Die Zeit zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König wird gerne als die Zeit der „Rauhnächte“ bezeichnet. Für den Priener Verserlschreiber Ernst Reiter aus Atzing war diese besondere Zeit bereits im Jahr 2003 guter Anlass für ein Gedicht mit der Überschrift „Zwölfenzeit“. Nachfolgend dieses Gedicht in Mundart und auf hochdeutsch – mit guten Wünschen für die Rauhnacht-Zeit.
Zwölfenzeit
De Taag zwischn de Jahrn
oiwei scho recht geheimnisvoll warn.
Vo Weihnachtn bis Dreikönig
saan de Tagstundn wenig.
De Naacht saan aba recht lang.
Leicht werds oam dabei bang.
Ma konns koam vadenga,
duad er an Geista und Hexn denga.
Bsondas aba in frühra Zeit,
ma war net aufklärt, so wia heit.
Heidnische Sittn und Bräuch
hot ma vadrängt mit christlicha Weihch.
In de Naacht da Zwölfenzeit
wurd vom Knecht koa Deandl gfreit.
Koa Magd geht gern vors Haus,
denn ’s „wuide Gjoad“ bereit ihr Graus.
De wuide Jagd geht übers Feld
und Hex und Trud streift durchn Woid.
Da Deife selbn treibt d’ Jaaga o,
huscht mit Gebraus auf und davo!
Koa Wäsch werd gwaschn, koa Bäurin spinnt,
weil sonst d’ Fau Bercht a Opfa nimmt.
Im nein Johr, sogt ma, hoid sie sogleich
an Nachwuchs für ihr Seelenreich.
Do aa wos Guads vahoaßt des „wuide Gjoad“,
für Obstbaam, Feld und Woad.
Wos umegstriffa mit Gebraus
schaugs mit da Arnt im Herbst guad aus!
Mitm Betläutn war Ruah ogsogt,
Koa Kuah zum maicha wurd mehr plogt.
Weil aa as Kartnspuin passé
duad frühra ma in d’ Bettstatt geh.
Ma ziagt de Duckat übers Gsicht
damit an Deife ma net siehcht.
De Rauhnaacht oda Zwölfennaacht
habn d’ Leit scho oiwei ängstlich gmacht.
Hexnspuk, noch oidm Brauch,
vahindat glaubhaft gweichta Rauch
und Allelujawassa, ohne Flaax,
do mancha schwört auf Drudnhax!
Ernst Reiter – 28.12.2003
Zwölfenzeit
Die Tage zwischen den Jahren
immer schon geheimnisvoll waren.
Von Weihnachten bis Heilig Dreikönig
sind auch die Tagstunden recht wenig.
Die Nächte aber doch sehr lang.
Manchem wird da recht bang.
Man kann es niemandem verdenken,
muss er an Geister und auch Hexen denken.
Besonders aber in früherer Zeit,
man war nicht aufgeklärt, wie heut‘.
Heidnische Bräuche und Sitten
wurden verdrängt durch christlichen Riten.
In den Nächten der „Zwölfenzeit“
wurde vom Knecht kein Dirndl gfreit.
Keine Magd geht gern vor das Haus,
denn das „Wilde Gesindel“ bereitet ihr Graus.
Die wilde Jagd geht über Wiesen und Felder
und Hexen und Truden durchstreifen die Wälder.
Der Teufel selbst treibt die Jäger durchs Land,
huscht mit Gebraus, im schwarzen Gewand!
Man wäscht keine Wäsche, keine Bäuerin spinnt,
weil ansonsten „Frau Bercht“ ein Opfer nimmt!
Im neuen Jahr, wird gesagt, holt sie sogleich,
den Nachwuchst, prompt, für ihr Seelenreich.
Das „Wilde Gesindel“ verheißt Gutes jedoch auch,
streift es über Bäume, Felder und Strauch.
Wo es seine Spuren im Land hinterlässt,
bringt die Ernte im Herbst das Allerbest‘.
Mit dem Gebetgeläute trat Ruhe ein,
Arbeit sollte dann auch beendet sein.
Passé war gleichfalls das Kartenspiel,
weil früh man damals in die Bettstatt fiel.
Die Decke zog man über’s Gesicht,
die Teufelsfratze sieht man dann nicht.
Mystisch waren sie, sind es noch heut‘,
die Rauhnächte, jene, der Zwölfenzeit!
Hexnespuk, nach altem Brauch,
verhindert, glaubhaft, geweihter Rauch
und „Allelujawasser“, ohne Flachs,
doch mancher schwört auf „Drudnhax“!
Foto vom Silvestertag 2024 – Stefan Mühle, Hasselbach