Im Zuge der langanhaltenden und intensiven Regenfälle sowie den daraus folgenden Geröllmassen wurde die kombinierte Kunsteisbahn für Bob und Rodel am Königssee in der Nacht vom 17.07.2021 auf den 18.07.2021 teilweise zerstört. Der Landkreis Berchtesgadener Land sowie das Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und das Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration teilen sich die Auffassung, dass dem allgemeinen Wunsch nach einer raschen Wiederherstellung der Sportanlage nur nachgekommen werden kann, wenn gleichzeitig Maßnahmen zum Schutz gegen Georisiken ergriffen werden und ein Objektschutz für die Kunsteisbahn tatsächlich ohne Nachteile für Unterlieger bzw. die naheliegende Bebauung an der Bahn möglich ist. Der Kreistag des Landkreises Berchtesgadener Land fasste daraufhin am 21.10.2021 den Beschluss, dass für den Wiederaufbau der Kunsteisbahn eine Planung einschließlich Objektschutz gegen Georisiken in Auftrag gegeben werden soll.
„Die Planungen und Abstimmungen zwischen Behörden wie Fördergeber, Fachbehörden und Fachstellen sowie dem Planungsteam in engster Abstimmung mit dem Bahneigentümer – dem Landkreis Berchtesgadener Land – und dem Bahnbetreiber befinden sich im zeitlichen vorgesehenen Rahmen. Mit diesem Zwischenbericht wollen wir auf die jeweiligen Gewerke wie Objektschutz Wildbach und Steinschlag aber auch zur erforderlichen Verlegung des Rodelstarts informieren“, so Landrat Bernhard Kern.
Ziel des Projekts ist es, eine nutzungsgerechte Kunsteisbahn als Trainingsstätte für den Nachwuchs- und Spitzensport wiederherzustellen. Aufgrund der bestehenden Georisiken und im Hinblick auf die Schadensgeschichte ist dabei ein dauerhaft sicherer Objektschutz zu gewährleisten. Die Maßnahme erfordert daher ein hohes Maß an einheitlich verantworteter, integrativer Planung, um auf der einen Seite eine in sportlicher und wettkampftechnischer Hinsicht attraktive Anlage zu errichten und auf der anderen Seite bei der Projektrealisierung in einem den technischen Anforderungen angemessenen und wirtschaftlich vertretbaren Rahmen zu bleiben. Um dies zu realisieren, wurden bis Juli 2022 ein Generalplaner und eine Projektsteuerung beauftragt.
Seit Beauftragung der Planer wurden die Planungen, Feldaufnahmen, Untersuchungen und Abstimmungen mit Fördermittelgeber und Vergaberecht, mit hohem Tempo vorangetrieben, so dass bereits Mitte Dezember 2022 der Kreisausschuss über den aktuellen Planungsstand informiert werden konnte. Da ein wesentlicher Aspekt beim vorgesehenen Wiederaufbau die Einbeziehung der betroffenen, vor allem privaten, Grundstückseigentümer ist, wurde diesen der Stand der Vorentwurfsplanungen am 21.12.2022 im Rahmen einer Informationsveranstaltung vorgestellt. Der Landkreis Berchtesgadener Land wird mit diesen Eigentümern zu gegebener Zeit erneut in Kontakt treten, um im Sinne des Sports eine für alle Seiten tragfähige Lösung zu erzielen. Auch der Bund Naturschutz konnte Mitte Januar 2023 bereits über die Planungen informiert werden. Bei einem sogenannten „Runden Tisch“ wurde der aktuelle Vorentwurfsplanungsstand vorgestellt und gemeinsam besprochen. Das allgemeine Ziel war es, mit dem Vorliegen von verlässlichen und abgewogenen Vorentwurfsplanungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Dieses Ziel wurde nun bereits ein halbes Jahr nach Beauftragung des Generalplaners erreicht.
Im Zuge der Planungsüberlegungen der Vorplanung wurden für die Themenblöcke „Objektschutz Bahn Wildbach“ und „Objektschutz Bahn Steinschlagschutz“ die in diesem Bereich vorherrschenden Georisiken betrachtet („geologisches Gutachten“) sowie Konzepte zur Umsetzung erarbeitet. Im Folgenden kann hierauf und auf den „neuen Herrenrodelstart“ kurz eingegangen werden.
Objektschutz Wildbach
Im Zuge der Wiederherstellung der Kunsteisbahn am Königssee ist ein Objektschutz der Sportanlage für alpine Naturgefahren sicherzustellen. Im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Vorplanung wurden unterschiedliche Varianten entsprechend den Vorgaben des Wasserwirtschaftsamts Traunstein untersucht und abgestimmt sowie hinsichtlich funktionaler, rechtlicher, finanzieller und ökologischer Eignung bewertet. Des Weiteren werden auch Kriterien wie Resilienz der Schutzbauwerke, Bauästhetik, Projektrisiken sowie Betrieb und Unterhaltung der Schutzbauwerke betrachtet. Um auch die Resilienz der betrachteten Varianten ermitteln zu können, wurde bei der Bemessung beispielsweise der Kronenhöhe ein Extremereignis HQextrem herangezogen. Diese Vorgehensweise erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt und dem Wasserwirtschaftsamt Traunstein und stellt mittlerweile auch die gängige Praxis in Bayern dar. Im Laufe des Planungsprozesses wurden zwei Varianten mit grundsätzlich unterschiedlicher Wirkungsweise erarbeitet, wobei sich aufgrund einer detaillierten Abwägung und Betrachtung verschiedenster Aspekte eine Geschiebedosiersperre mit 3.800 m³ Geschiebeverlandungsraum als Vorzugsvariante für die weitere Planung herauskristallisiert hat.
Diese Variante beinhaltet einen Objektschutz, der das für den Hochwasserabfluss problematische Geschiebe und Wildholz oberhalb der Sportanlage zurückhält und somit bei einem Unwetterereignis den Feststoffeintrag in den Unterlauf des Klingerbachs reduziert. In seiner Wirkungsweise ist das Bauwerk so konzipiert, dass der Geschiebetrieb von Mittelabflüssen und kleinen Hochwässern durchgeleitet wird und dadurch einem Geschiebedefizit im Unterlauf entgegengewirkt. Das Sperrbauwerk wird dafür als Geschiebedosiersperre konzipiert und dadurch eine Geschiebeselbstentleerung bei bettbildenden Abflüssen unterstützt. Der Wildholzrückhalt wird durch einen räumlichen Rechen am Bauwerk sichergestellt. Der Geschieberückhalteraum mit einem Volumen von 3.800 m³ wird durch die Geschiebedosiersperre und einen Absturz (Stützbauwerk) begrenzt. Das Stützbauwerk stabilisiert die Gewässersohle im Oberstrom des Verlandungsraums. Der Objektschutz schützt dabei nicht nur die Kunsteisbahn, sondern verbessert auch die Situation für alle Unteranlieger bzw. die naheliegende Bebauung an der Bahn im Bereich des Klingerbachs.
Objektschutz Steinschlag
Neben dem Objektschutz gegen die Gefahren aus dem Wildbach wurde auch der gesamte Bereich der Kunsteisbahn bis hin zum Zielbereich der Bahn hinsichtlich des Schutzes gegen Steinschlaggefahren untersucht. Wie sich zeigte, wird es notwendig, die Bahn auch vor Steinschlagereignissen im gesamten Bahnbereich noch umfangreicher zu schützen. Auch hier war es erforderlich, die Planung eng mit dem Landesamt für Umwelt abzustimmen, da es deutschlandweit keine einheitliche Dimensionierungsrichtlinie für Steinschlagschutzzäune gibt. Nach Ausarbeitung mehrerer Varianten wird in der Vorzugsvariante die Zauntrasse der bestehenden Steinschlagschutzverbauungen genutzt, wobei fast alle vorhandenen Zäune zurückgebaut und stärker dimensioniert ersetzt werden. Die Lücken in den Bestandszäunen werden dahingehend geschlossen, dass das Schutzziel mittels einer Reihe von entsprechend dimensionierten Steinschlagschutzzäunen erreicht wird.
Neuer Herrenstart („Starthaus 1“)
Für den neu zu planenden Rodelstart-Herren im Verbund mit dem Bobstartgebäude und Anschluss an den bestehenden Bahnverlauf der Kunsteisbahn auf Höhe der Kurve 5 wurden gemäß den Anforderungen des Bob- und Schlittenverband Deutschland (BSD) und des Landratsamts Berchtesgadener Land die gemeinsam in zahlreichen Planungsbesprechungen und Workshops erarbeiteten 11 unterschiedlichen Varianten planerisch untersucht und hinsichtlich fahrdynamischer, genehmigungsrechtlicher, funktionaler und wirtschaftlicher Eignung bewertet. Als Vorzugsvariante für die weitere Planung hat sich eine Variante abgezeichnet, die die Andienung der Bob und Schlitten über die bestehende Verladebrücke möglich macht, was auch funktionell erforderlich ist. Zudem ist im nordwestlichen Bereich zwischen Bobstart und Klingerbach eine entzerrte Funktion für Tribünen und Rettungswege vorgesehen. Des Weiteren ist geplant, die bisher asphaltierte Fläche der Sprintstrecke zu entsiegeln und an das Bestandsgebäude überdacht anzubauen. So wird die Kunsteisbahn den Klingerbach nicht mehr überqueren, wodurch die Engstelle, die zur Verklausung des Bachs führte, endgültig beseitigt wird. Auch kann der Bereich des ehemaligen Rodelstarts entsiegelt und somit der Natur zurückgegeben werden.
Weiteres Vorgehen
Aktuell werden die Vorentwurfsplanungen weiter verfeinert und die Kostenschätzung erstellt.
Der Baubeginn ist nach derzeitigem Stand für Mitte 2024 vorgesehen. Im Rahmen der weiteren Planungen wird untersucht, wie die Anforderungen des BSDs zum CO2-neutralen Betrieb der Bahn und einem vorgezogenen Betrieb von (zumindest) Teilen der Bahn im Rahmen der Umsetzungsprämissen ermöglicht werden können. Der Baumaßnahme soll im Herbst 2026 – zum Start der Saison 2026/2027 – fertiggestellt werden.
Nach Abschluss der Vorplanung wird diese im Mai 2023 den Kreisgremien zur Entscheidung vorgestellt. Somit können ohne Unterbrechung die weiteren Planungen und Abstimmungen mit Fachstellen und Fachbehörden erfolgen. Entwurfs- und Detailplanungen bilden die Grundlage für einen Baubeginn Mitte 2024.
Bericht und Bildmaterial: Landratsamt Berchtesgadener Land