Der Lehrer, Chormeister und Komponist Willi Weitzel aus Bernau hätte dieser Tage sein Silber-Jubiläum mit der Liedertafel Prien feiern können. Seit 25 Jahren dirigiert er die seit 1852 bestehende Singgemeinschaft, aber Corona hat eine Feier bisher nicht ermöglicht. So schaute Willi Weitzel in Stille in seinem Wohn- und Musikzimmer auf die Priener Liedertafel-Zeit zurück – und nicht nur auf diese.
Willi Weitzel hat in seiner Heimatgemeinde Bernau für seine 30jährige Gemeinderatstätigkeit (SPD), für seine kulturellen Leistungen (unter anderem als mehrmaliger Fastenprediger) und vor allem für sein reiches volksmusikalisches Schaffen vor sechs Jahren die Bürgermedaille der Gemeinde Bernau erhalten. Mit der Liedertafel Prien erstmals in direkten Kontakt kam er, als diese unter der Leitung ihres damaligen Dirigenten Matthias Hippe mit ihm im Jahr 1985 die von ihm komponierte Oper „Z´sammakemma“ mitgestaltete. Als sich ein Jahr später die Liedertafel nach einem Dirigenten umschaute, war man sich schnell handelseinig. „Bei der Übernahme hatte die Liedertafel 30 Mitglieder, heute haben wir 46 Frauen und Männer. 20 Jahre waren wir im Tenor und im Alt unterbesetzt, doch seit fünf Jahren erfreuen sich alle Stimmen einer erstklassigen Besetzung. So macht der Chor eine große Freude, er ist ausdrucksstark und ausgeglichen“ – so der Dirigent, der von vormalig geprägter Kirchenmusik auf heiteres Liedgut beim Repertoire des Chores wechselte und dazu erklärt: „Ein Lied soll nicht nur gesungen und gehört werden, es soll spürbar bewegen, diese Erfahrung haben wir immer wieder bei unseren Auftritten im Altenheim St. Josef, in der Kurklinik Kronprinz, in den Kliniken St. Irmengard und Roseneck sowie bei der Kursana Residenz gemacht“. Weiteres, zum Teil jahrzehntelanges Singen in der Öffentlichkeit in Prien war beim Christkindlmarkt in Prien und auf der Fraueninsel, das Stephani-Singen in der Priener Pfarrkirche sowie an Heilig Abend auf dem Priener Friedhof, das vor zwei Jahren zum 61. Mal war, aber im Vorjahr wegen Corona ausfiel. „Das mit Corona ist für unsere Gemeinschaft nicht einfach, kein Treffen, Kontakte sind schwierig zu halten, aber wir freuen uns schon auf die Zeit nach Corona, dann holen wir auch das Jubiläums-Konzert nach“, so der 73jährige Dirigent.
Vielseitiger und vielsaitiger Volksmusikant – Begonnen hat das volksmusikalisch vielseitige und vielsaitige Können von Willi Weitzel mit einer Zither-Ausbildung beim Priener Musiklehrer Gotthard Schlichting. Im Rahmen seines Pädagogik-Studiums für das Lehramt (Weitzel war 25 Jahre Lehrkraft in Wasserburg und 6 Jahre in Prien an der Sonderschule) erwarb er sich Qualifikationen als Chorleiter und für den Gesangs-Unterricht. Darüberhinaus erlernte er zusätzlich zur Zither noch Hackbrett und Akkordeon. Dieser umfassende Schatz an Wissen und Können war die beste Voraussetzung für die Komposition von Opern ab 1985 bis 2006, die in Prien und Bernau aufgeführt wurden (unteranderem „Genuss – Verdruss“, „Ludwig II – die Einsamkeit des Märchenkönigs“, „Ein Chiemseespaziergang mit Einkehr“ und „Die Wilderer von Bernau“). 48 Jahre war er auch Konzertmeister für die Bernauer Stubenmusi und das Opernorchester. „Mit meinen 35 Jahren Schulchor-Tätigkeiten in Edling, Wasserburg und Prien, mit 19 Jahren beim Männerchor Grabenstätt, mit den 25 Jahren der Priener Liedertafel, mit 16 Jahren beim Achentalchor Grassau (und ohne 22 Jahre als Kreis-Chorleiter vom Chiemgau-Sängerkreis) komme ich auf bislang 95 Jahre Chor- und Konzert-Meister-Funktion“. Sein 70. Geburtstag war ein großes musikalisches Fest im Kampenwand-Saal von Bernau, dabei gratulierten Chöre und Musikgruppen mit lustigen und originellen Einlagen. Der Lieder-Komponist hat erst vor kurzem mit seiner Bernauer Stubenmusi (Anita Aman, Zither – Birgit Weingartner, Gitarre – Heinz Weitzel, Kontrabass – Willi Weitzel, Zither) eine CD mit dem Titel „…kleine Rast….“ erstellt, diese ist bei ihm (Tel. 08051-7896, email: wweitzel@t-online.de) erhältlich. Bereits im Jahr 1983 wurde mit der Bernauer Stubenmusi eine Schallplatte und Musik-Cassette aufgenommen.
Weggefährte Lothar Rechberger erinnert sich: Lothar Rechberger, Ehrenvorsitzender der Priener Liedertafel erinnert sich und weiß viele Begebenheiten mit Willi Weitzel zu erzählen, unter anderem vor gut fünf Jahren bei einem Ausflug nach Sachsen: „Wir waren in der wunderbaren Dresdener Frauenkirche mit zwei Liedern angemeldet, Singen durften wir, aber Willis Zitherbegleitung wurde nicht genehmigt, weil die Zither nicht angemeldet war“. Für Lothar Rechberger, der acht Jahre Vorstand, zuvor acht Jahre Kassier sowie bislang 34 Jahre Sprecher und Manager der Priener Liedertafel erklärt die Harmonie zwischen Dirigenten und Chor wie folgt: „Willi war als Sonderschullehrer pädagogisch geschult und wusste mit uns manchmal nicht ganz einfachen Chormitgliedern gut umzugehen. Schade derzeit, dass wir nicht Proben, Singen und Auftreten können, wir hätten noch so viel Schönes vor“. Dabei erinnern sich die Chormitglieder gerne an die Sing-Proben, die fast immer fröhlich-heiter waren, der Dirigent übte sich dabei in Geduld, bis die Töne einigermaßen „saßen“. „Viel Zeit und Energie hat er auch für die Besuche bei den Parnter-Chören in Valdagno und Graulhet sowie vor ein paar Jahren für eine Priener Gemeinschaftsfahrt zur Internationalen Grünen Woche nach Berlin investiert“ – so der Liedertafel-Ehrenvorsitzende in seinem Rückblick. Wann die Gesangsproben wieder starten können, steht derzeit noch in den Sternen.
Fotos/Repros: Hötzelsperger – Willi Weitzel, seit 25 Jahren Dirigent der Priener Liedertafel, u.a. in seinem Wohn- und Musikzimmer. 2. Als Volksmusikant. 3. Im Vorjahr wurde noch eine Volksmusik-CD mit der Bernauer Stubenmusi aufgenommen.