Leitartikel

Wildenwart: Ein Ketterl von der Königin

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Klara Fischer aus Greimharting, die im Jahre 2024 neunzig Jahre alt wird, zeigte ein Ketterl mit einem Medaillon, das ihr wegen der dazu überlieferten Geschichte besonders wertvoll ist. Die Großtante von Klara Fischer, Klara Guggenbichler geb. 1862 bewirtschaftete mit ihrem Bruder Josef den „Pertlhof“ in Weisham bei Bernau. Nach dem frühen Tod ihrer Schwester Katharina kam deren Tochter mit drei Jahren zu ihr auf den Hof und wuchs dort auf. Von dieser Nichte – Klara Fischers Mutter – wurde das besondere Erlebnis ihrer Tante Klara Guggenbichler erzählt und überliefert.

Die Königin Marie Therese von Bayern war auf der Flucht nach Wildenwart. Unweit vom „Pertlhof“ war an der Kutsche ein Rad gebrochen. Tante Klara hat das gesehen, sie war gerade dabei Schmalznudel zu backen. Sie band sich eine frische weiße Schürze um, ging hinaus und lud ihre Hoheit ein, doch ins Haus zu kommen. Diese nahm das Angebot mit ihrer Begleitung gerne an. Bis das Rad repariert war, aßen sie mit Freude die angebotenen Schmalznudeln. Tage später kam ein Bote vom Schloss Wildenwart und überreichte Tante Klara ein Medaillon mit Ketterl von der Herzogin von Modena. Die Königin Marie Therese bedankte sich so für die Gastfreundschaft und die guten Schmalznudeln. Von da an wurde Tante Klara des Öfteren gebeten, Schmalznudeln ins Schloss Wildenwart zu bringen – was immer mit einem strammen Fußmarsch verbunden war.

Die Herzogin von Modena war 52 Jahre lang Eigentümerin von Schloss Wildenwart. Nach ihrem Tod 1914 vererbte sie es an König Ludwig III. Seine Frau Marie Therese war eine geborene Prinzessin von Modena. Sie hatten 13 Kinder. 1913 wurde Ludwig III. König und Marie Therese Königin von Bayern. Nach der Übernahme der Macht durch die Revolutionsregierung im November 1918 wurde Schloss Wildenwart die neue Heimat für die Familie der Wittelsbacher.

Bericht und Bilder: Johannes Nußbaum, Rimsting (ein Beitrag für das Gemeindeblatt Rimsting)

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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