Gastronomie

Aschauer Markt-Freuden im Trockenen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein paar Leute hatten ihren Regenschirm mit dabei – aber sie brauchten ihn nicht. Es war warm und schön, denn wenn die Leute beim Aschauer Markt unter den Schirmen durch die engen Marktgassen gehen müssen, dann hört der Spaß auf. Die Straßen waren immer gut gefüllt – auch das gehört zu den Wundern des Marktes, kurze Hosen und kurze Röcke prägten das Straßenbild. Warm war der Marktsonntag im Priental, in dem wundersamen Land aus Zeltleinen und Sperrholz, aus Wohnanhängern und Sitzgarnituren – da zog es die Besucher geradezu magisch zu einer frischen Maß Marktbier ins Festzelt.

Jedes Jahr für einen einzigen Tag am ersten Septembersonntag gibt es zwischen der Aschauer Hauptstraße, dem Kirchenbergerl und dem Schützenhaus alles, was ein Kinderherz begehrt. Nur noch auf dem Markt gibt es die feinen silbernen Ringe, die entsprechenden Ketterl und Armbänder für die kleinen Mädchen, nur auf dem Markt gibt es für die Buben dieses umfassende Angebot an allen aktuellen Bulldogs und landwirtschaftlichen Maschinen als voll funktionsfähige Modelle. Dazu kann man auch noch Karussell fahren, Schiffschaukel hutschen, sowie gebrannte Mandeln, Zuckerwatte, Magenbrot und türkischen Honig genießen. Nur noch auf dem Markt gibt es die Spezialitäten des Metzgers, das Gselchte und die Würscht, das gute Bauernbrot aus Niederbayern, den Bergkas von der Alm oder die überreich belegte Fischsemmel.

Die Erwachsenen treffen auf den Budenstraßen Bekannte und Verwandte, die sie schon seit dem letzten Markt nicht mehr gesehen haben, zu einem ausgiebigen Ratsch. Auf dem Aschauer Markt muss man auch niemand suchen, alles ist überschaubar, hier finden sich alle Jahre alle Bekannten an derselben Stelle wieder ein. So kommen die Besucher nur langsam von Hauseck zu Hauseck voran. Sie können allerlei wundersame Dinge einkaufen, die es auch für sie nur noch auf dem Markt gibt. Sie bekommen Wundermittel für die Autopflege, zum Fensterputzen und Gemüsehobeln, sie kaufen von einem Lastwagen herunter Weintrauben, Ananas und Bananen kiloweise oder handfeste, strapazierfähige Bekleidung für den alltäglichen Gebrauch. Und zum Schluss treffen sich- fast automatisch – alle im Bierzelt bei einer „gscheiden Brotzeit“ wieder.

Seit 464 Jahren gibt es den Aschauer Markt, seit seinem Bestehen hat er nichts an Aktualität eingebüßt. Früher kauften die Prientaler, die Aschauer, Sachranger, Frasdorfer, Umrathshauser und Wildenwarter alles, was sie für den bevorstehenden Winter brauchten, heute versucht die Mehrzahl der 150 Standlleute Sachen an die Frau und an den Mann zu bringen, die die Menschheit nicht unbedingt zum Leben braucht. Ein Bummel mit der ganzen Familie – nach dem sonntäglichen Kirchgang – durch die fast einen Kilometer lange von Verkaufsständen gesäumten Marktstraße mit ihrem schier unerschöpflichen Warenangebot, die ungezählten Brotzeit- und Spielzeugstandl und das große Bierzelt, ist bei vielen Leuten in der Umgebung fest eingeplant. Der Aschauer Markt stellt eine wichtige Zeitmarke in der Region dar: mit dem Aschauer Markt endet der Sommer und mit ihm die Badesaison, es beginnt unwiderruflich der Herbst und die Wanderzeit. Wenn um 17 Uhr die Marktstände schließen, die Buden abgebaut werden und die Standlleute zum nächsten Markt weiterziehen, bleibt den Aschauern, den Sachrangern und Frasdorfern und allen anderen die Gewissheit, dass sie alle im kommenden Jahr am ersten Septembersonntag wieder da sein werden, so wie es seit 464 Jahren in Aschau der Brauch ist.

Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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