwie weihnachtlich zu haben, wenigstens für die Kinder, verkaufen oder tauschen noch mehr Menschen als sonst ihre letzten, vor dem Krieg geretteten Habseligkeiten auf dem Schwarzmarkt für ein bisschen Zucker, Butter oder ein Stück Fleisch. Kaum Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Natürlich sind die Menschen froh, dass keine Bomben mehr fallen. Aber es herrscht keineswegs allgemeine Zukunftseuphorie.
Aber die meisten Menschen suchen wohl eher traditionellen Trost in dieser ersten Friedensweihnacht: Alle Kirchen, die nicht in Trümmern liegen, sind voll am Heiligabend 1945.
„Die Weihnachtsbotschaft war deshalb eben so wichtig, weil man ja selber sozusagen beinahe nur im Stall lebte und nicht wusste, was der nächste Tag bringt, und die Hoffnung des Engels, der zu den Hirten kommt, das konnte man sich alles vorstellen – ganz lebendig.“ (Hildegard Hamm-Brücher)
Viele Frauen sind allein mit ihren Kindern, trauern um die gefallenen Männer und Väter oder hoffen auf eine Rückkehr der Kriegsgefangenen. Und abertausende Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten drängen sich verzweifelt in den Auffanglagern und Notunterkünften.
„Das deutsche Volk muss diese erste Weihnacht des Friedens sehr einsam begehen. Einsam und im Armenhaus der Welt. Das ist nach all dem Geschehen nicht verwunderlich.
Wir werden Zeit haben, uns nachdenklich zu betrachten, und wir werden dann vielleicht zu unserem Erstaunen feststellen, dass wir nicht am Ende unserer Möglichkeiten sind.“ (Reporterlegende Peter von Zahn an Heiligabend 1945.)
(Deutschlandfunk 24.12.2015 von Andrea Westhoff)
Text und Bildmaterial: heimatMuseum Prien
Bildunterschrift: Rudolf Sieck (1877 – 1957), Weihnachts- und Neujahrsgrüße 1945/ 1946, Aquarell, Kunstsammlung Markt Prien