Pfarrer Andreas Horn hielt eine vielbeachtete Predigt beim Gaufest in Rottau im Chiemgau….seine Gedanken und auch die Begrüßungsworte von Gauvorstand Miche Huber nachfolgend im Wortlaut zum Nachlesen bzw. für Jene, die nicht dabei sein konnten.
Fotos: Hötzelsperger
I. Begrüßung Gauvorstand Miche Huber
Liabe Festgäste, i war im Frühjahr a paar Tag in Südtirol, dort hot zufällig a Musikkappelle as 200 jährige Gründungsfest gfeiert. A riesen Bierzelt und der Festsonntag ist mit einem Frühschoppenkonzert ohganga.Hob an Musikanten gfrogt:„Ob do heit koa Festgottesdienst is ?“ die Antwort: „Naa, weil do geht ja eh koana hi !“ > bewegt > Gedanken
„Gott mit dir, du Land der Bayern..!“ so fangt de Bayernhymne oh.
Unsere Hoamat, ist geprägt von christlicher, abendländischer Kultur, drum fangen mia Trachtler hohe Festlichkeiten auch im Namen Gottes oh und laden zum Festgottesdienst ein.
Beim Gaufest ist Rahmen und Ablauf wie ein Ritual, ohgeh duat`s in festlicher, feierlicher Atmosphäre und in Gottes Namen. Unsere unverwechselbaren Festtagstrachten gebn den Tog zusätzlichen Glanz, das Besondere, man kennt sofort do feiern heit de Trachtler.
Wens`t du heit in de Kirche geh kost, ohne Angst dass dir gedroht werd, dass man dich verhaftet oder man dich umbringt, geht’s da besser ois über 3 Milliarden Menschen auf dera Welt.
In Deutschland ist die Religionsfreiheit im Art. 4 des Grundgesetzes verankert, dadurch geschützt und überlässt dem Bürger die freie Wahl.
Mit der Begründung: „Man solle vor allem im Leben und nicht in der Kirche ein guter Christ sein !“ hat Martin Luther, in seiner Zeit die Pflicht am Sonntag in die Kirche zu gehen, aufgehoben.
An Hand von Gottesdienstbesuchen einzuordnen ob man ein guter Christ ist oder nicht steht keinem zu, ebenso ist es auch nicht Aufgabe von uns Trachtlern Gottesdienstbesuche anzuordnen.
Trachtler die in der Friah zum Gaufest kemman aber net zum Festgottesdienst gehen, de sand hoit wo anders: „Punkt!“ i gfrei mi aber trotzdem über jeden der gern de Tracht ohlegt und am Gaufest mitgeht.
Stadtpfarrer von RO Andreas Zach schreibt in einer Festschrift:
„Sinn und Tiefe waren oiwei scho schwieriger zu vermitteln als das Seichte u. Gefällige“
Gesellschaftliche Veränderungen fordern uns spürbar, d`Leit loßn sich nimmer so leicht wos ohschaffn, a mia Trachtler gspannan dass oiwei schwaarer werd Inhalte und Werte zu vermitteln.
Mia mechtn d`Leit net eigrenzen, sondern zammbringa, mechtn d`Leit a nix vorschreibn, sondern d`Freid durchs Zammkemma stärken, ohregen zum Nachdenkn und Orientierung schaffen des mecht ma.
Zu unseren besonderen Anlässen gehört der Gottesdienst einfach dazua !
Auf de Kirch Verzichten mit der Begründung: „Weil do ja eh koana higeht!“ is zu oafach, do geht der Blick für Sinn und Tiefe verloren.
Liabe Chiemgauer Trachtler, mia feiern heit wieda unseren Trachtlerhöhepunkt mit oi wos dazua gehört. Gfrei ma ins auf a eiwendigs, griabigs und friedlichs Gaufest in Rottau, und dazua mecht ich oisammt herzlich eiladen. Meine Gedanken erreichen ja leider net alle, aber vielleicht helft`s ma: „Bitte sogt`s es weida !“
II. Predigt von Pfarrer Andreas Horn:
Da kloane Maxl kimmd weinend von der Schui hoam. Wos is denn passiert?, frogt ihn sei Mama. I hob an 6er in Religion griagt, schluchzt er. Wos, sogt sie, an 6er – wia gibt’s denn sowos?! Do ruaf i jetz glei moi bei deim Lehrer oo und frog wos do los war.
Des konn i Eana scho song, sogt da Lehrer am Telefon zu ihra. Mir ham heid im Unterricht über des furchtbare Leiden und das Sterben von Jesus gesprochen. Ois i an Maxl ausgfrogt hob, hod der rein garnix drüber song kenna.
Missn S scho entschuidgn Herr Lehrer, sogt die Mama. Mia wohnan so obglegen in da Oaöd. Do griagt ma ned so vui mit. Mia ham ned amoi gwusst, dass er krank war!
Liebe Schwestern und Brüder – liebe Festgemeinde.
Ein kleiner Beitrag zur Erheiterung. Aber was diesen Witz lustig macht, ist eigentlich eine traurige Angelegenheit: Da ist Jesus in Vergessenheit geraten. Der Glaube an ihn kommt nicht mehr vor. Was im Witz als die Pointe gedacht ist, das ist mittlerweile längst Realität. Was wissen denn weite Teile unserer Gesellschaft noch von Jesus? Wo kommt Christus und christlicher Glaube noch vor? Freilich, seit Juni hängen in den bayerischen Amtsstuben gut sichtbar wieder Kreuze. Aber ist es allein mit dem äußerlichen Anbringen dieses Zeichens getan? Hat nicht die vielfältige Diskussion im Vorfeld gezeigt, dass die Botschaft des Kreuzes eben nicht mehr so eindeutig ist und Jesus nicht mehr ganz selbstverständlich seinen Platz bei uns hat?
In unserer Zeit, in unserer Gesellschaft zeichnet sich immer mehr eine gewisse Christusvergessenheit ab. Wohl gemerkt, keine Gottvergessenheit. Denn Religion ist vielfältig vertreten: beispielsweise mit dem Islam, der sich zunehmend bemerkbar macht –mehr oder minder auffällig, mehr oder weniger angepasst.
Aber nicht nur das: auch dem Sport, dem Konsum und so manchem Andren werden kostbare Tempel errichtet und viel Geld wird da geopfert. Da kann man nicht sagen, dass Religion auf dem Rückzug ist. Aber wo ist Christus? Was passiert gerade mit dem Christentum in unserem Land? Da merkt man überall und allerorts Auflösungserscheinungen und in weiten Teilen eine Vergesslichkeit und grassierende Gleichgültigkeit.
Schauen wir nur auf die Sonntagskultur. Den Tag, den Jesus durch seine Auferstehung geheiligt hat, sollen auch wir heiligen; indem wir Jesus die Ehre geben, für die eigene Seele sorgen. Oder wie es Kardinal Faulhaber einmal formuliert hat: gib der Seele ihren Sonntag und dem Sonntag eine Seele.
Aber wer tut das noch aktiv und bewusst?
Wie gesagt: die Religion ist nicht verschwunden. Denn am Sonntag wird allen möglichen Göttern gehuldigt: dem Auto, der Fitness, der Arbeit, dem Spaß. Doch wo ist Christus? Für die vielen anderen christlichen Feiertage gilt das genauso. Auch jetzt in diesem Moment machen nicht wenige die Bierbank zu ihrem Altar und ihr Platz hier bleibt leer. Das braucht nicht verschwiegen werden.
Christ sein, als Christ leben, das Wissen um den christlichen Glauben, das ist nicht mehr selbstverständlich, bei vielen in Vergessenheit geraten. Das ist schade.
Ich glaube, wir brauchen wieder ein neues Bewusstsein für das, was uns Heilig ist und was uns mit dem Christentum alles geschenkt ist. Auch wir hier und heute erleben das ja. Jesus hat uns hier zusammen geführt. Mit ihm und seinem Geist in unserer Mitte wird auch unser Zusammensein bereichert.
Das ist auch der eigentliche Gedanke vom heutigen Evangelium von der wunderbaren Brotvermehrung. Da geht es in erster Linie nicht darum, dass aus 2 Semmeln 200 geworden sind. Sondern die Kernaussage ist die: Jesus gibt uns etwas, das uns kein anderer geben kann. Mit seinem Geist bekommt eine Gemeinschaft etwas, das es nicht auch aus sich selbst hat. Da wo der Glaube gelebt, gefeiert, geteilt wird, da wird ein Zusammensein bereichert. Ein Mehrwert entsteht da, ein Zugewinn ist das.
Auch für uns gilt das: wo miteinander gebetet, gesungen und Gottesdienst gefeiert wird, da wachsen Menschen anders zusammen, da gehen sie anders miteinander um. Über alle Grenzen von Sprache, Kultur und politische Anschauungen hinweg. Da bekommt das Leben einen intensiveren Geschmack. Und das ist der Mehrwert, den uns Jesus schenkt. Da findet Brotvermehrung statt. Auch bei uns hier und heute.
Liebe Trachtlerinnen und Trachtler. Die Trachtensache ist gut und wichtig. Und ihr verwendet viel Aufwand in Erhalt und Pflege der Tracht und des Brauchtums. Das verdient große Anerkennung. Aber lasst dabei auch weiterhin nicht diesen Mehrwert außer Acht, den Jesus da schenken will.
Bei der diesjährigen Wallfahrt nach Raitn hat Gauvorstand Miche Huber die bemerkenswerten Worten gesprochen: „Wer Tracht drogt, der drogt spürbar Verantwortung auf der Haut!“
Und das gleiche gilt auch für uns als Getaufte. Auch das Taufkleid nimmt uns in die Verantwortung. Dass christlicher Glaube gelebt wird.
Und dazu haben wir den Sonntag, dazu haben wir das Kirchenjahr. Wo wir mit hinein genommen werden in das Leben von Jesus. Wo wir ihm auf die Spur kommen dürfen. Wo das Leben noch einmal einen ganz anderen Glanz bekommt, Tiefe und Reichtum. Es ist ein Schatz, der uns da anvertraut ist. Wie reich ist beispielsweise unser Brauchtum über das ganze Jahr verteilt im Advent, Weihnachten, Ostern. Lassen wir uns das doch nicht nehmen oder verwässern. Setzen wir uns aktiv dafür ein, dass das alles nicht einschläft und verkümmert. Dass dann eben nicht Vatertag gefeiert wird, sondern Himmelfahrt, dass nicht der Weihnachtsmann kommt, sondern der Nikolaus, dass nicht Halloween ist, sondern Allerheiligen. Und so weiter.
Es wird oft und immer wieder betont, dass unsere Kultur, unsere Werte auf dem Christentum beruhen und unsere Gesellschaft auf einem christlichen Fundament stehe. Aber das ist doch nur so lange der Fall, wie das auch gelebt wird und mit Leben gefüllt wird. Solange Christus nicht vergessen wird. Und da wo er vergessen wird, da zieht dann eben etwas anderes ein in unser Leben, in unsere Kultur in unser Herz. Und ob es das dann besser macht, das ist die Frage. Dazu gibt es in unserer Gesellschaft ja schon so manches zu beobachten und vielfältige Umbrüche zeichnen sich ab.
Andererseits braucht niemand Veränderungen beklagen, der nicht bereit ist, sich für die eigene Kultur, Herkunft und Tradition einzusetzen. Da taucht in meinen Gedanken wieder der Witz auf: Wir haben ja nicht einmal gewusst, dass Jesus krank war. Nicht Jesus ist krank, aber eine Gesellschaft krankt, die christliche geprägt sein will aber ihre Wurzeln nicht pflegt und Christus vergisst.
Der heutige Sonntag mit dem Evangelium von der Brotvermehrung zeigt uns die Alternative dazu: Da wo Jesus hereingeholt wird in das Leben, in die Woche, in das Zusammensein, auch in das Feiern entsteht etwas, das wir nicht aus uns selbst haben. Sondern von Christus geschenkt wird. Vergessen wir das nicht. Vergessen wir IHN nicht! Amen.