Am 25. Jahrestag der Seligsprechung von Karl Leisner hat Kardinal Reinhard Marx den zentralen Charakter des Priestertums beschrieben: Nicht das Streben nach Macht, sondern „die Bereitschaft, sich hinzugeben und zu lieben“ sei „das zentrale Wesen des Priestertums“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei einem Gedenkgottesdienst in der Kapelle des Waldsanatoriums Planegg am Mittwoch, 23. Juni. Gerade der selige Karl Leisner habe „das Priestertum nicht als eine Ehre verstanden, die sich über andere Menschen erhebt, sondern als ein Opfer, das sich einfügt in das Pascha-Geheimnis Jesu: Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“ Das Leben und Zeugnis Leisners seien für die Kirche Auftrag, „immer neu zu überlegen: Was ist jetzt gefordert, um deutlich zu machen, dass es uns um Christus geht, dass er die Zukunft ist?“
Der Blick auf Karl Leisner, der im Dezember 1940 in das Konzentrationslager Dachau deportiert wurde, könne laut Marx dabei helfen zu begreifen, „was die Zeitstunde jetzt von uns fordert“. Sie fordere „Diskussion und Überlegen“, so Marx. „Aber im Tiefsten fordert sie von uns doch auch, Christus sichtbar zu machen.“ Für Leisner sei dies sei „der Ausgangspunkt seines Lebens gewesen, seine große Leidenschaft, denn Christus ist nicht Vergangenheit, sondern er ist Gegenwart und Zukunft“. Das sei dem Seligen „auch in Dachau, wo eine ganze Macht gegen ihn stand“ immer klar gewesen. Deswegen sei sowohl „sein Wirken bis heute präsent“, als auch „sein Glaube bis heute wirksam“, sagte der Erzbischof von München und Freising und ergänzte: Es komme nicht auf die Machtdemonstration der Kirche an, sondern ob „sie Zeugnis ablegt von Christus“. Diese Haltung habe der selige Karl Leisner der Kirche mit auf den Weg gegeben und deshalb müsse „sein Zeugnis für die Kirche ein Auftrag sein“, so Marx. Karl Leisner, am 28. Februar 1915 in Rees am Niederrhein geboren, begann sein Theologiestudium in Münster und wurde am 25. März 1939 zum Diakon geweiht. Noch bevor er zum Priester geweiht werden konnte, musste Leisner infolge einer Tuberkuloseerkrankung Anfang Juni 1939 zu einem Kuraufenthalt in den Schwarzwald. Dort soll er sich nach Bekanntwerden des misslungenen Münchner Hitler-Attentats von Georg Elser kritisch über die Nationalsozialisten geäußert haben. Mitpatienten denunzierten Leisner, er wurde verhört und in Freiburg, später in Mannheim inhaftiert.
Am 15. März 1940 wurde Leisner ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, am 13. Dezember 1940 nach Dachau. Nach vorübergehender Genesung brach 1942 unter den Entbehrungen im Konzentrationslager die Lungenerkrankung Leisners wieder aus. Am 17. Dezember 1944 konnte der mittlerweile schwer erkrankte Leisner im Konzentrationslager durch den ebenfalls inhaftierten Bischof Gabriel Piguet von Clermont-Ferrand heimlich zum Priester geweiht werden. Bischof Piguet spendete Leisner in der Kapelle in Block 26 das Sakrament, wo der Neupriester am Stephanustag, 26. Dezember 1944, auch seine erste und einzige Heilige Messe feierte.
Am 4. Mai 1945 wurde Leisner aus dem Konzentrationslager Dachau befreit und in das Lungensanatorium bei Planegg gebracht, wo er am 12. August 1945 verstarb. Am 7. Dezember 1977 wurde der Seligsprechungsprozess eingeleitet. Am 12. Januar 1996 verkündete Papst Johannes Paul II. die Seligsprechung Leisners, die er am 23. Juni 1996 in Berlin vollzog. (rs)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat
Foto: Hötzelsperger – Blick nach Prien-Arbing