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Wildenwarter Schloss-Erinnrungen

„Schloss Wildenwart wurde in über 100 Jahren hauptsächlich vom Wirken dreier Frauen geprägt: Herzogin Adelgunde von Modena, Königin Maria Theresia und Prinzessin Helmtrud“, führte der Vorsitzende des Frasdorfer Heimat- und Geschichtsvereins Rupert Wörndl seine Zuhörer – unter ihnen Prinzessin Elizabeth in Bayern – die Ur-Urenkelin der letzten bayerischen Königin – an Stationen aus dem Leben der drei Wittelsbacherinnen heran. Zum Abschluss der Sonderausstellung im Frasdorfer Dorfmuseum: „Ende der Monarchie, Revolution, Flucht des Königs – die Ereignisse von 1918 aus örtlicher Sicht“ machte er im vollbesetzten Saal der Alten Schule sein Publikum mit den drei hochadeligen Damen bekannt.

Herzogin Adelgunde von Österreich-Este, Tochter von König Ludwig I. und Schwester von König Maximilian II. König Otto von Griechenland und Prinzregent Luitpold, kam nach ihrer Vertreibung aus Modena mit ihrem Gemahl Franz V. im Jahr 1862 in das dem Verfall preisgegebene Schloss Wildenwart. Das Schloss wird restauriert und an die modernen Erfordernisse angepasst, die Exzellenzhäuser für Gäste und Personal werden gebaut und der gesamte Grundbesitz wird deutlich erweitert. In Wildenwart geht es von nun an hochherrschaftlich zu: König Max II. kam mit der Königin und Kronprinz Ludwig sowie Prinz Luitpold am 28. September 1862 zu Besuch, im Jahr darauf besuchte Exkönig Otto von Griechenland seine Schwester und auch Exkönig Ludwig I. war mehrmals zu Besuch.

Die Spuren des Herzogs von Modena sind auch heute noch sichtbar: Der heute noch als Wanderweg genutzte Herzogweg mit dem Dösdorfer Steg und die Anlagen für die Schützen bei Reith sind deutlich erkennbar und nutzbar. Noch ehe die Umbaumaßnahmen richtig abgeschlossen sind, stirbt Herzog Franz V. im Jahr 1875 mit 56 Jahren. Herzogin Adelgunde residiert nun alleine auf dem Schloss, die Wintermonate verbringt sie in München. Der rege Besucherverkehr aus der Münchner Residenz nach Wildenwart reißt auch in den nächsten Jahren nicht ab, der Prinzregent ist ständiger Gast. Zahllose Bilder und Postkarten aus dieser Zeit sind noch erhalten geblieben, Urkunden und amtliche Verfügungen des Königreiches Bayern werden in Wildenwart ausgefertigt. 1914 verstirbt Herzogin Adelgunde, dazu heißt es in der Priener Pfarrchronik: „Mit dem Einzug der Erzherzogin kam eine zweite Elisabeth, welche die Hütten der Armen unserer Gegend aufsuchte, überall Not lindernd“.

Auf dem Erbweg kam Schloss Wildenwart bereits früher an die Prinzess Ludwig, die spätere bayerische Königin Maria Therese. Die große Familie des Prinzen Ludwig und seiner Gemahlin war häufig auf dem Schloss im Chiemgau. Zwei Parteien an Bediensteten waren nun nebeneinander in Wildenwart: die rot gekleideten Habsburger der Herzogin von Modena und die Blauen der Wittelsbacher aus der Münchner Residenz. Nach den vorliegenden Erzählungen und Aufzeichnungen alter Wildenwarter sollen die Rivalitäten zwischen den beiden Hofstaaten nicht immer reibungslos gewesen sein. Die florierende Ökonomie bot vielen Menschen der Region Arbeitsplätze rund um das Schloss. Die Ereignisse der Revolution 1918 mit ihren Auswirkungen auf das Königspaar und die Prinzessinnen streifte Rupert Wörndl nur kurz, sie wurden in den bisherigen Vorträgen und in der Ausstellung bereits erschöpfend behandelt. Königin Marie Therese verstarb 1919, nach dem Tod von König Ludwig III. in Sarvar/Ungarn wurde das Königspaar gemeinsam vom Schloss Wildenwart nach München überführt und in der Wittelsbachergruft im Liebfrauendom zur letzten Ruhe gebettet. Eigentümer von Schloss und Gut Wildenwart – beides war Privatbesitz der Königin – wurden zunächst die vier  noch unverheirateten Prinzen und Prinzessinnen: Prinz Karl (+ 1927), Prinzessin Hildegard (+ 1948), Prinzessin Wiltrud (geheiratet 1924) und Prinzessin Helmtrud (*22.3.1886). Prinzessin Helmtrud lernte nach ihrer schulischen Ausbildungszeit die Krankenpflege und arbeitete während des Ersten Weltkriegs als Schwester im Lazarett. Sie war Ehrenpräsidentin der Jugendabteilungen des Bayerischen Roten Kreuzes. Nach der Flucht des Königspaares im November 1919 blieb sie als Betreuerin bei ihrer todkranken Mutter, während ihre Schwestern Unterschlupf bei den Bauern der Region suchten und fanden. Nach dem Tod ihrer beiden Geschwister Karl und Hildegard verblieb Prinzessin Helmtrud alleine auf Schloss Wildenwart. Ungezählt sind die Anekdoten, die sich um ihr Wirken im Schloss und in der Ökonomie ranken, 15 Personen und mehr waren ständig im Gut in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt, ein Stall voll Vieh forderte die ständige Aufmerksamkeit der Schlossherrin von Wildenwart. Ständig war sie im Dorf präsent, besonders dem Trachtenverein und der Theatergruppe gehörte ihre Sympathie. Bei allen Festen und Feiern der Region war sie ein gern gesehener Gast, kein Vereinsvorsitzender verließ das Schloss und die Hoheit ohne einen Zuschuss für ein Gründungsfest, eine Fahnenweihe, eine Ausstellung oder sonstige Vorhaben erhalten zu haben, Landräte und Bürgermeister schmückten sich gerne damit, neben einer leibhaftigen Königstochter in der Ehrenkutsche sitzen zu dürfen. Nach Möglichkeit besuchte sie jeden Sonntag den Gottesdienst in der Wildenwarter Christkönigskirche und bestimmte, dass sie auch nach ihrem Tod in Wildenwart bleiben möchte. Hochbetagt verstarb sie mit 91 Jahren und wurde ihrem Wunsch gemäß auf dem Wildenwarter Gottesacker zur letzten Ruhe gebettet.

Mit reichem Beifall bedankten sich die Zuhörer bei Rupert Wörndl für die Vorstellung der drei Schlossherrinnen und ihr Wirken in der Region, das stets weit über Schloss Wildenwart hinausreichte.

Bericht: Heinrich Rehberg – Fotos: Rehberg und Berger

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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