Ein immer wieder auftauchendes Thema bei der heurigen Hauptalmbegehung des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO) war der Wolf bzw. dessen hoher Schutzstatus. Zu dieser Begehung und Begegnung konnten AVO-Vorsitzender Josef Glatz und sein Geschäftsführer Hans Stöckl rund 200 Almleute mit Verantwortlichen aus der Politik sowie aus Organisationen, Ministerien, Behörden und Verbänden auf der knapp über 1.000 Meter im Hochgerngebiet gelegenen Agersgschwendtalm begrüßen, um sich einen Tag lang um Land-, Alm- und Forstwirtschaft auszutauschen.
Hauptredner bei der ersten Almstation waren Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger und die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger begann sein Grußwort wie folgt: „Ohne die Almbauern stünden wir heute auf einem Geröllfeld oder in einer geschlossenen Fichtenwaldung, den Bauern haben wir die Artenvielfalt von heute zu verdanken. Den vielen Generationen von Almbauern haben wir es zudem zu verdanken, dass sie in Jahrhunderten eine solche Bilderbuchidylle und damit Perlen für den Tourismus geschaffen haben. Leider werden die Bauern immer weniger, damit schwindet auch ihr Einfluss auf die Politik“. Aiwanger forderte eine Kosten-Nutzen-Debatte, wenn es um den Milchpreis geht und eine Balance wenn es um Tierwohl, Wald und Wild geht und sagte zum Sorgenthema Wolf: „Entweder Bergweide und Weidehaltung oder Wolf. Der Wolf hat andere Lebensräume, er ist keine heilige Kuh und gehört über das Jagdrecht gemanagt“. Abschließend meinte Aiwanger: „Der Bergbauer gehört geschützt und die Politiker sollten ihn in ihren Schutzkatalog aufnehmen“. Vor der Übergabe des Mikrofons an Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bat AVO-Vorsitzender Glatz Hubert Aiwanger in dieser Angelegenheit doch einmal mit seinem Kabinettskollegen und Umweltminister Thorsten Glauber ein ernstes Wort zu reden, denn die vom AVO vor 15 Jahren aufgestellten Richtlinien mit Blick auf Weideschutz sind heute aktueller denn je.
Ministerin Michaela Kaniber: „Politik darf sich nicht wegducken!“
Vier Punkte stellte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in den Mittelpunkt ihrer Grußbotschaft und sie begann mit der Forderung, dass alm- und landwirtschaftliche Förderungen dazu da sind, um naturgegebene Schwierigkeiten einkommenswirksam zu entschädigen. Zu den derzeit in Bayern von der Anbindehaltung betroffenen 10.000 Bauern sagte sie: „Wenn die Molkereien und der Einzelhandel ankündigen, keine Milch mehr aus Ställen von ganzjähriger Anbindehaltung zu nehmen, dann darf die Politik sich nicht wegducken. Mit Förderungen und Beratungen soll es letztlich für alle Betriebe eine Zukunftslösung geben. Auch der Almwegebau muss zeitgemäß möglich sein, dazu sagte sie: „Nicht mehr wie früher mit Kraxen sollen die Almen versorgt werden, aber wir brauchen auch keine sechsspurigen Ausbauten, individuelle Lösungen gilt es zu finden“. Zum Thema Wolf verwies die Ministerin auf das Land Niedersachsen, dort wurden jüngst zwei junge Wölfe entnommen. „Wir sind hier mitten in einem Wolfsgebiet, lasst uns mit dem Bund, mit der EU und mit den Nachbarsländern eine Lösung und den Mut finden, es Niedersachsen gleich zu tun“.
In einem weiteren Grußwort stellte Bürgermeister Ludwig Entfellner das Hochgerngebiet und seine Gemeinde Unterwössen vor. „Ursprünglich hatte unsere Gemeinde 75 Almen, 45 werden heute noch bestoßen. Die Land- und Almwirtschaft spielt in unserer Zeit und Gemeinde mit Zuzugsdruck eine zentrale Rolle. Leider findet die Leistungen zugunsten unserer Kulturlandschaft von Bäuerinnen und Bauern über Generationen hinweg bei der Bevölkerung zu wenig Verständnis“, so der Bürgermeister, der zum Raubtier Wolf sagte: „Einzäunen heißt Auszäunen, aber nicht nur gegenüber dem Wolf, sondern auch gegen den Menschen. Der Wähler am Mittleren Ring in München soll nicht die Alm-Politik bestimmen, es wird bei weiteren Veränderungen zu keinem Bauernaufstand kommen, aber schleichend werden wir uns von dem geordneten Almlandschaftsbild verabschieden müssen“. Auch Landrat Siegfried Walch vom Landkreis Traunstein würdigte die Leistungen der Almbauern und Forstleute indem er sagte: „Alm-Wirtschaft ist gelebter Naturschutz“.
Im Rahmen der Hauptalmbegehung stellten die Almbauren ihre Almen vor, auf der Agersgschwendtalm machte dies Simon Ager. Musikalisch begrüßt wurden sie dort von den Weisenbläsern Wolfgang Kaindl und Schorsch Schleipfer aus Unterwössen
Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke vom Beginn der heurigen Hauptalmbegehung des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern bei der Agersgschwendtalm in Unterwössen
Weitere Informationen: www.almwirtschaft.net
Stimmungen zum Thema Wolf:.
MdL Hans Friedl (Freie Wähler), Mitglied des Umweltausschusses und Nebenerwerbslandwirt: „Wolf gehört in das Jagdrecht und ist kein Mitglied eines Streichelzoos“
Gemeinderat Barthi Irlinger, Oberwössen: „Unser Gebiet zwischen A 8 und Inntal ist bewohnt und Tourismusgebiet und damit kein Lebensraum für ein Raubtier, das immer aggressiver wird“.
Große Stellenanzeige in der Wiese: „Gärtner/in zur Pflege von 39.000 ha Almweide gesucht. Erfahrung im Umgang mit hungrigen Wölfen von Vorteil“