Natur & Umwelt

Wössner Ortstermin in Ruhpolding

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ruhpolding-Unterwössen –  Kürzlich kamen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, im Konkreten Mitglieder der Vorstandschaften und der Gemeinderatsfraktionen der beiden Ortsverbände Wössen und Ruhpolding der Christlich-Sozialen Union in Bayern e.V., zur gemeinsamen Sitzung in Ruhpolding zusammen. Bestandteil der Sitzung waren auch zwei Ortstermine.

Unterwössen und Ruhpolding verbindet nicht nur der Umstand, dass ihre Gemeindegebiete unmittelbar aneinander grenzen und dies auf längerer Strecke. Gemeinsamkeit ist ihnen auch, dass sie jeweils einen mitgliederstarken und sehr engagierten, gestaltungsfreudigen Ortsverband mit einer dementsprechenden Vorstandschaft und einer dementsprechenden Gemeinderatsfraktion bei sich beheimatet haben. Und so war es naheliegend diese Ressourcen im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung in einen konstruktiven Gedankenaustausch treten zu lassen. Das dahingehend mit der Veranstaltung gemachte Angebot stieß auf reges Interesse. So freuten sich die Vorsitzenden der beiden Ortsverbände, nämlich Gemeinderatsmitglied in Ruhpolding Martin Fritzenwenger und Zweiter Bürgermeister in Unterwössen Johannes Weber, zur Veranstaltung rund 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den beteiligten Gremien begrüßen zu können, zudem Martin Praxenthaler aus Ruhpolding und Wolfgang Wimmer aus Chieming.

Gegenstand der Sitzung war zunächst die Besichtigung des von Martin Praxenthaler derzeit im Aufbau befindlichen, nachbarschaftlichen Nahwärmeprojekts am Zellerberg in Ruhpolding. Martin Praxenthaler schilderte, dass auf die Idee, zunächst nur die Gebäude von ihm und seiner Familie mit Wärme zu versorgen recht schnell die Anfrage von Nachbarn folgte, ob sie sich nicht mit anschließen könnten. Für Praxenthaler, als Meister im Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerk, begann sich ein Projekt zu entwickeln. Die mit Hackschnitzeln aus Holz betriebene Anlage am Zellerberg wird dabei von der Biosmassehof Achental GmbH & Co. KG in Grassau versorgt.  Auf die Frage, woher das als Brennmaterial gelieferte Holzgut stamme, wusste Wolfgang Wimmer, der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH der Biomassehof Achental KG mit einem gewissen Stolz zu berichten, dass dieses ganz überwiegend aus einem Umkreis von 40 Kilometern um den Biomassehof in Grassau herum stamme, nämlich vor allem aus dem südlichen Landkreis Traunstein und dem angrenzenden Landkreis Rosenheim. Verwendet wird unter anderem Holz von infolge von Wind und Sturm umgefallenen Bäumen, also von sogenannten Windwürfen, und von Bäumen, die wegen Befall mit Schädlingen, vor allem mit dem Borkenkäfer, gefällt werden müssen, so Wimmer.

Martin Praxenthaler bewertete das Heizen mit Holz, etwa wie im Projekt erfolgend mit Hackschnitzeln, aber auch mit Pellets, als ökologisch freundlich, da das Kohlenstoffdioxyd so oder so wieder freigesetzt werde, sei es nun im Wald durch Zersetzung oder in der Wärmeversorgung durch Verfeuerung.  Hiergegen trug Erster Bürgermeister in Unterwössen und Stellvertretender Vorsitzender des dortigen Ortsverbandes Ludwig Entfellner Bedenken. Er führte an, dass der Zeitraum über den die Freisetzung stattfindet, bei der Zersetzung im Wald ein deutlich längerer sei und dies einen wichtigen Unterschied mache. Auch bereite es ihm Sorgen, wie bei absehbar steigendem Bedarf an Brennholz der Bedarf mit heimischem Holz dauerhaft und kostenstabil gedeckt werden könne. Die Bedenken der Versorgungssicherheit mochte Wolfgang Wimmer nicht in diesem Umfang teilen. Die Umgestaltung der heimischen Wälder von noch überwiegenden Nadelwäldern hin zu längere Trockenperioden besser verkraften könnenden Mischwäldern sei notwendig und stehe bevor. Der Prozess der aktiven Waldumgestaltung und parallel dazu die sich bereits jetzt und zukünftig verstärkt abzeichnenden Auswirkungen des Klimawandels werden zur mengenmäßig verstärkten Verfügbarkeit und Verwertung von Nadelhölzern, insbesondere der Fichte, führen und damit auch der Verfügbarkeit und Verwertung von Brennstoffen aus Holz zuträglich sein, so Wimmer. Vor dem Hintergrund des absehbaren, dauerhaften Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas komme es auf den Energieträger Holz neben den Energieträgern Erdwärme, Wind, Wasser und Sonne aber auch an, so Wimmer.

Als unumgänglich wurde es angesehen, dass es eines Mixes und auch individueller Lösungen bedürfe. Wolfgang Wimmer zeigte sich überzeugt, dass bürgerinitiierte Projekte, wie das von Martin Praxenthaler am Zellerberg in Ruhpolding, bedeutender Baustein auf dem Weg der nächsten Jahre sein werden. Die eine Energie- bzw. Heiztechnologie werde es dabei wohl nicht geben und auch nicht geben können. Heizungssysteme, die auf der Verbrennung von Holz, also Scheitholz, Hackschnitzeln oder Pellets beruhen, werden Teil der Lösung sein, jedenfalls für eine geschätzte Zeitspanne von 15 bis 20 Jahren.

Im Anschluss an die Station Am Zellerberg wurde Stopp im circa einen Kilometer entfernten St. Valentin gemacht. Dort stellte Martin Praxenthaler eines seiner weiteren Betätigungsfelder, das Projekt des „Hot Cube“ vor. Der Hot Cube wurde dabei als mobile und flexible Lösung entwickelt. Es handelt sich bei ihm um ein effizientes Heizsystem für viele verschiedene Anwendungsbereiche. Der Hot Cube besteht aus einer leistungsstarken Pellets-Heizung, die an jeden gängigen Heizungskreislauf angeschlossen werden kann. Dabei kann sowohl Raumwärme als auch Warmwasser bereitgestellt werden. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Ölheizung können Betriebskosten in deutlichem Maße eingespart werden. Die verwendeten Pellets werden vom Biomassehof Achental angeliefert und direkt in den verknüpften Speicher des Hot Cube eingefüllt.

Verwendung findet der Hot Cube dabei zum übergangsweisen Beheizen von Gebäuden bzw. Wohnungen bis zur Inbetriebnahme der gebäudeeigenen Heizung respektive bis zum Anschluss an eine stationäre Nahwärmeversorgungeinrichtung. Daneben erfährt der Hot Cube für viele weitere Heizungsbedarfe Einsatz, beispielsweise zur Estrichausheizung, zur Baubeheizung über die Wintermonate hinweg, zur Industriebeheizung, zur Hallenbeheizung, zur Zeltbeheizung, zur Eventbeheizung, zur Beheizung von Gewächshäusern und zur Trocknung von Getreide.

An der Adresse des zweiten Stopps folgte dann noch eine Präsentation von Wolfgang Wimmer mit Vorstellung des quartiersbezogenen Nahwärmeversorgungkonzepts für den Ortsteil Bibelöd in Ruhpolding, einem Überblick über den derzeitigen Stand der Verabschiedungs- bzw. Reform-Verfahren zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), zu den Richtlinien zur Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG) sowie zum Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze, kurz Wärmeplanungsgesetz (WPG). Besonders die kommunale Wärmeplanung wird Kommunen vor Herausforderungen stellen, zeigte sich Wimmer sicher. Vorgabe der kommunalen Wärmeplanung sei es, dass alle Kommunen Wärmepläne für klimafreundliches Heizen entwickeln müssten. Gemeinden mit über 100.000 Einwohnern müssten dies bereits bis zum 01. Januar 2026 tun. Gemeinden mit unter 100.000 Einwohnern bis zum 30. Juni 2028. Für Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern sollen die Länder vereinfachte Verfahren ermöglichen können und auch Verbundlösungen mehrerer Gemeinden möglich sein können. Die vom Gesetz weiterhin als Ziel ausgegebene Dekarbonisierung bestehender Netze solle schrittweise erfolgen, nämlich bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent, bis zum Jahr 2040 um 80 Prozent und bis zum Jahr 2045 um 100 Prozent. Starttermin solle der 01. Januar 2024 sein.

Im Anschluss an den Vortrag von Wolfgang Wimmer beantworteten dieser und Martin Praxenthaler Fragen aus der Teilnehmerschaft.  Dabei erörterten sie auch die unternehmensmäßige Aufstellung, mit der auf unterschiedlichen Betätigungsfeldern agiert wird. Es handelt sich dabei um einen Verbund, ein Kompetenz-Netzwerk aus Biomassehof Achental KG in Grassau (mit ihrer Komplementärin der Biomassehof Achental Verwaltungs GmbH in Grassau) als Brennstofflieferantin, der M. Praxenthaler Design Bad GmbH in Traunstein als Heizungs- und Sanitärbetrieb und Dienstleister für den Hot Cube, der Hottec GmbH in Ruhpolding als Nahwärmeversorger für den Ortsteil Zellerberg und der Alpina Energie GmbH in Grassau, deren Gegenstand unter anderem der Betrieb von Kraftwerken zur Wärme- und Stromversorgung ist. Im Anschluss an die zweite Station kam man dann noch zur weiteren Sitzung mit Diskussion „Beim Häusler“ in Ruhpolding zusammen. Auch der persönliche Meinungsaustausch, Gespräche und die Geselligkeit kamen an diesem Abend, der seinen Ausklang dann dort fand, nicht zu kurz.

Bericht und Bild: Klaus Hellmich, Unterwössen.

Das beim bürgerschaftlichen Nahwärmeprojekt am Zellerberg in Ruhpolding entstandene Bild zeigt den Betreiber desselben, Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister Martin Praxenthaler (2.v.l.) bei der Erörterung der dortigen Anlage „Hottec“. Auf dem Bild weiter zu sehen sind unter anderem Zweiter Bürgermeister in Unterwössen und Vorsitzender des dortigen Ortsverbandes Johannes Weber (1.v.l.), Gemeinderatsmitglied in Ruhpolding, Stellvertretender Vorsitzender des dortigen Ortsverbandes und Sprecher von dessen Gemeinderatsfraktion Simon Geierstanger (5.v.l.), Gemeinderatsmitglied in Ruhpolding und Stellvertretender Vorsitzender des dortigen Ortsverbandes Bernhard Braun (5.v.r.) sowie der Geschäftsführer des Ortverbandes Wössen Dr. med. Florian Lesmeister (3.v.r.).

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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