Ein Baby ist unterwegs und die Vorfreude groß. Schließlich sind Kinder das größte Abenteuer im Leben. Neben der Einrichtung des Kinderzimmers, einer Babyparty oder dem Lesen unzähliger Geburtsratgeber gibt es noch mehr Themen, mit denen sich werdende Eltern auseinandersetzen sollten. Denn es ist wichtig, nach der Geburt an einem Strang zu ziehen und einander zu unterstützen.
Ausreichendes Wissen zum Thema Stillen
Viele Bücher greifen das Stillen auf und erklären, dass es nicht nur in den ersten Tagen zu Schwierigkeiten kommen kann und wird. Das Problem beim Stillen liegt darin, dass sich die Mutter völlig auf ihren Körper verlassen muss. Die Einflussnahme auf die Milchbildung verläuft über die Psyche der Frau und hier liegt die Schwierigkeit.
Eine stabile Milchproduktion erfordert einen entspannten Zustand. Je mehr Stress in dieser Zeit auftritt, desto schneller versiegt der Milchfluss. Was die betroffene Mutter zu der Annahme führt, dass ihr Körper nicht genügend Milch produzieren kann. Das entspricht jedoch nicht der Wahrheit.
Jede Frau kann stillen, außer es liegt eine physische Erkrankung vor. Allerdings braucht es dafür bestimmte Voraussetzungen, die bei einer Ernährung mit fertiger Säuglingsnahrung nicht zu berücksichtigen sind. Stillen steht im Zusammenhang mit Gefühlen und wird von diesen beeinflusst. Frischgebackene Mütter müssen sich daher bewusst mit sich selbst auseinandersetzen und negative Stimmungen rechtzeitig auflösen, damit der Milchfluss erhalten bleibt. Was schwierig ist, da wir das nie gelernt haben.
Ängste, Übermüdung und die Erkenntnis, die eigene Person plötzlich in den Hintergrund stellen zu müssen, sorgen für die Ausschüttung von Stresshormonen. Kursieren diese in der Blutbahn, ist das natürliche Gleichgewicht gestört. Prolaktin ist das Hormon, das in der Hypophyse für die Milchbildung hergestellt und ins Blut abgegeben wird. Doch es kann seine Arbeit nur tun, wenn es nicht durch Stresshormone wie Cortisol ausgebremst wird.
Hat die Mutter mit finanziellen Problemen zu kämpfen, ist die Partnerschaft nicht stabil, wird sie ihren Job verlieren oder muss sie die zusätzliche Betreuung von Geschwisterkindern alleine übernehmen, ist Stress vorprogrammiert. Dadurch verringert sich die Milchbildung und das Baby wird nicht mehr ausreichend satt. Deshalb ist es wichtig, sich mit diesem Thema schon vor der Geburt auseinanderzusetzen und sich zu überlegen, wie man dieser Situation begegnen kann. Entspannungsübungen, eine berufliche Perspektive und die Sicherheit durch den Partner oder die Familie sind nach der Geburt des Babys unersetzlich. Nur so kann der mütterliche Körper seinen naturgegebenen Aufgaben nachkommen.
Auch beim Weinen bedingungslose Nähe schenken
Babys weinen niemals grundlos. Ratgeber, die befürworten, dass ein Baby weinen gelassen und nicht sofort auf den Arm genommen werden soll, vertreten mit dieser Auffassung psychische Gewalt.
Jede Situation in den ersten Lebensjahren prägt das Kind. Die Konditionierung der Persönlichkeit erfolgt durch das Handeln Erwachsener, denn Babys denken nicht. Eltern müssen verstehen, dass sich Neugeborene ganz anders fühlen als erwachsene Menschen. Wo das nicht gelingt, sind Probleme in der kindlichen Entwicklung vorprogrammiert.
Wer sein Baby weinen lässt, ohne es auf den Arm zu nehmen oder zu trösten, erzeugt Ängste. Babys brauchen Körperkontakt, denn das ist es, was ihnen durch die Schwangerschaft bekannt ist. Nach der Geburt müssen sie sich an die Schwerkraft, die Gefühle des Atmens, die Kontraktionen und Ausscheidungen des Darms sowie Licht, Geräusche und Gefühle des Hungers gewöhnen. Sobald etwas für sie nicht stimmt, teilen sie das auf die ihnen einzige Art und Weise mit – sie weinen.
Ein Baby ist nicht in der Lage, seine Händchen koordiniert zu bewegen, um eine juckende Körperstelle zu berühren. Hat es etwas im Auge, kann es nur schreien, weil es Hilfe braucht. Drückt eine Stofffalte des Stramplers, kann es sich nicht umdrehen. Muss es aufstoßen, kann es sich nicht alleine aufsetzen.
Bringen Eltern das Baby zum Schlafen im Kinderzimmer unter, können Bindungsängste entstehen. Erwachsene wissen, dass das Kind im Nebenzimmer liegt. Das Baby weiß das nicht. Es besitzt noch keine Gedankengänge, die gegenwärtige und zukünftige Geschehnisse abbilden. Der Gedanke, dass die Eltern in Reichweite sind, ist ihm nicht gegeben. Es in dieser Situation weinen zu lassen, damit es einschläft, ist eine fahrlässige Verhaltensweise. Dadurch „lernen“ Kinder für das spätere Leben, dass es keine Sicherheit gibt, dass sie im Leben alleine dastehen und es niemanden gibt, der ihnen (in welcher Situation auch immer) hilft.
Es ist wichtig, sich vor der Geburt eines Kindes klarzumachen, wie ein Baby jede Situation erlebt. Dabei geht es um Hilflosigkeit, die in unserem Leben gerne verdrängt wird. Ein Baby braucht 24/7 physische und psychische Unterstützung. Darauf muss man vorbereitet sein.
Allerdings gehört nicht nur das Schreien zu den Dingen, mit denen sich werdende Eltern beschäftigen müssen. Generell ist es auch eine elterliche Pflicht die Fähigkeit der Ersthilfe zu beherrschen.
Natürlich erhofft man sich diese niemals anwenden zu müssen, ist im Ernstfall aber sicherlich dankbar darauf zugreifen zu können.
Hilfe vorbereiten – das elterliche Schutzsystem
Das Leben mit einem Neugeborenen lässt sich in Büchern erklären. Was es wirklich bedeutet, erfährt man erst, wenn man eigene Kinder hat. Wer sich auf etwas vorbereitet, nimmt im Geist die Situation vorweg. Allerdings fehlt dabei ein wesentliches Element – das Gefühl. Jedes geburtsvorbereitende Buch erklärt den Ablauf der Geburt. Trotzdem ist die reale Situation eine völlig andere.
Eine Geburt verändert das Leben einer Frau auf ungeahnte Weise. Das Muttergefühl ist eine Energie, die eine Frau vor dem ersten Kind noch nie in ihrem Leben empfunden hat. Ist der Nachwuchs auf der Welt, wird eine energetische Verbindung zwischen Mutter und Kind geschaffen, die das ganze Leben Bestand hat. Sie sorgt im Normalfall dafür, dass Mütter wie Löwen für ihren Nachwuchs kämpfen und sich immer vor diesen stellen. Dieses Gefühl ist überwältigend, wenn es das erste Mal empfunden wird.
Gleichzeitig wird Müttern in dieser Situation klar, dass ihr bisheriges Leben für immer verändert ist. Je sensibler die Frau, desto intensiver tritt ein, was allgemein als Wochenbettdepression beschrieben wird. Der Verlust der eigenen Identität, verbunden mit der spontanen Erfahrung, zu einhundert Prozent für ein Menschenleben verantwortlich zu sein, kann überwältigend sein. Hinzu kommen Schlafentzug und das Gefühl, nicht zu verstehen, was das Baby braucht, wenn es sich weinend meldet. Wem es bereits ohne Kind wichtig war, die Kontrolle über sein Leben zu behalten, der wird im Zusammenleben mit einem Säugling an seine Grenzen kommen.
Deshalb braucht es Hilfe für die Eltern
Ob alleinerziehend oder mit dem Partner – die ersten Wochen und Monate nach der Geburt braucht es ein Auffangsystem. Das können Freunde oder Familienmitglieder sein, die sich Zeit für die Mutter nehmen, denn es wird großen Redebedarf geben. Frauen brauchen in dieser Zeit Menschen, bei denen sie sich regelmäßig ausweinen können, wenn sie an ihre Grenzen kommen. Der Partner alleine kann das nicht auffangen, denn dieser ist emotional ebenso in die Situation involviert.
Großeltern, die ein fertiges Mittagessen vorbeibringen oder die Wäsche machen, sind wichtig und gerne gesehen. Brüder, Schwestern oder Freunde, die die Geschwisterkinder regelmäßig zu sich nehmen, ebenso. Es braucht ein vorbereitetes „Sicherheitssystem“, um das Elternpaar in emotionalen Momenten aufzufangen und Raum für die Verarbeitung von Gefühlen zu geben. Wer dieses im Vorfeld der Entbindung aufgebaut hat, wird seinem Baby trotz Schlafmangel und der ungewohnten Situation alles geben, was dieses für einen gesunden Start ins Leben braucht.
Die eigenen Grenzen kennen
Babys bringen Mütter und Väter an ihre Grenzen, damit diese sie überschreiten. Die Zweisamkeit wird dahingehend verändert, dass sich erwachsene Menschen von einem Tag auf den anderen ausschließlich um ein anderes und völlig hilfloses Wesen kümmern müssen. Das ist eine radikale Veränderung und für die meisten Eltern nicht leicht.
Deshalb ist es hilfreich, sich schon während der Schwangerschaft damit auseinanderzusetzen, was in den ersten Wochen und Monaten nicht mehr möglich sein wird. In vielen Beziehungen führt der plötzliche Verzicht zu Streitigkeiten. Gemeinsame Kinobesuche entfallen, die weiblichen Kurven gehören plötzlich nur noch dem Baby, sexuelle Aktivitäten bleiben aus und die Mutter ist ständig übermüdet. Diese Dinge werden kommen und müssen im Vorfeld besprochen werden. In der konkreten Situation kommen Gefühle hinzu und dann ist es schwierig, neutral und ohne Vorwürfe zu bleiben.
Wer vor der Geburt reflektiert, wo die eigenen Schwachpunkte liegen und wie man mit dem Verzicht von gemeinsamen Aktivitäten umgeht, hat bessere Chancen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die Bedürfnisse eines Neugeborenen zu erfüllen.
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