Vom Holzknecht zum Fortwirtschaftsmeister – Simon Bauer (93) aus Sachrang erzählt zumVizenzentag am 22. Januar – Schon sein Vater war Holzknecht, zuerst bei den Cramer-Klett´schen Forstbetrieben im Priental, ab 1932 nach dem Verkauf an den Bayerischen Staat beim Staatsforst. Die Rede ist von Martin Bauer, Schuasta-Bauer von Stein in der vormaligen Gemeinde Sachrang und von dessen Sohn Simon Bauer, der wie sein Vater den Beruf des Holzarbeiters ausübte. Wie sehr sich in all den Jahrzehnten das Berufsbild und das Leben des Holzknechtes verwandelten, das erzählte uns Simon Bauer in seinem Haus in Stein (heute Gemeinde Aschau i. Chiemgau). Der 93-Jährige (sein Vater wurde übrigens 91 Jahre) gab dabei auch einen Einblick, in welch schwieriger Zeit er zum Dienst im Forst kam.
„Uns wurde die schönste Jugendzeit gestohlen“ – mit diesem bitterem Rückblick erinnert Simon Bauer daran, dass er am 6. Mai 1943, als genau zwei Jahre vor Ende des Zweiten Weltkriegs, vom Bayerischen Regierungsforstamt Oberbayern die Bescheinigung über die Zulassung zur Forstlehre erhielt und er ergänzte: „Hierzu musste ich die Geburtsurkunden meiner Vorfahren bis zu den Großeltern vorlegen, um meine arische Abstammung nachzuweisen“. Der junge Simon wollte nicht nur Holzknecht, sondern Förster werden, da er aber kein Abitur hatte, hätte es nur den Weg eines Studiums im Rahmen einer 12jährigen Wehrmachts-Verpflichtung gegeben. Doch all diese Pläne und Möglichkeiten wurden durch den Krieg zunichte gemacht. Simon Bauer kam noch während seiner Ausbildungszeit in ein „Wehrertüchtigungslager“, am 10. August 1944 kam die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst nach Barmsee bei Krün/Mittenwald und am 1. November 1944 wurde er zur Fallschirmjägerdivision Hermann Göring nach Berlin in die Kaserne Reinickendorf einberufen. Von dort kehrte er nach Kriegsende abenteuerlich nach rund 1.300 Kilometern Fußweg zurück in seine Prientaler Heimat.
Nach Kriegsheimkehr wieder Neubeginn beim Forst
Zurück daheim konnte Bauer beim Forstamt wieder anfangen und er wurde etliche Jahre als Helfer bei verschiedenen Forstbezirken beschäftigt, dazu erinnert er sich: „Während dieser Zeit gab es einen Forstmeister, der immer auf die Jagd ging und sich währenddessen auf der Diensthütte aufhielt. Ich musste ihm täglich die Post auf die Diensthütte bringen“. Die hauptsächlichen Tätigkeiten bestanden aus Holzvermessung und Einteilung des Holzes in verschiedene Güteklassen, der damalige Stundenlohn betrug 32 Pfennige. Dazu Simon Bauer: „Mit diesem Lohn musste ich zu einem großen Teil zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Ab 1950 wechselte ich in eine Stücklohn-Partie im Revier Sachrang. Ich war also auch Holzknecht, wie mein Vater!“. Der Arbeitstag begann auf dem Berg in der Früh um 7 Uhr, die Wochenarbeitszeit waren 49 Stunden. „Das Holz wurde damals noch mit Handschlitten vom Berg gebracht, was sehr gefährlich war. Einige Male sprang ich vom Schlitten ab bevor es zu einem Unglück kommen konnte. Im Sommer blieben wir meistens die Woche über auf der Arbeiterhütte und mussten uns selber versorgen. Nicht selten war es, dass wir dabei die Almen mit ihren Sennerinnen aufsuchten“. Auf diese Weise lernte Simon Bauer auf der höher gelegenen Oberkaseralm seine spätere Ehefrau Traudl, die aus einem Bauernhof vom Samerberg stammte, kennen.
Aus dem Holzknecht wurde ein Waldfacharbeiter und Forstwirtschaftsmeister
Im Laufe der Zeit änderten sich Arbeitsgeräte (u.a. wurde die Motorsäge erfunden), Berufsbild und Lehrpläne, so dass aus dem Holzknecht mit der Zeit ein Waldfacharbeiter und Forstwirtschaftsmeister wurde. 1977 war erstmals ein Lehrgang zum Erwerb eines Forstwirtschaftsmeistertitels in Bayern angeboten. Nach bestandener Aufnahmeprüfung drückte Simon Bauer mit 49 Jahren nochmals die Schulbank von Februar bis Dezember an der Forstlichen Ausbildungsschule in Lohr am Main. „Es war kein leichtes Jahr, aber es hat sich gelohnt. Am 15. Dezember 1977 bekam ist als Erster in ganz Bayern von 23 weiteren Männern den Forstwirtschaftsmeisterbrief aus der Hand vom damaligen Bayerischen Landwirtschafts- und Forst-Minister Hans Eisenmann. Als Erster deswegen, weil die Vergabe nach dem Alphabet erfolgte“ – so der neue Waldwirtschaftsmeister, der fortan für die Ausbildung der Lehrlinge zum Forstwirt verantwortlich war. Bis zu seiner Pensionierung waren es 10 Lehrlinge, die alle ihre Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen haben. Ab 1950 gehörte Simon Bauer der Gewerkschaft GLF (Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft) an, von 1960 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1991 wurde er in den Personalrat der Oberforstdirektion München gewählt. Ab 1979 gab es für den Forstfachmann eine neue Aufgabe bei der Bayerischen Waldbauernschule in Hohenkammer und nach dessen Verlegung nach Scheyern im Rahmen der Erwachsenenbildung. Aufgrund seiner Kenntnisse wurde er 1987 in den Prüfungsausschuss für Forstwirtschaftsmeisterprüfungen in Bayern berufen, dem er ebenfalls bis zu seiner Pensionierung angehörte.
„Früher mehr plagen, heute mehr Lärm und Abgase“
Auf die Frage, was früher anders als heute war, sagt Simon Bauer: „Früher mussten wir uns mehr plagen und schinden und es war auch gefährlicher, heute sind nachteilig der Lärm der Maschinen und die Abgase vom Benzin. Und dann war zu meiner Zeit der Namenstag des Heiligen Vinzenz (22. Januar) ein Feiertag, der in Sachrang, Aschau und Frasdorf mit einem Gottesdienst begann, hernach wurde eingekehrt und für den Abend organisierten wir auch noch eine Musik. Der Vinzenzentag waren harte Tage“. Dass der Forstwirt weiter ein Beruf mit Zukunft ist, zeigen die Bayerischen Staatsforsten in Ruhpolding mit derzeit 12 Lehrlingen. Das Revier Aschau gehört im übrigen zum Forstbezirk Ruhpolding und von den 12 Auszubildenden stammen zwei aus Sachrang. Gerne empfiehlt der erfahrene Forstwirtschaftsmeister das Holzknechtmuseum in der Laubau in der Gemeinde Ruhpolding, dieses gewährt in anschaulicher Weise, wie hart und wichtig die Waldarbeiten früher waren.
Fotos/Repros: Hötzelsperger – Forstwirtschaftsmeister Simon Bauer aus Stein bei Sachrang mit seinem Meisterbrief und bei seinem Blick in sein Fotoalbum.